Test - Sherlock Holmes: Das Geheimnis des silbernen Ohrrings : Sherlock Holmes: Das Geheimnis des silbernen Ohrrings
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So verbrachten wir stets die meiste Zeit damit, in der Szenerie nach Indizien sowie Beweisen zu fahnden und sie anschließend in der Baker Street zu analysieren. Ich muss allerdings eingestehen, dass mich meine Augen bei der Suche des Öfteren im Stich ließen – so klein waren manche Hinweise. Doch mich beruhigte, dass auch Holmes sich nicht ausschließlich auf seine Sehkraft verließ, sondern immer und immer wieder umständlich seine Lupe aus dem Mantel zog oder gar Maßband und Reagenzglas zur Hilfe nahm. Hin und wieder stellten sich uns sogar regelrechte Rätsel in den Weg, aber das war zum Glück nur selten der Fall.
Mein Metier hingegen war das Befragen von Zeugen. Während Holmes schnell zur Sache kam, gelang es mir, die Leute ins Plaudern zu bringen und ihnen auf diese Weise das ein oder andere Detail zu entlocken, welches meinem geschätzten Freund sonst entgangen wäre. Unsere Arbeitsteilung, wie ich es nennen möchte, gefiel mir sehr gut, machte ich mich doch auch zu allerlei nützlich und stand nicht nur in der Gegend herum, wie es früher oft geschehen war. So gesprächig ich mich zeigte, so schweigsam war Holmes dagegen über unseren Fall. Hatten wir neue Erkenntnisse gewonnen, stellte er uns etwa vor eine Art Quiz: Wir überlegten, ob wir alles richtig verstanden hatten und ordneten die gewonnenen Indizien – hilfreiche Tipps gab er uns dabei jedoch nicht.
Wo sind wir hier nur hineingeraten?Ohnehin machte ich mir in diesen Tagen Sorgen um Holmes Zustand. Seine Bewegungen weckten in mir vielfach Erinnerungen an die von dem geschätzten Dr. James Parkinson verfasste Abhandlung über Schüttellähmung: Insbesondere bei Drehungen fiel es ihm ganz offensichtlich schwer, nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren. Auch seine Mimik wirkte auf mich seltsam starr und leblos. Ich würde ihm gerne zu einer umfangreichen Untersuchung raten, doch behandelte er mich zuletzt häufig so kalt und abweisend, dass ich mir seine Antwort schon ausmalen könnte. Hoffentlich ist das nur die Aufregung der Arbeit, welche ihre Spuren hinterlässt – auch ich fühlte mich mitunter alt und matt.
Doch unsere Reise durch London und in die Umgebung ließ mich die negativen Seiten wieder vergessen: Selbst bei Regen kam ich nicht umher, die mir doch so vertraute Stadt immer wieder aufs Neue zu bewundern. Sei es das Anwesen von Sir Bromsby, die Niederlassung eines für mich leicht verrückten 'Forschers' oder seien es die Wälder, welche unsere Hauptstadt umgeben; ich hätte sie mir nicht schöner malen können. Und ständig gingen mir zu meiner Freude dabei Werke von Paganini und Mendelssohn durch den Kopf, die mich ruhig und aufmunternd zugleich vorantrieben – wenngleich Holmes der wirkliche Musik-Liebhaber von uns beiden ist.
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