Test - Syberia 3 : Ein Klassiker kehrt zurück
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15 Jahre ist es her, dass Kate Walker zu ihrer abenteuerlichen Reise quer durch Europa bis hinauf ins kalte Syberia aufbrach. Eine Reise voller Wunder, erstaunlicher mechanischer Apparaturen und sagenumwobener Entdeckungen. Eine Reise, getragen von einer einzigartigen Stimmung aus Melancholie und Vergänglichkeit. Eine Reise, die nun fortgesetzt wird.
Einige Monate nach den Geschehnissen des zweiten Teils ist Kate Walker noch immer in Syberia. Hier schließt sie sich dem Nomadenvolk der Youkol an, ein Stamm von kleinwüchsigen Eingeborenen, die auf beschwerlicher Pilgerreise die frostigen Lande zu ihrer heiligen Stätte durchqueren. Dabei geraten sie in Konflikt mit der Regierung und dem Militär, die das unabhängige Nomadenleben der Youkol, das keine Sesshaftigkeit und Grenzen kennt, nicht gutheißen.
Auch in der Bevölkerung regt sich wachsender Unmut gegen das fahrende Volk, fürchtet man bald „Überfremdung“ und die Zunahme von Verbrechen. Als Kate Walker habt ihr es euch zur Mission gemacht, eure Reisegefährten vor den Übergriffen der Soldaten, Anfeindungen „besorgter Bürger“ und den verschwörerischen Machenschaften einer unheiligen Heilanstalt zu beschützen und ihnen gleichzeitig den Weg ins gelobte Land zu weisen.
Call of Pripyat
Wie schon in den vorherigen Syberia-Teilen ist die eigentliche Geschichte um die klassische Heldenreise bewusst simpel konstruiert, weil sie in erster Linie Nährboden und Oberfläche ist für Themen, die ungewöhnlich tiefgehend und mahnend sind für ein Videospiel. Syberia 3 beschäftigt sich mit der Ablehnung eines zur Flucht gezwungenen Volkes, weil es andere Sitten und Gepflogenheit hegt als die der propagierten „Leitkultur“.
Früher waren die Youkol gern gesehene Gäste und Handelspartner. Doch je länger sie mit ihrer Karawane unfreiwillig vor den Toren der Stadt festsitzen, umso mehr regt sich der Widerstand, wird ihnen Diebstahl und Wegelagerei vorgeworfen. Schließlich kommt es zu offenen Protesten und Übergriffen. Dabei sind sie selbst eigentlich Opfer von Sabotage und Verfolgung.
Die Parallelen zur aktuellen Flüchtlingskrise sind offensichtlich und doch stets so subtil und ohne mahnenden Zeigefinger vorgetragen, dass sie sich nicht aufdrängen. Das Anliegen, das Benoît Sokal mit Syberia 3 verfolgt, ist ein zutiefst menschliches. Vor allem die Rücksichtslosigkeit diktatorischer Regierungen gegenüber der wehrlosen Bevölkerung prangert er an.
Hauptsächliche Inspiration für Syberia 3 war Benoît Sokal daher auch die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl, wie er uns im Interview erzählte. Daran, auf welch unmenschliche Weise die sowjetische Regierung damals nicht nur Tausende Tote billigend in Kauf nahm, sondern die Gefahren und Auswirkungen gar vertuschte, möchte er mit seinem Spiel erinnern.
Sinnbildlich dafür steht der berühmte verlassene Vergnügungspark in der verstrahlten Stadt Pripyat, den Spieler bestens aus dem Ego-Shooter S.T.A.L.K.E.R. kennen. Auch in Syberia 3 stellt er eine Etappe auf Kate Walkers Reise dar und fügt sich mit seiner allgegenwärtig spürbaren Vergänglichkeit und der Trauer über die verlorene Unschuld perfekt in den stilistischen Kosmos der Serie ein.
Dieser besondere Stil war neben der Stimmung schon immer das zweite tragende Element der Syberia-Spiele. Dass Benoît Sokal als Comiczeichner einen ausgeprägten Sinn fürs Visuelle besitzt, ist der Spielwelt in jedem staubigen Winkel, jeder verwitterten Mauer und jeder Schraube dampfender Kessel und rotierender Kolben anzumerken. Der verspielte Steampunk-Look der Vorgänger weicht entsprechend der ernsteren Thematik diesmal einem realistischeren, düsteren Stil.
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