Special - Kolumne: PSP-Krisensitzung : Liebeserklärung und Brandbrief
- PSP
Jens teilt aus
Vielen Dank, lieber Michi. Ich schätze dich wirklich sehr als Kollegen und fachkundigen Spielejournalist, aber deine schon fast krankhafte Neigung zu diesem Stück toter Handheld-Hardware ist für mich einfach unbegreiflich.
Ich gebe zu, auch ich bin am Anfang dem Glamour und den vollmundigen Versprechungen von Sony erlegen. Im Juni 2005 war ich beruflich in Los Angeles und habe dort ein Heidengeld ausgegeben, um mit dem Taxi zu einem weit entlegenen Best Buy zu gurken, weil die PSP einfach überall ausverkauft war. Im Gegensatz zu dir hat sich meine Begeisterung allerdings schnell in Ernüchterung verwandelt. Bei meinem Umzug neulich habe ich die Fehlinvestition nochmal kurz in der Hand gehabt, vorher fristete meine PSP ein klägliches Dasein irgendwo ganz unten in einer Schublade. Und womit? Mit Recht!
Unhandlicher Klotz
Beginnen wir doch mal mit der Hardware: Wer nimmt heutzutage schon ein Gerät mit auf Reisen, dass nicht in eine Tasche passt? Habe ich Lust, die klobige PSP plus Adapter und zehn UMDs mit herum zu schleppen? Nein! Ich nehme mein iPhone mit. Das reicht. Da habe ich 20 Spiele dabei, die grafisch in derselben Liga spielen. Wenn du mir das nicht glaubst, dann schau dir bitte mal Grand Theft Auto: Chinatown Wars oder das neue Dead Space an. Gerade bei Dead Space auf dem iPhone 4 bezweifle ich, dass dieses Spiel in der Grafikqualität auf der PSP machbar wäre. Okay, es gibt God of War, aber das ist ein absoluter Ausnahmetitel. Genau wie auf den großen Sony-Konsolengeschwistern PS2 und PS3.
Moment mal, mit dem iPhone kann ich ja auch noch Emails abrufen, im Internet surfen und telefonieren. Dieses Teufelsding! Aber jetzt mit dem ominösen PSP-Telefon-Teil wird ja alles besser. Oder? Meiner Meinung nach nicht. Ich finde es ziemlich mutig von Sony, jetzt noch die Marke PSP pushen zu wollen, nachdem das Image des Handhelds vollkommen den Bach runter gegangen ist. Wenn man böse wäre, könnte man auch sagen, es wird weiter fleißig Geld verbrannt, um ein am Markt belangloses mobiles Spielesystem viel zu spät mit weiteren Features aufzurüsten.
Ich gebe dir durchaus Recht bei deiner Meinung, Sony habe ein grundsolides Gerät abgeliefert. Aber reicht "grundsolide" heutzutage noch aus, um am Handheld-Markt mit Nintendo DS und iPhone zu bestehen? Nein.
Zu wenig gute Software
Auch in einem anderen Bereich stimme ich dir zu: Es gibt durchaus gute Spiele für die PSP. Allerdings viel zu wenige. Was kommt denn nach den von dir aufgezählten Titeln noch, was sich wirklich zu spielen lohnt? Nicht mehr viel. Eigentlich gar nix. Okay, dein ebenfalls nicht erklärbares Fanboytum zu MGS möchte ich mal als mildernden Umstand gelten lassen. Aber was man meistens für die PSP bekommt, sind billige, lieblose hingeschluderte Abklatsch-Versionen bekannter PS2- bzw. PS3-Brands.
Und dann ist da ja noch der Preis für den Datenträger UMD. Zwar sind die Preise aufgrund der unpopulären Hardware zurück gegangen, ein PSP-Spiel kostet aber immer noch sehr viel mehr als ein Spiel aus dem AppStore. Und in diesem AppStore gibt es jeden Tag viele neue Spiele. Ich kann aus einer riesigen Bibliothek an Titeln auswählen, häufig gibt es auch kostenlose Probeversionen. Ich will nicht ewig rumrennen müssen, bis ich bei Rudis Resterampe den PSP-Titel meiner Wahl finde. Ich will Spiele downloaden, während ich im Büro arbeite oder an der Haltestelle warte.
Filme und Fazit
Ich kann mich sogar noch an Zeiten erinnern, als UMD-Filme die Regale bei großen Elektronikfachmärkten geziert haben. Wo findet man UMD-Filme heute? Wenn überhaupt, dann vielleicht noch am Billig-Grabbeltisch ganz hinten links. Das zeigt am deutlichsten, was aus der PSP geworden ist: Eine an allen Fronten gescheiterte Handheld-Konsole, deren Image am Boden ist. Und wenn Sony mit der Next Generation Portable nicht ein ganz großer Wurf gelingt, wird sie weiterhin dieses Nischendasein fristen. Sie wird weiterhin auf verblendete Jünger wie dich angewiesen sein, um zumindest ein paar Stück der überteuerten Hardware abverkaufen zu können.
Sony hat in Japan den Nachfolger der PlayStation Portable angekündigt. Das Next Generation Portable genannte Gerät soll Ende des Jahres 2011 weltweit erscheinen. Technische Daten, Impressionen und unsere Meinung haben wir in einem Artikel für euch zusammengefasst.
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