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Test - Fortnite Festival : Test: Rock Bands Erbe schlägt schräge Töne an

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Man braucht nicht viel Fantasie, um die Verwandtschaft zwischen Fortnite Festival und Rock Band zu erkennen. Beide stammen zudem vom Musikspiel-Profi Harmonix, der inzwischen zu Epic gehört und sämtliche Musik-Events in Fortnite koordiniert. Der Entwickler aus Boston hat in der Vergangenheit mehr als ein spaßiges Musikspiel abgeliefert. Und doch fehlt Fortnite Festival etwas Essenzielles.

Der gute alte Musikspiel-Zirkus, könnte man nach einem flüchtigen Blick auf den neuen Fortnite-Spielmodus meinen. Das Design ist altbekannt, auch wenn es nun einen starken Hang zu lila Farbtönen zeigt, und das Konzept ist ähnlich genug, um Kenner wie Einsteiger innerhalb von Minuten mühelos heranzuführen. Also schnell mal online eingeloggt, bis zu vier Songs in eine Setliste gepackt, eines der vier Instrumente (Schlagzeug, Bass, Gitarre oder Gesang) samt Schwierigkeitsgrad gewählt und los geht es – auf Wunsch mit bis zu drei Bandkollegen.

Hurra, der Spielspaß ist also vorhanden? Nein, leider nicht. Was zur Hölle, Harmonix? Wie konntet ihr euer Kronjuwel vergeigen? Ungläubiges Kopfschütteln. Halb zugekniffene Augen, ein kurzes Kratzen am Kinn. Okay, noch ein Versuch. Wieder Kopfschütteln, dieses Mal energischer. Irgendetwas stimmt mit Fortnite Festival nicht, aber im ersten Moment ist es schwer, mit dem Finger darauf zu deuten. Spätestens nach einer halben Stunde fällt es einem wie Schuppen von den Augen: Diesem Spiel fehlt die Seele.

Alles wie früher?

Doch warum eigentlich? Das Basis-Rezept ist schließlich das gleiche wie bei den Musikspiel-Klassikern Guitar Hero und Rock Band: Rechteckige Symbole fahren auf einem virtuellen Förderband Richtung Ziellinie und wollen durch Knopfdruck passend zur hintergründig laufenden Musik aktiviert werden. Verpasst man eine Note, bleibt auch die Musik aus. Wie viel kann da schiefgehen?

Etwas simpler als früher ist es schon, denn bei drei der vier Schwierigkeitsgrade sind nur vier Notenspuren vorhanden. Lediglich bei der Auswahl des höchsten Niveaus sieht man das gewohnte Fünf-Spuren-Laufband. Allerdings wird das nun permanent durch einen Strich in eine linke und eine rechte Hälfte aufgeteilt. Notensymbole erscheinen in Konsequenz stets in einem Muster, bei dem auf der linken und der rechten Seite des Förderbands jeweils nur ein Ton aktiviert werden kann. Akkorde aus drei Noten existieren nicht mehr.

Und weil (zumindest aktuell noch) keine Plastikinstrumente verwendet werden dürfen, müssen Controller und Tastaturen als Ersatz für die Steuerung herhalten. Das erinnert stark an jene Proto-Musikspiele, die Harmonix in den frühen 2000er-Jahren veröffentlicht hat. Kein Beinbruch, der gefeierte Download-Titel Rock Band Blitz für PS3 und Xbox 360 gab sich schließlich auch mit Joypad-Eingaben zufrieden. Daran kann es also nicht liegen. Aber woran dann?

Aus allen Wolken gefallen

Verzeiht mir bitte, wenn ich an dieser Stelle für einen Moment persönlich werde, denn ich muss euch einen Kontext zu meinen Ansichten liefern, die aus einer engen Verbundenheit zu dieser Art Spiel entstanden sind – nicht nur wegen unzählbarer Stunden Spaß an der Konsole. Harmonix hat meine Hobbys maßgeblich beeinflusst. Sogar so sehr, dass man bei mir Befangenheit vermuten könnte.

Umso enttäuschender ist Fortnite Festival für mich. Es gibt nicht den einen großen Lapsus, dem man das mit einem ausladenden Pamphlet zuschreiben könnte, denn eine Portion Spaß trägt das altbekannte Konzept auch in seiner jetzigen Form noch in sich. Es sind mehrere Faktoren, die in der Summe viel wiegen.

Erinnern wir uns mal an Rock Band. Als Activision den Guitar-Hero-Erfinder ohne mit der Wimper zu zucken von seiner eigenen Marke ausschloss, war das Studio aus Boston gezwungen, von vorne zu beginnen. Was beim Neustart herauskam, war nicht nur eine konsequente Weiterentwicklung von Guitar Hero mit mehr Instrumenten, sondern ein Konzept, dessen Philosophie Activisions Nachfolge-Studios nie verstanden haben.

Fortnite Festival - Launch Trailer

Mit Fortnite Festival ist nun auch der dritte der drei neuen Spielmöglichkeiten in Fortnite gestartet.

Neversoft und Vicarious Visions lieferten ohne Frage gute Guitar-Hero-Sequels, kamen aber nie dahinter, warum das gemeinsame Spielen in einer Band – und damit das buchstäbliche Ergänzen der Musikanteile untereinander – so viel mehr Spaß machte, als das parallele Abschrubbeln an der Plastikklampfe. Das legte Guitar Hero selbst dann nicht ab, als Schlagzeug und Gesang dazukamen. Rock Band war Couch-Koop auf dem höchsten Niveau. Couch-Koop? Was für eine Untertreibung! Partytauglich war das. Glaubt ihr nicht? Ich kann das Gegenteil beweisen, denn Rock Band verschaffte mir einen Nebenjob als Party-Host (und DJ) in Berlins größter Karaoke-Bar. Welches andere Spiel hätte das vermocht?

Die Gamifizierung meines sowieso schon liebsten Hobbys (Musik machen) grub sich dabei Jahr für Jahr tiefer in das Kulturverständnis der Fans ein. So brachten DLCs etlichen Gamern Songs aus der Rock-Historie näher, die sie anderweitig womöglich nie kennengelernt hätten. Spätestens, als in Rock Band 3 eine echte Gitarre samt Tabulatur-Schrift dazukam, wurden viele zusätzlich motiviert, das Spielen handfester Instrumente zu lernen – mich damaligen Gitarristen mit Rost-Fingern eingeschlossen. Ohne Rock Band hätte ich mir nie ein echtes Schlagzeug gekauft.

Wenn die Band zum Solo-Vergnügen wird

Lange Rede, kurzer Sinn: Harmonix‘ Dauerbrenner war (und ist noch immer) mehr als nur ein Reaktionsspiel mit Plastikinstrumenten. Es geht um nicht weniger als eine interaktive Adaption Orff’scher Musikphilosophie mit einer so starken Wirkung, dass die Community den letzten Teil bis zum heutigen Tag unterstützt, obwohl schon lange keine Kunststoff-Klampfen mehr verkauft werden. Der letzte DLC für Rock Band 4 erschien Ende Januar dieses Jahres – nach ganzen 17 Jahren ist tatsächlich Schluss mit Rock Band.

Fortnite Festival hätte in diese großen Fußstapfen treten können, aber es funktioniert nicht mehr. Es inspiriert nicht. Es trägt den Band-Gedanken nicht, weil man nicht mehr zusammenspielt. Man spielt parallel, ohne die anderen (bis zu drei) Bandkumpanen und ihre Erfolge zu vernehmen. Man sieht ihre Notenspuren nicht und man hört es nicht, wenn sie Noten verpassen. Lediglich eigene Fehler resultieren in ausgeblendeter Musik.

Warum auch, kann ja sowieso jeder Teilnehmer jedes beliebige Instrument spielen, egal ob schon jemand anderes denselben Posten belegt. Drei Drummer in einer Band? Kommt ziemlich oft vor. Fortnite Festival übernimmt somit das seelenlose gleichzeitige Abnudeln von Guitar Hero, statt den gemeinschaftlichen Bandgedanken von Rock Band weiterzuführen. Eigentlich steckt sogar noch weniger dahinter, denn es gibt keine messbare Interaktion mit anderen Spielern. Man blickt verdutzt aus der Wäsche, wenn man erst nach dem Ende eines Online-Auftritts merkt, dass ein oder zwei Spieler die Band vorzeitig verlassen haben.

Noten ohne Musikbezug

Und als ob das noch nicht genug wäre, fehlt den Notencharts auch noch eine Nachvollziehbarkeit. Rhythmisch passt alles wie gehabt, aber strukturell herrscht Beliebigkeit, was an einem üblichen Controller bereits stört, weil das Gefühl entsteht, rein nach optischer Analyse zu spielen. Das wird aber zu einem viel ernsthafteren Problem, wenn Harmonix tatsächlich das Versprechen einlöst, Unterstützung für jene Plastikinstrumente zu implementieren, die womöglich noch in eurem Keller Staub sammeln.

Was nützt euch ein Schlagzeug, wenn ihr die Bassdrum oder eure TomToms nicht von anderen Schlagelementen unterscheiden könnt? Bei Rock Band hatte jede Schlagfläche ihren eigenen Platz und ihr fest zugeteiltes akustisches Element. Links die Snare, in der Mitte die TomToms, rechts die Floor-Tom. Fortnite Festival legt die Noten hingegen nach Geratewohl aus und doppelt sie gelegentlich ohne nachvollziehbaren Grund, damit ihr euch am Joypad nicht langweilt. Würde ein Schlagzeuger versuchen, diese Noten zu interpretieren, hätte er keinen Bezug zum Song mehr. Er könnte nur blind der Notierung folgen.

Für Plastik-Gitarristen und -Bassisten wären die Folgen weit weniger einschneidend, weil die Musik, die theoretisch aus etlichen Noten vieler Tonlagen bestehen kann, auf vier oder fünf Knöpfe reduziert wird. Aber auch ihnen gingen Bezüge verloren, die einerseits die Herausforderung steigern, andererseits das Spielen des vorliegenden Musikstücks auf Basis musiktheoretischer Gegebenheiten einigermaßen nachvollziehbar machen würden.

Bestes Beispiel dafür sind Akkordstrukturen. Bei Rock Band wurden Moll- und Dur- Dreiklänge genauso unterschieden wie in der Realität, nämlich durch die Platzierung des mittleren Tons als großes oder kleines Intervall (also kleine Terz oder große Terz). Selbst Spieler, die keinen Plan von Musiktheorie hatten, konnten den Unterschied heraushören und haptisch zuweisen, was für das Üben perfekter Runs (sogenannter Full Combos) von Vorteil war.

Da nun auf jeder Seite des Notenbands nur eine Note stehen darf, ist das nicht nur aufgrund der fehlenden dritten Note unmöglich, sondern auch aufgrund der erzwungenen Abstände. Ändert Harmonix hingegen die Notierung bei Verwendung von Plastikinstrumenten, entsteht ein Ungleichgewicht im Schwierigkeitsgrad, das Joypad- und Tastaturspieler erheblich bevorzugt. Wie man es auch dreht: Aus musikalischer Sicht wird niemand aus diesem Konzept schlau. Ach ja, Karaoke gibt es übrigens auch nicht mehr. Ihr klopft für den Sänger ebenfalls Notenklötzchen ab. Unglaublich, aber leider wahr.

Ein teurer Spaß

Vielleicht gehört ihr zu jenen Spielern, denen der musikalische Bezug schon immer egal war. Eventuell gehört ihr auch zu jenem besonders jungen Publikum, das mangels Alter sowieso noch nie etwas mit den klassischen Musikspielen am Hut hatte, aber angesichts der vorhandenen Musikauswahl unzweideutig von Fortnite Festival umworben wird. In beiden Fällen fehlt euch eine Vergleichsmöglichkeit, sodass ihr angesichts meiner Kritik nur gleichgültig mit den Schultern zuckt.

Dann dürfte euch zumindest der monetäre Faktor interessieren, denn ein Musikstück kostet gesalzene 500 V-Bucks. Das sind etwa 4,50 Euro und somit fast das Doppelte von dem, was ein DLC-Song bei Rock Band veranschlagt! Ein gesalzener Preis, sofern ihr Fortnites interne Währung nicht in großen Mengen erwerbt, wodurch Rabatte gewährt werden. Selbst beim Kauf von V-Bucks für 90 Euro kommt ihr nicht unter 2,90 Euro pro Song weg. Heftig!

Immerhin: Ein Liedchen spielen oder zwei Mal kurz reinschauen könnt ihr auch ohne das Zücken der Kreditkarte. Epic und Harmonix stellen durchgängig zehn Songs vor, die ihr kostenlos spielen dürft. Diese Auswahl wird in regelmäßigen Abständen verändert. Allerdings besteht Epics Anteil aus hauseigenen Synthie-Kompositionen, deren Qualität stark schwankt.

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