Test - LittleBigPlanet : Ein Sackgesicht eröffnet neue Horizonte
- PS3
Spielerische De-Konstruktion
Mit den Bonus-Items sind wir aber endgültig beim Editor angelangt - und der ist, um auf den Titel des Spiels zu verweisen, wirklich ein kleiner großer Planet für sich. In Wahrheit gab es wohl in noch keinem Konsolenspiel einen Editor, der dermaßen viele Möglichkeiten bietet. Hier sind der Kreativität der User wirklich kaum Grenzen gesetzt. Natürlich müsst ihr wohl oder übel die vorhandenen Teile benutzen. Aber ihr könnt die Materialien beliebig zurechtschneiden, zoomen, trimmen, verformen, frei platzieren und alles Mögliche damit anstellen.
Ein wichtiger Teil des Editors ist die Physik. Diese ist für ein Videospiel sehr komplex und für ein Jump'n'Run geradezu absurd exakt. Selbst schlichte Stage-Materialien reagieren physiksalisch korrekt auf die Materie. Beispiel: Ihr habt eine Ebene aus Holz und stellt eine Säule aus Gummi darunter - ein prima Sprungbrett. Wandelt ihr die Ebene in Stein um, zerdrückt sie jedoch die Säule oder kippt um.
Im Bastel-Modus könnt ihr frei in der Stage herumfliegen und das Geschehen pausieren. Erst wenn ihr die Pause entfernt, setzen die Physik, die Bewegungen und Sonstiges ein. Ein Flächenlimit gibt's im Level nicht, aber eine Mengengrenze. Ihr könnt nur eine bestimmte Menge an Sachen in eurem Level platzieren. Allerdings verschiebt sich dieses Limit immer weiter nach oben. Wer von anderen Usern für seine Stage eine gute Wertung erhält, darf mehr Sachen hineinpacken.
Aber auch ohne dies habt ihr eigentlich genügend Platz, um allerhand anzustellen. Ein wichtiges Feature sind dabei die Modifikationen, die ihr an vielen Objekten vornehmen dürft. So könnt ihr beispielsweise einstellen, was für eine Schraubendrehung ihr wählt, mit welcher Geschwindigkeit diese dreht und wie fest sie an dem jeweiligen Gegenstand verankert ist - auch hier kommt die Physik im wahrsten Sinne des Wortes ins Spiel.
Locker bastelt ihr mit den vielen Möglichkeiten beispielsweise Gegner mit eigener (relativ simpler) Intelligenz, stellt Punkte-Item-Spender ein, platziert Soundeffekt-Auslöser und vieles, vieles mehr. Auch das Outfit von Sackboy lässt sich munter ständig verändern. Und wer will, kann per EyeToy-Kamera gar eigene Fotos als Sticker ins Spiel integrieren. Für all das gilt: Tauscht eure Kreationen online mit anderen Leuten. Wer will, kann sogar mit mehreren Usern im Editor kreativ werden, sonderlich komfortabel ist das allerdings nicht, da ihr euch enorm häufig absprechen müsst und euch trotzdem öfters in die Quere kommt.
Aber Halt: Ihr braucht gar keine Levels zu basteln, wenn ihr nicht wollt. Anfangs versucht man sich besser daran, eine Domino-Reihe aufzustellen, ein völlig verrücktes Gefährt mit Raketenantrieb herzustellen, ein Minispiel zu entwerfen oder einfach im Editor herumzualbern. Eines ist nämlich klar: Der Editor verschlingt viel Zeit. Bis ihr das etwas unübersichtliche Menü und die Steuerung im Griff sowie die etwas eigentümliche Logik des Systems intus habt, dauert es vielleicht ein bis zwei Stunden. Außerdem seid ihr wohl oder übel dazu gezwungen, Tutorial-Videos anzuschauen und Trainingseinheiten zu absolvieren. Diese sind zwar nützlich, aber arg simpel, langsam und etwas kindlich.
Kindlich ist die ganze Präsentation von LittleBigPlanet, der visuelle Stil ist aber unheimlich gelungen. Sackboy ist ohnedies schon wundervoll niedlich, aber die ganze Baukastenpuppenwelt versprüht an allen Ecken und Enden enorm viel Charme. Interessanterweise haben selbst die Entwickler alle Dinge in "ihren" Levels mit dem Editor gebaut, entsprechend entdeckt man mit etwas Editorwissen überall die zunächst unscheinbaren Schrauben, Mechanismen und Bauteile wieder.
Man merkt überhaupt überall die Liebe zum Detail. So viel Wärme, Sympathie und Fröhlichkeit schon von der Grundeinstellung her erlebt ihr heutzutage selten in einem Videospiel. Dazu passt der Sound mit netten lizenzierten Musik-Tacks. Selbst der deutsche Sprecher klingt wie ein lieber Märchenonkel. Die Soundeffekte und die Rumble-Unterstützung sind dagegen etwas schwach. Obwohl das Geschehen in 2D gehalten ist, kann die Optik im Übrigen auch technisch überzeugen. Die Texturen sind schick und die Lichteffekte ansehnlich. Insgesamt wirkt die Präsentation äußerst stimmig. Trotzdem gibt es was zu meckern: Das Spiel läuft auf HDTVs nur in 720p - wer eine Full-HD-Kiste nutzt, muss mit einem unschönen Unschärfe-Scrolling leben.
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