Test - Assassin's Creed Odyssey : Wow, noch größer geht nun echt nicht mehr
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Uferlos: Das größte Assassin's Creed, das es je gab
Passend zur Rückkehr der Schiffe in Assassin's Creed Odyssey lässt sich das Spiel vor allem mit einem Wort treffend beschreiben: uferlos! Angesichts der schieren Masse an Betätigungen sieht man in der Tat binnen kürzester Zeit auch sprichwörtlich kein Land mehr. Kaum ist man im Spiel, ist das Questlog auch schon auf mehrere Bildschirmseiten und unzählige offene Quests angewachsen.
Assassin's Creed Odyssey ist der totale Content-Overkill – und das fast schon zwangsweise sowohl im positiven wie im negativen Sinne. Von der ersten Sekunde an wird man regelrecht erschlagen von Quests und Fragezeichen. Und viel mehr noch als die Vorgänger zwingt Odyssey seinen Spieler regelrecht dazu, diese auch zumindest bis zu einem gewissen Teil abzuhaken. Denn alles, was man macht, hat einen Zweck und gibt irgendeine Art von Belohnung, die man brauchen kann. Man wird im Sekundentakt überschüttet mit neuen Waffen, Rüstungen, Gravuren, mit denen man Waffen und Rüstungen verbessern kann, Baumaterialien fürs Boot oder Punkte für den Skilltree.
Assassin's Creed Odyssey fühlt sich dergestalt an wie das Laufen auf Tretmühlen: Man müht sich und müht sich, hat aber nie das Gefühl, auch nur einen Schritt vorwärts zu kommen. Zu viel ist immer noch unerledigt, und wie die Köpfe der Hydra wächst auf jede absolvierte Nebenquest eine neue nach. Ja, als gäbe es davon nicht eh schon mehr als genug, könnt ihr an schwarzen Brettern sogar noch jede Menge täglich wechselnde Zufallsquests annehmen.
Assassin's Creed Odyssey bläht sich derart auf eine Weise auf, dass es Gefahr läuft, aus allen Nähten zu platzen. So schön die Unmenge an Content auch sein mag, so austauschbar ist sie als Begleiterscheinung der schieren Masse oftmals. So bewundernswert es ist, dass selbst die Random-Quests allesamt vertont sind, so störend fällt auf, dass ihre Animationen aus lustlosem Armewedeln und Kopfwiegen bestehen, so als hätte Piranha Bytes sie entworfen. Weniger Masse, etwas mehr Klasse würde ich mir für den nächsten Teil wünschen. Assassin's Creed Odyssey bietet endlos viel Beschäftigung, doch ist reine Beschäftigung, wenn man ihr keinen Sinn verleiht, letztlich lediglich Therapie, um Zeit totzuschlagen.
Entscheidungen: Ist Odyssey ein richtiges Rollenspiel mit verzweigender Story?
Odyssey ist das erste Assassin's Creed, in dem ihr Entscheidungen treffen müsst, die sich auf das weitere Geschehen auswirken. Häufig sind die Konsequenzen relativ unmittelbar und für das Folgegeschehen unerheblich, etwa wenn ein Streit am Ende einer Quest zum Kampf eskaliert oder sich schlichten lässt.
Regelmäßig offenbaren sich die Auswirkungen eures Handelns aber erst nach langer Zeit und dann sehr überraschend. Beispielsweise steht ihr recht zu Beginn des Spiels in einer unwichtig scheinenden Nebenquest vor der Wahl, eine Gruppe kranker Aussätziger zu ermorden, um die Seuche mit ihnen auszumerzen, oder sie zu verschonen. Wählt ihr den mitfühlenden, letzteren Weg, so erfahrt ihr erst Stunden später, dass sich die Krankheit dadurch in der ganzen Stadt ausgebreitet und einen Großteil ihrer Bevölkerung dahingerafft hat.
Die vom Krieg beherrschte Welt von Assassin's Creed Odyssey ist rau und kompromisslos, und entsprechend enden viele Bemühungen, den gemäßigten Mittelweg gehen und es möglichst allen recht machen zu wollen, anders etwa als in den Bioware-Spielen im Gegenteil der eigentlichen Absicht: Als wir uns nicht entscheiden wollen, entweder den verzweifelten Schmied oder seine Frau den Banditen zu opfern, und stattdessen versuchen, beide zu retten, verlieren letztlich alle ihr Leben.
Vor allem aber beeinflussen eure Entscheidungen in den Schlüsselszenen der Hauptstory das Verhältnis zu euren Familienmitgliedern, eure Haltung zu den rivalisierenden Armeen der Athener und Spartaner, sowie den Mitgliedern des Kults. Ubisoft verspricht hierfür neun verschiedene Endsequenzen.
Romanzen: Notgeil wie der Witcher
Die Geschichte von Assassin's Creed Odyssey verzweigt sich durch ihre Entscheidungen zwar beileibe nicht so sehr wie die von The Witcher, dennoch ist das Rollenspiel von CD Projekt klar als Vorbild zu erkennen. Auch in anderer Hinsicht: Ihr dürft nämlich nun auch Romanzen mit Nebenfiguren eingehen – und das ständig.
Die Liebeleien sind keinesfalls als längerfristige Beziehungen zu verstehen wie etwa in den Bioware-Spielen Mass Effect und Dragon Age. Stattdessen erfolgen sie als kurze Bettgeschichten im Zuge kleiner Nebenquests: als Bezahlung für einen mürrischen Schmied, als Zeitvertreib während eines langweiligen Festes oder als krönender Abschluss eines anstrengenden Jagdausflugs.
Um Produktionsaufwand zu sparen, fallen die Techtelmechtel für Alexios und Kassandra sogar identisch aus – egal ob ihr euch dafür entscheidet, Männlein oder Weiblein zu spielen. Beide sind kurzerhand bisexuell und gehen mit jedem in die Kiste, der sich dazu bereiterklärt – das war im alten Griechenland immerhin gar nicht so unüblich. Dennoch verspielen die Helden einiges an Sympathie, wenn sie so dauer-notgeil wie Hexer Geralt durchs antike Griechenland stromern.
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