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Test - Sifu : Martial-Arts-Eleganz für Hartgesottene

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Wenn es um Beat-’em-Ups geht, muss man mich nicht lange bitten. Dafür stehe ich Roguelites eher verhalten gegenüber. Nun kommt bei Sifu jedoch beides zusammen. Das neue Spiel von Sloclap (Absolver) ist somit ein echt harter Brocken, dessen Faszination erst mühsam freigelegt werden will.

WAS. FÜR. EIN. AUFTAKT! Nach der ersten halben Stunde möchte ich Sifu zu meinem Spiel des Jahres erklären. Als böser Kämpfer erledige ich eine ganze Kung-Fu-Schule und am Ende ihren Meister, den namensgebenden Sifu. Das läuft ab wie der beste Martial-Arts-Film zum Selberspielen: Auf meine eleganten Konter folgen blitzschnelle Schläge und Tritte, an deren Ende Finisher stehen, die unfassbar geschmeidig und wuchtig aussehen. Präsentiert wird das alles in einer Comicgrafik, deren entsättigte Farben und starke Kontraste perfekt zur aggressiven und düsteren Atmosphäre passen. Und dann kommt noch ein Soundtrack obendrauf, der direkt aus einem klassischen Martial-Arts-Film stammen könnte. Großartig!

Weiter geht es jedoch nicht als böser Kämpfer, sondern als Kind des Sifu, das sich einige Jahre nach dem Mord auf einen Rachefeldzug begibt. Dabei kommt ein besonderes System zum Einsatz: Mit jedem Leben, das verloren geht, wird der Kämpfer älter – um wie viele Jahre, hängt von der Gesamtzahl der Tode ab. Los geht es mit 20 Jahren, völlig frisch und faltenfrei. Der erste Tod packt ein Jahr, der zweite bereits zwei und der dritte ganze drei Jahre obendrauf. So geht es weiter, bis mit etwa 70 nur noch ein Neustart übrig ist – danach heißt es endgültig “Game Over”.

Ein beschwerlicher Prozess

Insgesamt fünf Level habe ich vor der Brust, an deren Ende ein Boss wartet. Überhaupt dahin zu kommen, ist die erste große Herausforderung. Ganz schnell lerne ich die wichtigste Lektion: Verteidigung ist der beste Angriff. Perfekte Paraden und rechtzeitiges Ausweichen machen einen Gegner für effektive Attacken anfällig. Die schröpfen zwar die Lebensenergie, doch viel wichtiger ist der Zusammenbruch der sogenannten Form: Ist diese Art von Schutz weg, kann ich die meisten Feinde mit einer automatisch ablaufenden Combo ausschalten. Gleichzeitig muss ich Treffer vermeiden, um nicht meine Form zu verlieren und zu Boden zu gehen. Das ist echt schwierig, weil fast immer mehrere Gegner gleichzeitig und auf unterschiedliche Art und Weise angreifen. 

Es folgt ein beschwerlicher Lernprozess, der mir real wie virtuell einige graue Haare wachsen lässt. Denn nahezu jeder Fehler wird bestraft. Ein paar zu spät ausgeführte Blocks und Konter reichen schon, um als Mittdreißiger dazustehen. Das bedeutet zwar mehr Kraft, aber auch weniger Lebensenergie. Entsprechend steigt der Druck, nicht noch mehr aufs Maul zu bekommen. Leichter gesagt als getan, schließlich lauern neben einfachen Schlägern auch ausgebildete Kämpfer in den Gebieten, die sehr agil und stark sind. Muss ich den letzten Angriff mit einem tiefen Block abwehren? Oder bringt ein Ausweichen mehr? Und wie schlage ich am besten zurück? Antworten erhalte ich allein durch Ausprobieren, Scheitern und Lernen.

Sifu - Launch Trailer

Das ästhetische Sifu auf der PlayStation ist ab sofort erhältlich.

So wiederhole ich allein das erste Gebiet mehrfach. Zum einen studiere ich das Verhalten der Gegner und lege mir eine Taktik für jeden Bereich zurecht. Zum anderen wird mit den verschiedenen freischaltbaren Moves experimentiert: Ein kraftvoller Beinfeger, ein flinker Wurf oder ein aufgeladener Schlag ermöglichen neue Strategien, zunächst allerdings nur für den aktuellen Durchgang. Erst gegen den Einsatz sehr vieler Erfahrungspunkte kann ich die Aktionen dauerhaft nutzen.

Ebenfalls erhalten bleiben einmal gefundene Schlüsselkarten oder Codes. Damit lassen sich Abkürzungen öffnen, die mich deutlich schneller zum Boss bringen. Genauso finde ich Gegenstände, die etwas mehr über die Hintergrundgeschichte von Sifu verraten. Das alles wird an einer Pinnwand im Dojo gesammelt, in das ich zwischen den Missionen zurückkehre. Außerdem kann ich im dortigen Trainingsraum weiter an meinen Fähigkeiten feilen.

Ein Test der Geduld

Das viele Üben zahlt sich aus: Nach einer Weile stellt das erste Level kein Problem mehr dar. Ich weiß genau, welchen Gegner ich wie attackiere, wo sich Waffen finden lassen und welche Upgrades sinnvoll sind. Selbst einige Bewegungen laufen immer gleich ab, weil sie an bestimmten Stellen oder bei manchen Feinden besonders hilfreich sind. Zugleich bleibe ich voll konzentriert und zurückhaltend, denn Übereifer oder Sorglosigkeit bringen mich schnell zu Boden. 

Zum ersten Mal zeigt sich die Faszination von Sifu: Dank passender Taktik und ruhiger Spielweise kämpfe ich mich elegant und schnell durch die feindlichen Reihen. Das fühlt sich klasse an, denn ich weiß, dass ich mir diesen Fortschritt hart erarbeitet habe. Selbst den anfangs so mächtig wirkenden Endgegner räume ich ohne Mühe aus dem Weg, weil ich sein Angriffsmuster verinnerlicht habe. Dieser Erfolg gibt mir eine dicke Portion Selbstvertrauen!

Doch das Hochgefühl hält nicht lange an. Denn mit jedem Gebiet beginnt der Lernprozess aufs Neue. Selbst mein Wissen um das Timing von Blocks und Kontern hilft nur bedingt weiter, weil andere Gegner und damit auch Angriffsmuster hinzukommen. Ebenso muss ich meine Strategie bei den freischaltbaren Aktionen anpassen, mir die Fundorte der Waffen einprägen und möglichst selten draufgehen. Denn das Alter überträgt sich stets ins nächste Level: Mit knapp 60 Lenzen und lediglich ein paar übrigen Leben kann es schon schwierig werden, die erste Auseinandersetzung zu überstehen. 

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Die Weisheit “Man lernt nie aus” ist eindeutig das Credo von Sifu. Selbst nach zig Durchgängen kann ich mich noch steigern, weil ich einen kleinen Fehler erkenne oder eine gewisse Aktion geschickter einsetze. Doch die dafür erforderliche Geduld und Motivation immer wieder aufzubringen, stellt die größte Herausforderung dar. Freude und Enttäuschung liegen schließlich dicht beieinander. Mehr als einmal muss ich meinen Frust herunterschlucken und mich regelrecht zwingen, es noch einmal zu probieren. Aber es hat ja auch niemand behauptet, Kung-Fu zu lernen wäre ein Kinderspiel … 

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