Test - PlayStation 5 Pro : Test: Wie viel Luxus braucht man als Gamer?
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Nach fünf Tagen mit der PlayStation 5 Pro sind wir kein Stück schlauer als vorher. Wir wissen nun, wie Spiele dank der leistungsstärkeren Hardware aussehen und welche Bildqualität das Upscaling per PSSR garantiert. Aber ob sich eine Anschaffung lohnt, können wir trotzdem nicht eindeutig beantworten. Eine Analyse.
Gerüchte hielten sich lang, Fans erwarteten sie mit schwitzigen Händen: Das Erscheinen der PlayStation 5 Pro galt lange Zeit als offenes Geheimnis, auch wenn niemand wusste, welche Leistung sie mitbringen würde. Nun ist sie überall erhältlich – zum stattlichen Preis von 799 Euro, ohne Blu-ray-Laufwerk und auch einen Standfuß liefert Sony nicht mit. Dafür gibt es aber ganze zwei Terabyte Speicherplatz, zwei zusätzliche Gigabyte Arbeitsspeicher und kleinere Verbesserungen in der Handhabung. Darunter das Upgrade auf Wi-Fi 7 und die Neuplatzierung der CMOS-Batterie, die einen Austausch erleichtert, wenn er denn mal nötig wird.
Alles ganz nett, aber dafür gibt doch niemand knapp 800 Euro aus? Potenzielle Kunden des Sony-Heilsbringers, der angeblich die Konsolenlaufzeit auf zehn Jahre strecken soll, wollen mehr Power. Alles andere ist egal. Da ist es doch bedauerlich, dass ausgerechnet die Leistung der neuen Maschine zu einem kontroversen Thema mutiert. Wie viel kann die PS5 Pro eigentlich, und ist ihr Leistungszuwachs sichtbar?
Das Gute an der PS5 Pro
Fangen wir mit den guten Aspekten an: Ja, in gewissen Spielen ist ein Leistungszuwachs ohne langes Suchen sichtbar. Er ist nicht so groß wie erhofft, denn von auf dem Papier 45% mehr grafischer Rechenkraft bleiben in der Praxis nur rund 30% übrig, die sich in leicht gesteigerten Bildraten manifestieren.
Es sind Spiele wie Demon’s Souls oder Star Wars Jedi: Survivor, bei denen aus halbwegs stabilen Performances vorzeigbare werden. Die 16,7 Teraflops Gesamtleistung mögen kein keine Wunder bewirken. Aber eine Einschätzung über den Daumen macht uns Hoffnung, dass vor allem Spiele, die auf der Unreal Engine laufen, ein wenig mehr Platz zum Atmen bekommen.
Diese Daumenregel bezieht sich auf den Aufwand für Effekte und Darstellungstechniken, daher können auch Spiele auf anderen Engines davon profitieren. Überall, wo nicht die Anzahl der Objekte oder die Physik das Spiel verlangsamen, verspricht die PS5 Pro einen Schritt nach vorne.
Das weniger Gute an der PS5 Pro
Das bringt uns zum Umkehrschluss: Immer dann, wenn viele Objekte, hohe Physikanforderungen oder andere zählbare Werte eine Rolle spielen – und dazu zählt auch die native Auflösung – bringt die neue Power der Grafikeinheit herzlich wenig. Denn der Hauptprozessor hat abseits eines minimalen Leistungsschzubs nicht mehr auf der Pfanne als bei der normalen PlayStation 5.
Wir wollen nicht zu tief in die technischen Zusammenhänge eintauchen, aber vielleicht hilft ein Vergleich: Stellt euch ein Ruderboot mit einem Schlagmann vor, der den Ruderern den Takt vorgibt, in welchem sie ihre Paddel durch das Wasser ziehen. Egal, wie stark die Ruderer sind, sie können nur so schnell arbeiten, wie der Schlagmann zählt.
Bei der PlayStation 5 Pro ist es ähnlich. Die Ruderer der Grafikeinheit haben zwar mehr Muskeln, aber ihr Schlagmann, die CPU, kann den Rudertakt nur marginal erhöhen. Somit ist die PS5 Pro lediglich in der Lage, mehr von dem darzustellen, was schon da ist. Schatten können durch mehr Rechenaufwand schärfer werden, Spiegelungen genauer, und Transparenzen zehren weniger an der Gesamtleistung
Insbesondere beim Raytracing, das aufgrund einer dedizierten Förderung in der GPU genauer berechnet werden kann, macht die PS5 Pro Boden gut und verringert den Abstand zu teuren PC-Grafikkarten.
Grafik für Enthusiasten
Für Alle, die das zu schätzen wissen, ist das klasse. Denn Raytracing ist oft vonnöten, um Grafiken realistischer wirken zu lassen. Die genaueren Schatten erreichen nun auch kleinste Ecken. Dadurch wirken Objekte realer in ihre Grafikumgebung eingebettet. Ambient Occlusion – also die verdichtete Berechnung des Schattenwurfs verdeckender Elemente - ist ein derart essenzieller Bestandteil moderner Rendergrafik, dass das Potenzial, realistisch wirkende Grafiken zu generieren, massiv gesteigert wird. Gute Beispiele dafür sind dramatische Spiele wie The Last of Us oder Dragons Dogma 2.
Darum gehört Dragons Dogma 2 auch zu jenen Spielen, die der PS5 Pro eine unbestreitbare Daseinsberechtigung verschaffen. Die massiv verbesserten Lichtverhältnisse sprechen Bände.
Das Problem an der Sache ist folgendes: Viele andere Titel streben eine derartige Genauigkeit gar nicht erst an, sondern setzen auf künstlerische Interpretation, nutzen Comic-Stile oder den sogenannten Hyperrealismus, der realistisch anmutende Grafik durch angehobene Farbkontraste spektakulärer erscheinen lässt. Oder sie setzen auf schnelle Bewegungen. Siehe etwa Rennspiele wie F1 2024.
Die Vorteile besserer Schatten sind auch bei solchen Spielen von Wert und durchaus sichtbar, verkommen aber noch mehr zu Nuancen im Gesamtbild. Wann erkennt man sie am besten? Auf Standbildern, im Fotomodus, oder wenn man sich die Mühe macht genau hinzuschauen. Aber weil es eben nur Nuancen sind, die ein Gesamtbild als Ganzes verbessern, die unterbewusst wirken und gerade in direkten Vergleichen dann sichtbar werden, erkennen viele Durchschnittspieler den Unterschied gar nicht erst.
Der Name PS5 Pro kommt nicht von ungefähr. Die Konsole ist für Pros gedacht, die den feinen Wein von Fusel unterscheiden können.
PSSR: Des Kaisers neue Kleider
Dieses Problem ist bei der Vermarktung der PS5 Pro nicht unerheblich. Als 2016 das Pro-Modell der PlayStation 4 erschien, war das noch anders. Damals lagen sämtliche Vorteile auf der Hand. Die mit Anabolika gefütterte PS4-Variante für Early Adopter des UHD-Trends steigerte die maximale Auflösung von 1080p auf 4K, brachte HDR ohne Trickserei und war zudem leistungsfähig genug, um vielen Spielen ein paar zusätzliche grafische Details zu entlocken. Dieser Holzhammer von Leistungszuwachs ist nun nicht mehr offensichtlich, auch wenn die Behauptung, es gäbe keinen Unterschied, Unfug darstellt.
Aber die PS5 Pro hat noch ein Ass im Ärmel, das zumindest einen Leistungsschub vorgaukeln kann und vermutlich auch von den nicht ganz so anspruchsvollen Zockern eher wahrgenommen wird: PlayStation Spectral Super Resolution, kurz PSSR.
Es handelt sich um eine Hochrechnungsroutine ähnlich wie Nvidias DLSS, Intels XeSS oder AMDs FSR, das bislang in PlayStation-5-Spielen (und auch in Xbox Series-Games) verwendet wurde. Mit dem Unterschied, dass Sonys PSSR dank eines KI-gesteuerten Lernzyklus effizienter und genauer arbeitet als das oft verwaschene FSR. Diese erhöhte Effizienz spielt eine große Rolle in der Designphilosophie der Maschine.
Mark Cerny definierte den Zweck der PS5 Pro als Rückversicherung für all jene, die nach den ersten vier Jahren weiterhin den Luxus hoher Bildwiederholraten genießen wollen. Also mindestens 60, wenn nicht sogar 120 Bilder pro Sekunde. Das ist ein relatives Ziel, denn auch die normale PS5 könnte bei vielen Spielen 60 FPS liefern. Dazu müsste sie allerdings in Zukunft noch öfter die Auflösung mindern.
Warum das keine gute Idee ist, sieht man an bereits existierenden Spielen wie Star Wars Outlaws oder Final Fantasy VII Rebirth, deren (teils dynamische) Pixelzahl zweitweise so tief in den Keller sinkt, dass man meint, eine Brille zu benötigen. Unscharfe Objektränder und matschige Texturen passen nicht zur Detaildichte, welche die aktuelle Konsolengeneration verspricht.
Wie wir vorhin erörterten, bringt aber auch die PS5 Pro aufgrund der CPU-Limitationen nur bedingt höhere native Auflösungen zustande. Wenn, dann schafft sie das nur in den unteren Regionen, etwa wenn eine Steigerung von 720p auf 1080p anfällt. Höhere Bildraten sind ebenso wenig auf normalem Wege zu erzwingen.
Und genau hier kommt PSSR ins Spiel, denn Entwickler können mit diesem Upscaler genau das weiterverfolgen, was sie schon zuvor taten: Sie verringern die native Auflösung zugunsten höherer Bildraten. PSSR garantiert dabei, dass nur wenige den Unterschied merken. Sonys Upscaler arbeitet angeblich so präzise, dass das Endergebnis einer nativen 4K-Darstellung sehr ähnlich sieht.
So werden Ressourcen frei, die nicht nur der Grafikeinheit mehr Raum verschaffen, sondern auch der CPU – und das wiederum lässt Platz für ein wenig mehr Grafikspielerei. Eben für die oben erwähnten schöneren Schatten, Spiegelungen und anderen rechenintensiven Effekte.
Der Realitätscheck: Wie gut sehen die Spiele aus?
Die Frage ist nun: Wie gut arbeitet PSSR wirklich? Unserer Erfahrung nach ziemlich gut, wenn auch nicht perfekt.
Fangen wir mit den Musterbeispielen an: Ganz vorne auf unserer „Oh, sieht das gut aus“-Skala steht Final Fantasy VII: Rebirth. Squares Rollenspiel hat einen komplett neuen Grafikmodus erhalten, der den „unscharfen“ 60 FPS-Modus mit einer PSSR-Nachberechnung kombiniert. Das Ergebnis ist erstaunlich. Das Spiel läuft superflüssig und sieht fast so gut aus wie im Leistungs-Modus in 30 FPS. Nur fast, weil leicht schimmernde Kanten und ein paar schwache Ghosting- und Warping-Effekte den Unterschied sichtbar machen. Aber auch hier gilt: Die Unterschiede fallen so marginal aus, dass Durschnittspieler sie nicht oder wenn überhaupt nur unterbewusst bemerken.
Ebenfalls sehr schön: Alan Wake 2. Das Spiel bleibt zwar auf seinen 30 FPS (und bricht gelegentlich sogar ein), aber die Bildqualität wirkt dank PSSR bei weitem nicht mehr so verwaschen wie auf der normalen PS5. Als Sahnehäubchen glänzen Fensterscheiben, Wasseroberflächen und andere reflektive Objekte nun mit Raytracing-Spiegelungen, die einerseits genauer sind als Screen-Space Refkexionen, andererseits ohne den arg krümeligen Weichrechenfilter auskommen.
Bei Dragon's Dogma 2 bringt Raytracing eine massiv verbesserte Schattenberechnung. Licht bricht viel seltener in verdeckte Umgebungen ein und sämtliche Schatten wirken erheblich dunkler, beziehungsweise dichter. Diesen Qualitätssprung könnt ihr auch auf der normalen PS5 sehen. Auf der Pro genießt ihr ihn aber ohne an 30 Bilder pro Sekunde gebunden zu sein, denn mehrere Darstellungsmodi setzen sich innerhalb der 50- bis 60 FPS-Marke fest. Leider nicht konstant, daher raten wir weiterhin zu einem Fernseher mit VRR-Unterstützung.
Ambivalenter wird es da bei Ratchet and Clank: Rift Apart. PSSR wirkt hier hervorragend, wobei flimmernde Ränder an Bäumen und an scharfkantigen Objekten insbesondere bei Bewegungen der Kamera erkennen lassen, dass die hohe Auflösung nicht nativ ist. Die dadurch gewonnen grafischen Vorteile muss man allerdings mit der Lupe suchen.
Der neue Qualitätsmodus beharrt auf 30 FPS, zeigt exakt dieselben Objekte wie zuvor, verbessert dafür aber die Qualität der schon vorhandenen Raytracing-Spiegelungen auf glatten Oberflächen. Sie wirken detailreicher und schärfer, weil mehr Strahlen von spiegelnden Quellen ausgesendet und zurückgeworfen werden.
Im Bildraten-Grafikmodus steigt die Darstellung auf 60 FPS, und genau wie auf der normalen PS5 müssen dafür Details eingespart werden. Etwa durch weniger Zuschauer in den Publikumsrängen. Das Raytracing konnte zwar auch hier verbessert werden, denn es entspricht nun etwa der Qualität der Spiegelungen im 30-FPS-Modus auf der normalen PS5, aber das erkennt ihr nur, wenn ihr ganz genau hinschaut. Auf unseren Screenshots wäre der Unterschied nicht einmal sichtbar, wenn wir die Spiegelungen nicht für euch heranzoomen würden.
Stellar Blade und Horizon Zero Dawn glänzen ebenfalls mit Performance-Modi bei 60 FPS, die sie ähnlich aussehen lassen wie ihre 30-FPS-Gegenstücke. PSSR leistet hier das Nötige und abseits von ein wenig Gekrissel rund um bewegliche Objekte ist der Unterschied kaum ersichtlich. Andere Vorteile, beispielweise neue Grafikfeatures im Qualitätsmodus, waren für uns mit blankem Auge aber nicht auszumachen – und das auf einem 65 Zoll Sony A95L QD-OLED, auf dem uns aus nächster Nähe garantiert nichts entgangen wäre.
Bliebe noch F1 2024. Grafikfetischisten wie wir es sind, lieben die verbesserten Schatten und die Raytracing-Spiegelungen, die das Gesamtbild nun ein ganzes Stück näher an PC-Verhältnisse heranbringen. Erkauft wird der Vorteil aber durch auffällige Ghosting-Schlieren hinter den Reifen gegnerischer Fahrzeuge.
Letztlich wird also klar: Ihr erkauft euch die höheren Bildraten lediglich mit einem Verlust der Bildqualität. PSSR kann diesen Umstand zwar bis zu einem gewissen Grad kaschieren, aber nicht komplett ausgleichen.
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