Test - Wargame: European Escalation : Volltreffer oder Blindgänger?
- PC
Langsam, aber sicher verschwinden die Spuren des in die Jahre gekommenen Klassenprimus World in Conflict im Sand. Der Titel hatte bei uns im Test eine glatte 90er-Wertung abgeräumt und kann mittlerweile mit seinen fünf Jahren getrost als Klassiker bezeichnet werden. Mit dem neuen Echtzeitstrategiespiel Wargame: European Escalation möchte der französische Entwickler Eugen Systems, Macher des durchaus gelungenen Spiels R.U.S.E., in derselben geschichtlichen Umgebung neue Akzente setzen und den Veteranen schwerer Strategiekost neuen Input liefern.
Was wäre wenn ...
Zum Anlass dieser fiktiven Eskalation dient den Entwicklern ein Zwischenfall, der sich im Jahr 1975 abgespielt hat. Ein Regimegegner und NVA-Soldat, Werner Weinhold, erschoss auf seiner Flucht in den Westen zwei ostdeutsche Soldaten. Die Bundesrepublik Deutschland schützte den Deserteur und lieferte ihn trotz entsprechenden Antrags nicht aus. Das damals tatsächlich vorgefallene Ereignis wertet im Spiel der kommunistische Staat als letzten Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Maßnahmen treffen auf Gegenmaßen und der Kalte Krieg findet nun nicht mehr am Verhandlungstisch statt, sondern auf dem Schlachtfeld. Das erdachte Konstrukt bietet mehr als genug Zündstoff für alternative Szenarien und Raum für zerstörerische Geschichten in ganz Europa.
Die Rahmenhandlung wird in vier Hauptmissionen und jeweils bis zu sieben Untermissionen erzählt. „Erzählt" ist dabei jedoch eher weit gefasst, denn World in Conflict wartete in Sachen Inszenierung, Handlung und Charakterdarstellung mit deutlich mehr Tiefgang auf. Der unverbrauchte Hintergrund hat eigentlich viel mehr in petto als das, was in den rund zehn Stunden Einzelspielerspaß trocken und nüchtern präsentiert wird.
Ist das noch auf Lager?
In der Realität können wir nur allzu froh sein, dass das hier präsentierte Schreckensbild nicht Wirklichkeit geworden ist, im Spiel dagegen befehligen wir diverse Truppen, um die Vormachtstellung unserer Seite zu sichern. Hierfür steht uns das Feinste, was die damalige Zeit an Waffen und Kriegsmaschinen zu bieten hatte, zur Verfügung. Von Fußsoldaten über Lufteinheiten bis hin zu Panzern ist alles vertreten.
Der gewiefte Stratege muss dennoch bedenken, dass Eugen Systems ein besonderes Augenmerk auf Realismus legen. Hier reicht es eben nicht aus, seine Mannen einfach an die Front zu schicken und zu sehen, wer die dicksten Kanonen hat und dadurch den Kampf gewinnt. In Wargame: European Escalation ist es unabdingbar, auch die Spezialtruppen, wie Aufklärung und Logistik, im Blick zu haben, da nur sie für Nachschub sorgen. Sollte beispielsweise ein Rudel deutscher Leopard-Panzer damit beschäftigt sein, das feindliche Heer im Norden aufzumischen, sitzen die Stahlkolosse bei Treibstoffmangel ganz schnell in der Patsche oder werden ohne lebenswichtige Munition fix zu Altmetall verarbeitet.
Diskretion, bitte
Wer hat sich nicht schon tausendmal darüber aufgeregt, dass Panzer aufgrund ihres lächerlich kleinen Wirkungsgrads in diversen Taktikspielen nur wenige Meter auseinanderstehen dürfen, um ein Gefecht auszutragen? Die Franzosen punkten mit einer realitätsnäheren Reichweite. Einheiten nehmen Gegner aus mehreren hundert Metern Entfernung und nicht aus nächster Nähe aufs Korn, so wie es auch sein sollte. Hinzu kommt, dass Nachladezeiten und verfehlende Geschosse die Geplänkel spannend halten. Um an Munition zu kommen, benötigt das eigene Heer Nachschub. Den gibt es an bestimmten Stellen auf der Karte.
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