Test - The Witcher 3: Blood and Wine : Geralts grandioser Abschied
- PC
Mit The Witcher 3: Wild Hunt hat sich das polnische Studio CD Projekt RED mit Wucht in die Champions League der Entwicklerstudios geschossen. Schon das Hauptspiel konnte uns voll überzeugen und das tiefgründige Hearts of Stone weckte den Hunger auf den zweiten DLC. Blood and Wine soll die Geschichte rund um Geralt von Riva abschließen, während sich die Entwickler neuen Projekten wie Cyberpunk 2077 widmen. Liefert die Erweiterung den erhofften krönenden Abschluss oder bleibt ein fader Nachgeschmack?
Geralts Fähigkeiten als Monsterjäger sind nicht nur in Velen, Novigrad oder Skellige gefragt. Abgesandte der Herzogin von Toussaint – Lesern der Sapkowski-Romane ist die Dame bestens bekannt – heuert den Hexer an, um auf die Jagd nach einer Bestie zu gehen, die in der blühenden Stadt Beauclair einen Ritter nach dem anderen abschlachtet. Eine erste Spurensuche bringt Geralt nicht nur die Gesellschaft eines alten Freundes ein, sondern auch Hinweise auf eine bestimmte, sehr mächtige Kreatur. Doch wie es beim Hexer so üblich ist, liegt weitaus mehr unter der Oberfläche verborgen. In der Welt von The Witcher gibt es halt kein Schwarz-Weiß, sondern jede Menge Grautöne.
Vollgepackt mit Geschichten
Die Hauptgeschichte dreht sich um diese Monsterjagd und alles, was sich daraus entwickelt, wobei wir eine ganze Reihe neuer Charaktere treffen. Dabei zeigt sich, dass die Entwickler mittlerweile zu Experten in diesem Bereich geworden sind. Wir begegnen ungemein ausgefeilten und charismatischen Persönlichkeiten und liefern uns intelligente Dialoge und Wortgefechte, die auf gewohnt hohem Niveau vertont wurden. Mimik und Gestik sind teilweise überragend, mit kleinen Nuancen wie einem Zucken im Mundwinkel oder einer hochgezogenen Augenbraue. Das sind keine emotionslosen Abziehbilder, sondern vielschichtige Figuren, die im Gedächtnis bleiben.
Ganz nebenher strotzt Blood and Wine aber auch vor Nebenaufgaben. Es gibt eine Menge origineller und abwechslungsreicher Nebenquests, hinzu kommen die üblichen Monsterjagden, Gwint-, Ritter- und Boxturniere, Schatzsuchen und so einiges mehr. Auch die berüchtigten Fragezeichenorte sind reichlich vertreten, wobei auffällt, dass sie sich weit weniger wie Lückenfüller anfühlen als beispielsweise auf den Skellige-Inseln. Im Gegenteil, mehr denn je haben unsere Erkundungen Einfluss auf die Spielwelt, indem ganze Siedlungen und Burgen wieder mit Menschen belebt werden, mitunter nach umfangreichen Gefechten.
Erfreulich ist, wie abwechslungsreich die Quests gestaltet sind. Klar, die grundsätzliche Mechanik bleibt. Ihr seid viel unterwegs, redet viel und kämpft nicht selten. Das aber ist dermaßen gut verpackt, dass es immer wieder Spaß macht, zumal die Entwickler die Klaviatur der Emotionen perfekt beherrschen: mal witzig, mal ironisch, mal gefühlvoll, mal rabiat, mal fröhlich, mal düster - und manchmal einfach nur komplett durchgeknallt. Ein wunderbares Wechselbad der Gefühle.
Wer alles mitnimmt, wird 30 Stunden oder mehr mit dem DLC beschäftigt sein, ein enormer Umfang für den Preis von knapp 20 Euro. Wie bei Hearts of Stone hat CD Projekt RED daran gedacht, alle erdenklichen Optionen zum Start von Blood and Wine zu nutzen. Ihr könnt den DLC mit einem vorhandenen Spielstand auch mit vollendetem Hauptspiel zocken, es ohne Spielstand mit einem vorgefertigten Geralt starten oder bei einem neuen Spiel ganz einfach dann beginnen, wenn ihr Lust und Level 32 überschritten habt. Erneutes Spielen lohnt sich zudem, da ihr einige Male vor tief greifende Entscheidungen gestellt werdet. Abgesehen davon werden einige offene Fragen aus dem Hauptspiel beantwortet. Ohnehin gibt es viel Fan-Service.
„Hier will ich Urlaub machen“ (Zitat einer Kollegin)
Neben der Handlung ist natürlich das neue Gebiet Toussaint der Star des Spiels. Die Region hat einen gänzlich anderen Look als das vom Krieg gebeutelte Velen oder das karge Skellige. Im Hintergrund die Berge, davor weite Wiesen, Weinberge, Seen und eine mediterran anmutende Architektur mit einem Schuss Neuschwanstein, was den Palast von Beauclair angeht. Das Gebiet ist überdies enorm umfangreich und kann durchaus mit Velen oder der Landmasse von Skellige mithalten.
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