Test - Playstation Portal : Test: Der Inbegriff von Luxus
- PS5
Sony liefert mehr als zehn Jahre nach der Playstation Vita endlich wieder ein Handheld ab. Oder doch nicht? Der Name PlayStation Portal erinnert zwar sehr an die hoch geschätzte PlayStation Portable, doch könnte das Gerät in seinem Funktionsumfang nicht weiter von ihr entfernt liegen. Wie gut der Remote Player Spiele wiedergibt und welche Zielgruppe er anspricht, ist mehr als nur eine Frage der internen Technik.
Okay, jetzt mal völlig subjektiv und aus dem Bauch heraus geurteilt: Wenn man sie aus der Packung holt, umgibt Playstation Portal eine gewisse Magie. Vielleicht sogar ein Hauch von Apple-Hype. Was für ein hübscher Blickfänger, mit seinem großen LCD-Bildschirm und den seitlich angebrachten Griffen, die den Eindruck erwecken, jemand hätte einen Dual-Sense-Controller in zwei Hälften geschnitten und sie an die Seiten eines kleinen Tablets geklebt.
Ein Augenschmeichler
Klingt nach einem Frankenstein-Entwurf und sieht dennoch richtig gut aus. Sonys neueste Hardware ist der Fiebertraum einer Nintendo Switch, ein Style-Erlebnis in Schwarzweiß, mit insgesamt 30 Zentimetern Breite und 11 in der Höhe. Dazu immerhin satte 530 Gramm schwer, aber dank ausgewogener Gewichtsverteilung immer noch angenehm zu halten.
Dank der fünf Zentimeter tiefen Griffe fühlt sie sich auch an wie ein Premium-Produkt, wobei die Analogsticks den Gesamtmaßen faktisch noch einen Zentimeter draufpacken. Solide verarbeitet und stabil – so muss das sein! Hier knarzt nichts, wenn man versucht das Gehäuse vorsichtig zu biegen, weil alles in hartem Plastik eingebettet wurde. Präzise Rumble-Effekte mit haptischem Feedback sowie bei Bedarf druckresistenten Schulterbuttons erhärten das Gefühl, einen überbreiten PS5-Controller in den Händen zu halten, wobei die Touchscreen-Funktion des Bildschirms die berührungsempfindliche Fläche des Controllers ersetzt.
Tech-Design vom Feinsten, das auch in der Praxis den Augen schmeichelt. Verbaut wurde zwar nur ein LCD-Screen, aber der ist sehr farbkräftig, HDR-fähig und abseits seiner ins Dunkelgrau abdriftenden Schwarztöne ein echter Hingucker. 1080p sind auf acht Zoll Diagonale scharf genug. Keine verpixelten Texte, kein übermäßig auffälliges Aliasing. Ja, das kann sich sehen lassen. Solang alles gut und flüssig läuft, meint man, den Traum eines Gaming-Handhelds in den Pranken zu wiegen. Ein verführerisches Paket, von dem man glauben möchte, es sei ein rundum durchdachtes Produkt mit der gewohnten Sony-Qualität.
Harte Fakten
Es dauert nicht lang, bis die Realität all diese Aus-dem-Bauch-heraus-Urteile revidiert. Fakten, Fakten, Fakten: PlayStation Portal ist kein Gaming Handheld, sondern ein Streaming-Gerät. Ein gewaltiger Unterschied, denn ohne eine PlayStation 5 im heimischen Netzwerk kann das Ding nicht mehr als ein Briefbeschwerer. Und um ehrlich zu sein ist es ein unförmiger Briefbeschwerer, der sich schlecht in einem Rucksack oder einer Studententasche verstauen lässt.
All das, was es so bequem in den Händen erscheinen lässt, also die vollen Controller-Griffe des Dual-Sense-Designs, die großen Feuerknöpfe, die exzellenten Analogsticks – das sind in der Praxis übergroße Widerhaken, welche die Angst aufsteigen lassen, man könne den Bildschirm beim Herausnehmen irgendwo einkeilen und ungewollt durch Kratzer entwerten, wenn man nicht aufpasst. In der Realität mag Sonys Design zwar schöner sein als Nintendos Switch, aber auch weit unpraktischer. Um mal einen fairen Größenvergleich heranzuziehen: Es ist auch unhandlicher als ein Steam Deck, trotz ähnlicher Proportionen. Die erste sinnvolle Zusatzanschaffung wäre somit ein Hard-Case, das aber noch mehr Stauraum in der Tasche verbrät.
Luxus-Design und praktische Realität prallen hier aufeinander wie zwei gegensätzlich ausgerichtete Hochgeschwindigkeitszüge auf demselben Gleis. Ein furchtbares Gefühl, weil PlayStation Portal ein Gerät darstellt, das man lieben möchte, aber in einer Vitrine aufbewahren müsste, um es vor Schaden zu bewahren. Es hat leider wenig von einem Gebrauchsgegenstand wie ein Handy oder eben eine Nintendo Switch. Und wenn man bedenkt, dass zum Spielen letztendlich eine PS5 nötig ist, die im Hintergrund werkelt, Strom verbraucht und das heimische Netzwerk mit Daten vollpumpt, wachsen Zweifel: Welchen Sinn hat das Gerät eigentlich?
Abhängig vom Netz
Wo sollte man es mit hin nehmen? Ins Hotel vielleicht? An den Strand? Auf die Toilette? Ja, das sind alles Möglichkeiten, denn letztendlich ist eine gute Internetverbindung alles, was man zum Spielen benötigt. Ab 5 Mbit Datendurchsatz geht es los, wobei 15 Mbit empfohlen werden. Die einzige sonstige Vorbereitung besteht in der Aktivierung der Remote-Play-Funktion auf der heimischen PS5 sowie ein Herunterfahren im Ruhemodus, damit sie aus der Ferne über das Netzwerk geweckt werden kann. Dabei verhindert eine schnell eingerichtete Kopplung zwischen den Geräten, dass ein Fremder auf eure Konsole zugreift. Schaltet ihr eure PS5 jedoch aus Versehen komplett ab, ist Ebbe mit dem Spielen. Da ist er dann wieder, der Briefbeschwerer.
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Wie gut das Streamen letztendlich funktioniert, hängt von eurer heimischen Internetverbindung und der Empfangsqualität vor Ort ab. Wir haben mehrere Szenarien durchprobiert und kamen zu krass unterschiedlichen Ergebnissen. Erst einmal vorweg: Die Playstation 5 sollte unbedingt per LAN-Kabel mit eurem Router kommunizieren, um den schnellstmöglichen Weg in die Datenautobahn zu finden. Zudem empfiehlt sich für den kabellosen Gebrauch zuhause ein 5 GHz W-Lan.
All das konnten wir einrichten, und so lief unser Test flüssig wie warme Butter, solange sich PS5 und PS Portal im selben Raum befanden. Dank unseres Wifi-6 Netzwerks kam der Datenstrom in voller Bandbreite an und lieferte ein volles 60-FPS-Erlebnis. Rund eine Minute dauert es, bis das Gerät die PS5 aus dem Schlaf holt, aber dann läuft alles wie beim normalen Betrieb der Konsole – inklusive des Einloggens im gewünschten Account, der Nutzung des Menüs und so weiter. Lediglich Medien-Apps wie etwa Netflix verweigerten ihren Dienst.
Für einen Härtetest zogen wir Spiele heran, die schnelle Reaktionen verlangen, etwa Spider-Man 2, Gran Turismo 7, The Last of Us Remastered, Lego 2K Drive oder Resident Evil 4 Remake. Bildqualität und Reaktionsfreude ließen dabei wenig zu wünschen übrig. Bei blauen Himmeln zeichnete sich zwar ein ganz leichter Banding-Effekt mit Farbabstufungen ab, aber um diese zu sehen, mussten wir schon sehr genau hinschauen. Viel konzentrierter, als es jemand beim Genuss eines Spiels tun würde.
Genossen haben wir es wahrlich, weil das Spielgefühl sehr gut ausfiel und sich faktisch untermauern ließ. Unser Abgleich per Kamera ergab einen schwankenden Latenz-Wert zwischen rund 50 und 80 Millisekunden. Keinesfalls optimal für kompetitive Online-Matches in einem First Person Shooter oder einem Rennspiel, aber für Einzelspieler-Erlebnisse noch vertretbar. Schließlich nutzen auch viele PS5-Besitzer ihren Fernseher, ohne dessen Spiele-Modus einzuschalten, was in einer ähnlichen Verzögerung resultiert. Insofern gab es nichts zu meckern.
So nah und doch so fern
Entfernten wir uns aber nur wenige Meter, ließen die ersten Bildaussetzer nicht lange auf sich warten. Mit einer einzelnen Wand zwischen dem Gerät und dem Router störten gelegentliche Ruckler und Unterbrechungen von der Länge eines Augenaufschlags, es blieb allgemein aber noch spielbar.
Also verschärften wir die Bedingungen abermals: Schon mit zwei trennenden Wänden lief das Spiel zwar weiter, litt aber unter so vielen fehlenden Frames, dass es zwischenzeitlich unspielbar wurde. Bildqualität und Latenz fielen ebenfalls auf schwer vertretbare Werte, was sich durch große Farbblöcke in der Bildauflösung und etliche verlorene Spider-Man-Kämpfe bemerkbar machte. Kampfeingaben kamen so spät bei der PS5 an, dass wir intuitiv im Voraus agieren mussten, was mehr oder minder einem wilden Button-Mashing gleichkam.
Präzises Spielen war jedenfalls nicht mehr möglich. Wir nahmen Kurven in Gran Turismo viel zu spät und waren in einem fortgeschrittenen Kapitel von The Last of Us Remastered nicht in der Lage, einen Bloater zu bezwingen. Das lag vornehmlich, aber nicht ausschließlich an der Latenz. Der Bloater verschanzte sich in einer dunklen Ecke und war dadurch sowohl in seinen Größenverhältnissen als auch wegen des Bildkontrasts kaum noch auszumachen, obwohl der farbstarke LCD-Bildschirm theoretisch gut genug dafür ist. Das Spiel ist schlichtweg nicht auf einen derart kleinen Screen ausgelegt. Wenn Joel dann auch noch so träge reagiert, dass man dem Ansturm des Bloaters nicht mehr rechtzeitig entkommt, verpufft jeder Ansatz von Spielspaß.
Wände sind somit das Kryptonit dieses Remote-Players. Aber wie sieht es denn mit fremden Netzwerken aus? Auch das haben wir ausprobiert, indem wir uns mit Gerstensaft und ein paar Ausreden bei einem Kumpel einquartierten. Dessen 16 Mbit-Leitung ist alles andere als Highend, aber gerade deswegen ein praxisnahes Beispiel.
Obwohl die Playstation Portal nun drei Versuche für das Aufwecken unserer Konsole benötigte, verlief der Gameplay-Test in spielerischer Hinsicht erstaunlich gut. Soll heißen: Die Latenz blieb ähnlich niedrig wie zuhause unter optimalen Bedingungen. Was allerdings heftig an Qualität verlor, war die Auflösung des Streams. Ruhige Szenen sahen noch ganz gut aus. In Bewegung schwankte die Bildauflösung hingegen stark und wurde zeitweise so pixelig, dass nicht einmal mehr Schrift zu entziffern war. Schnelle Spritztouren in Lego 2K Drive erinnerten an einen fünfzehn Jahre alten Youtube-Upload bei 240p. War es spielbar? Ja, sogar besser als gedacht. Aber ein Genuss waren unsere Testrunden trotzdem nicht.
Ein weiterer Test im öffentlichen Netzwerk eines Einkaufszentrums verlief ähnlich ernüchternd: niedrig aufgelöst, dazu hakelig und mit heftigen Bildverlusten. Und auch nur für sehr kurze Zeit, denn nach etwa einer Minute brach der Stream ab – wahrscheinlich, weil das Netzwerk durch zu viele andere Teilnehmer ausgelastet war. Ein Einloggen über die Hotspot-Funktion unseres Handys erwies sich dagegen als zu latzenzbehaftet, trotz 5G-Verbindung. Die Spielbarkeit litt zu sehr darunter.
Es gibt keine Cloud, das ist nur der Computer fremder Leute
Selbst wenn der Stream von der eigenen PS5 überall gleich gut funktionieren würde, hätten wir Zweifel am Konzept der PlayStation Portal, die wir aus Respekt vor dem alten Handheld unter keinen Umständen mit den Buchstaben PSP abkürzen wollen. Das Gerät gibt uns einige Kopfnüsse auf. Die offensichtlichste aller Fragen lautet: Warum kann PlayStation Portal nicht Sonys Cloud-Service anzapfen? Ob man nun die eigene PS5 zum Spielen verwendet oder Sonys Server, ist doch gehüpft wie gesprungen.
Warum gibt es keine anderen Möglichkeiten zum Spielen? Der verbaute Qualcomm-Prozessor (Snapdragon 415), der für das Decoding des Streaming-Signals zuständig ist, wäre dank seiner integrierten Grafikeinheit Adreno 405 locker stark genug, um eine Playstation Portable zu emulieren oder zumindest ein paar Mini-Games für den Notfall auf den Screen zu bringen. Aber auch das ist nicht möglich, trotz Kompatibilität zu Direct X 11.1 und Hardware-Tricks wie Tesselation, die der Grafikchip der Switch nur in der Theorie beherrscht. Tja, es scheitert schon an der fehlenden Speichermöglichkeit für Games. Wo sollte man diese Software denn ablegen? Damit wird eines klar: Zur Unterhaltung im Flugzeug braucht man sich das Ding gar nicht erst anzuschaffen. Dass PlayStation Portal einen Flugzeug-Modus hat, der sämtliche Netzwerkfunktionen deaktiviert, grenzt an Realsatire.
Angesichts all dieser Eigenschaften rücken andere Spezifikationen als unwichtige Randnotizen in den Hintergrund. So wie der Akku, der etwa fünf Stunden durchhält. Geschenkt, wenn man sowieso stationär gebunden ist und somit (in der Regel) Zugriff auf eine Steckdose hat. Dass PlayStation Portal kein Bluetooth beherrscht und euch somit auf Kabelkopfhörer beschränkt? Auch nicht wirklich wichtig, weil die meisten Bluetooth-Kopfhörer sowieso durch eine verzögerte Ausgabe auffallen und somit zum Spielen wenig geeignet sind. Nötig wäre eine Verbindung durch Bluetooth LE Audio, die nur teurere Kopfhörermodelle beherrschen. Die einzige drahtlose Alternative, die euch bleibt, sind Sonys hauseigene Kopfhörer, die sich über ein proprietäres Protokoll verbinden und in etwa genauso teuer ausfallen wie der Remote Player selbst. Immerhin, der Klang der verbauten Lautsprecher ist brauchbar und vor allem laut genug.
Das ändert jedoch alles nichts an dem Eindruck, der unterm Strich bleibt. So traurig es auch klingt: Dieses Gerät ist der Inbegriff einer Luxusanschaffung. Etwas, das zwar schön ist, wenn es funktioniert, aber das man nicht wirklich braucht.
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