Test - Manor Lords : Test: Was ist dran am Hype-Aufbau-Spiel?
- PC
Es gibt neben den ganzen Checklisten zu Funktionalität, Grafik, Bedienbarkeit, Mechanismen, Progression und so weiter ein paar einfache Momente, an denen sich die wesentliche Frage eines Spieletests „Und, macht es Spaß?“ bemessen lässt. Etwa, was zwischen den Spiel-Sessions passiert. Sinniere ich beim Zähneputzen eher über ein paar Wortspiele für den Artikel oder gar, hier einen kurzen Schock-Schrei denken, über Dinge in meinem Leben jenseits des Tests? Oder grübele ich emsig über mein Erlebnis, freue mich schon auf den nächsten Tag und komme auf Ideen, Abläufe zu verbessern und mein Städtchen eine Spur effizienter aufziehen.
Richtig, Manor Lords fällt ganz direkt in diese Kategorie. Auch ein weiteres hochwissenschaftliches Kriterium – wie oft ich ungefragt am Frühstückstisch über Vergangenes und Geplantes hypothetisiere oder „Schau mal hier!“ durchs Wohnzimmer rufe. Denn dem Spiel gelingt über weite Strecken eine nicht eben einfache Gratwanderung. Etliche Systeme – Logistik, Produktionsketten, Bedürfnisse, Arbeitskraft, Handel und Militär – miteinander zu verweben, das kann ganz leicht schief gehen. Greifen die Systeme zu stark ineinander, sind Situationen, in denen wir unser Dorf in eine unaufhaltsame Abwärtsspirale manövrieren können, allerorten anzutreffen und schnell ein Motivationskiller. Ist die Interdependenz zu subtil, leidet die Glaubwürdigkeit und alsbald fällt auf, wie viel bloße Staffage in Lagerbeständen und Produktionskapazitäten liegt. Fast immer (aber eben nur fast!) hat Manor Lords ein gutes Maß gefunden, das auf forderndem Niveau nachvollziehbar bleibt und zum Optimieren anregt.
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Dass ich aber dennoch nicht völlig grenzenlos aus dem Hüttchen bin, verschulden ein paar Nickeligkeiten, die auch der Early Access nicht entschuldigt. Zum einen, richtig, das Wort „Fast“ im vorherigen Absatz. Für meinen Geschmack fiel etwa der Arbeitskräftebedarf immer einen Tick zu hoch aus, und selbst eine eher kleine Siedlung braucht einen Haufen Personal nur für die Basis-Funktion – einen Nahrungsmittelengpass abzupassen gerät da schnell zu einer kleinen Tortur.
Zum anderen, und ich weiß, dass ein Großteil aller Aufbau-Fans das anders sieht: Mit dem Fehlen von einer Kampagne oder Szenarien hat sich Manor Lords die Möglichkeit genommen, so geführt in das Spiel einzusteigen, wie es die recht strengen Mechaniken letztlich verlangen. Und natürlich auch um die Option, eine gute Geschichte zu erzählen. Die Ab-und-zu-Ärgernisse des Interfaces verzeihe ich dagegen.
Jede Person, die auch nur mittelbar etwas mit Aufbaustrategie anfangen kann, sollte sich davon nicht abhalten lassen und alsbald schöne Städte aufbauen, Regionen übergreifend handeln und erobern, denn der Daumen geht insgesamt klar nach oben.
Überblick
Pro
- ansprechende Optik, Animationen und Wuselfaktor
- überwiegend gut ineinandergreifendes System verschiedener Aufbaustrategie-Mechanismen
- meist nachvollziehbare Wirtschafts- und Produktionsabläufe
- befriedigendes Bauerlebnis mit einer organisch wirkenden, lebendig wachsenden Stadt
- gut konfigurierbare Spielweise – von einfach bis anspruchsvoll, von friedlich bis kriegerisch
Contra
- Möglichkeiten für Teufelskreise und Sackgassen
- einige unelegante Lösungen im Interface, kaum Accessibility-Einstellungen
- Keine Kampagne oder Szenarien
- Soundtrack und -samples wiederholen sich schnell
Awards
- PC
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