Preview - Sea of Thieves : ... und ne Buddel voll Loot
- PC
- One
Rare ist schon lange nicht mehr die Softwareschmiede von damals, die unter Nintendos Lizenz regelmäßig Megahits aus dem Boden stampfte. Aber das könnte sich bald wieder ändern. Das Piraten-MMO Sea of Thieves beweist schon in seinem unfertigen Stadium, dass Kreativität noch in rauen Mengen vorhanden ist. Für einen Hit fehlt es bislang aber noch an Tiefe. Macht die Leinen los!
Der eine oder andere Spieleveteran mag anmerken, dass das Thema Piraten und Seefahrerei schon immer faszinierend, aber selten von kommerziellem Erfolg gekrönt war. Selbst der hochgelobte Klassiker von Sid Meier, der einst auf dem Commodore 64, dem Amiga und dem NES hoch im Kurs lag, gehörte nicht zu den Kassenschlagern seiner Zeit. Und wenn wir es genau nehmen, gab es auch schon einige MMOs zum Thema, die mehr oder minder in Vergessenheit gerieten. Bounty Bay Online, anyone?
Darum die berechtigte Frage: Was in aller Welt macht Rare anders? Wo liegt der Clou, der Spielwitz, das Erfolgsrezept, auf das die Designer Haus, Frau und Auto verwetten? Leider gibt die geschlossene Beta darauf noch keine eindeutige Antwort, aber mit wachsender Spielzeit kristallisiert sich eine gewisse Faszination heraus, die zweifellos süchtig machen kann. Eine gute Mannschaft mit möglichst wenig anarchischem Unterton vorausgesetzt.
Zusammen auf hoher See
Natürlich werden die typischen Klischees bedient. Die Romantik des weiten Meeres, der Zusammenhalt der Crew, das Erforschen des Unbekannten. Wahrscheinlich ist es die gesunde Mischung aus alledem, die den Reiz ausmacht, auch wenn angenommene Pflichten manchmal lästig sein können. Wenn vier Mann auf ihrer Nussschale umherschippern, muss jeder seiner Aufgabe nachkommen, sonst endet die Fahrt im Chaos. Einer geht ans Ruder, einer auf den Ausguck, ein dritter setzt Segel und richtet sie aus. Und wenn es zum Gefecht kommt, findet mindestens einer seinen Platz an den Kanonen.
Ist hingegen Not am Mann, gilt der umgekehrte Fall, denn ein einsam schuftender Freibeuter ist vor allem eines: langsam! Alleine das Leckwasser des angeknacksten Schiffes abzuschöpfen, dauert Ewigkeiten. Anker lichten ebenso. Alles eine Sache der Koordination, sofern denn alle Mitglieder einer Crew voll bei der Sache sind. Voicechat ist Pflicht!
Und was macht man so auf hoher See? Nun, zuerst einmal staunen ohne Ende! Während Landspaziergänge einen zwar ganz netten, aber wenig überraschenden Comicstil bedienen, der dem von Overwatch und Fortnite ähnelt, wirkt das Wasser ungemein realistisch und übernatürlich schön. Tiefes Blau mit aufschäumenden Wogen, die den Magen jeder Landratte in Speialarm versetzen, schmiegt sich geradezu lieblich an das Holz der Planken, als ob das Nass von seiner tödlichen Natur ablenken wollte. Je näher festes Land rückt, desto stärker zwingt euch ein Urlaubsstrandtürkis zu tiefen Seufzern. Einfach schön, vor allem bei Sonnenuntergang.
Zumindest bis zu dem Moment, wenn das Schiff havariert, weil der Steuermann vom Urlaub träumt. Dann erst wird einem klar, wie gefährlich und unvorhersehbar das Leben einer Piraten-GmbH ist. Hier wütet ein Sturm, da reißt einem ein quasi unsichtbares Riff den Schiffsboden auf und im schlimmsten Fall wollen Konkurrenten der gleichen Branche an eure Beute. Ran an die Kanonen und erst einmal lernen, wie man richtig feuert. Soll heißen: sich an die ballistische Kurve der schweren Kugeln gewöhnen, Geschwindigkeit und Kurs des gegnerischen Schiffs in den Schuss einrechnen, Wellengang beachten und den richtigen Zeitpunkt wählen. Puh, das Leben eines Freibeuters ist kein Zuckerschlecken.
Zum Glück bedeutet ein zerstörter Kahn nicht das Spielende. Vorübergehendes Landrattendasein beendet die Gutmütigkeit einer Meerjungfrau. Sofern ihr sie findet, versetzt sie euch auf ein brandneues Schiff, mit dem das Abenteuer weitergeht. Dieses Mal hoffentlich mit etwas mehr Glück (oder Verstand).
Leider ein wenig leer
Schade nur, dass die Welt bei all ihrer ausladenden Größe bisher ziemlich leer ist. Es gibt reichlich Inseln mit allerlei Siedlungen, doch haust dort (noch) niemand. Zumindest zum jetzigen Zeitpunkt in der Betaphase scheint die Spielwelt beinahe ausgestorben. Ausnahmen bestätigen die Regel. Genauer gesagt trifft man derzeit öfter auf unangenehme Zeitgenossen, als einem für den Einstieg lieb ist, denn Skelettkrieger beschützen wertvolle Schätze und strömen abenteuerlustigen Forschern bei Nacht entgegen. Nur Zunderbüchse und Gewehr halten sie euch vom Leib. Notfalls tut es auch ein Säbel.
Lästig, aber unumgänglich, denn von Skeletten beschützte Schätze finanzieren euch das täglich Brot, die Ausrüstung und die Instandhaltung des Schiffs. Gefunden werden sie nur mithilfe von Schatzkarte, Kompass, Schaufel und gutem Orientierungssinn. Hier kennt Rare kein Erbarmen. Das hat was von Action-Adventures aus guten alten 8-Bit-Zeiten. Nix da von wegen Inventar! Die schwere Kiste will auf das Schiff geschleppt werden, an weiteren Skeletten und Haien vorbei. Hoffentlich ist der Anlegeplatz nicht zu weit weg.
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