Special - Faktoren des Erfolgs: Teil 4 : Die letzte Hürde vor dem Jubel
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Auch die richtige PR-Strategie vor und während der Veröffentlichung spielt eine Rolle. Wer sich nicht ins Gespräch bringt, der kann auch nicht erwarten, dass viele Spieler auf den Titel aufmerksam werden. Deswegen engagieren Publisher PR-Agenturen oder beauftragen ihre interne PR-Abteilung damit, die Presse regelmäßig und möglichst kontrolliert mit neuen Informationen zu füttern - das klappt mal mehr, mal weniger gut. Besonders skurrile Aktionen bringen Aufmerksamkeit: So verkaufte der noch junge Hamburger Publisher Daedalic die Vermarktungsrechte seines Spiels 'Edna bricht aus' über ebay - allerdings nur für den Inselstaat Vanatu. Bei besonders wichtigen Spielen hält man die Fachredakteure mit Eventeinladungen bei der Stange, wo Vorabversionen gespielt werden. Schwere Geschütze werden auch auf Messen wie der Games Convention, der E3 oder der Tokyo Game Show aufgefahren.
Schlechte PR sorgt dagegen zumindest vorübergehend für eine ablehnende Haltung. Beispiele hierfür wären etwa die Entlassung des Gamespot-Chefredakteurs Jeff Gerstman, nachdem Publisher Eidos dessen Test zum Spiel 'Kane & Lynch: Dead Men' nicht in den Kragen passte - das aber mit dickem Budget beworben wurde. Ähnliches zeichnete sich kürzlich in Deutschland ab: Atari soll mit den internationalen Wertungen zu 'Alone in the Dark' nicht einverstanden gewesen sein und schickte diversen Redaktion kurz nach Veröffentlichung der Tests Unterlassungserklärungen zu. Nachdem dieses Thema durch alle Medien ging, dürfte der Ruf von Atari ziemlich ramponiert sein. Dabei spielt es - besonders im Falle von Gamespot/Eidos - noch nicht einmal eine Rolle, ob die oft gemunkelte Faktenlage überhaupt stimmt.
Die richtige PR, um im Gespräch zu bleiben, und später eine passende Werbekampagne: Beides Faktoren, die unmittelbaren Einfluss auf die Verkaufszahlen haben. Den nichtkommerziellen Erfolg können PR und Marketing normalerweise nicht beeinflussen. Normalerweise. Mal abgesehen von der Bestechung, die jedem professionellen Spieleredakteur mindestens einmal im Leben vorgeworfen wird, gibt es auch andere Taktiken, um den Ruf zu polieren: Guerilla-Marketing zum Beispiel. Dabei schleichen sich bezahlte User in Foren ein, um ein bestimmtes Spiel besonders zu loben. Je professioneller der User dabei vorgeht, desto geringer ist die Chance, ihn zu entlarven. Schon aus diesem Grund sollte man Foren und Bloggern nicht mehr trauen als den professionellen Redaktionen.
Fazit: Ohne am Produkt selbst zu schrauben, lässt sich ein Spiel vom Durchschnittstitel zum Verkaufserfolg katapultieren. Wichtig hierfür sind nur die richtigen PR- und Marketinginstrumente, der Verkaufspreis und nicht zuletzt auch der perfekte Zeitpunkt. All das muss stimmen, um Spiele perfekt zu positionieren. Klappt es nicht, leiden sowohl die Verkaufszahlen als auch die Kritiken bisweilen darunter. Dennoch gilt: Diese Faktoren allein können noch kein schlechtes Spiel in ein gutes verwandeln.
Als Resümee aller vier Artikelteile sollte man eines zunächst betonen: Es spielen immer viele verschiedene Faktoren eine Rolle. Eine starke Marke kann auch durch schwache Qualität untergehen - so beinahe geschehen bei 'Tomb Raider' oder der PC-Version von 'FIFA', die sich beide erst durch die besseren Umsetzungen in jüngster Zeit wieder erholen konnten. Langsam, aber sicher laufen die wieder zur Topform auf. Die Konkurrenz hingegen strauchelt: Plötzlich ist es Konami, die unter dem Verdacht stehen, mit 'Pro Evolution Soccer' künftig nur noch jährliche Updates auf den Platz zu schicken.
Doch selbst wenn ein Spiel ein potenzieller Hitkandidat ist, kann er von den Spielern ignoriert werden, weil er auf der falschen Plattform erscheint oder sich mit dem falschen Szenario auseinander setzt - oder noch schlimmer: keine Alterseinstufung bekommt. Wir haben in den letzten zwölf Monaten gesehen, wie grandiose Spiele wie 'World in Conflict' oder 'Crysis' im Handel strauchelten und hinter den Erwartungen zurückblieben, obwohl beide mit Höchstnoten aus den Testberichten der Fachpresse hervorgingen.
Was bleibt? Die Erkenntnis, dass selbst ein scheinbar perfekter Titel auf der Zielgeraden stolpern und fallen kann; dass ein neuer Superstar wie Phönix aus der Asche steigen kann, ohne im Vorfeld allzu viel Aufmerksamkeit bekommen zu haben. Aber es bleibt auch hängen, dass man ein Spiel zumindest aus Händlersicht fördern kann - Marke oder Marketing, PR oder Preis, Entwickler oder Erscheinungsdatum: Es gibt eine Hand voll Faktoren, die über Hit oder Flop entscheiden. Wer sie kennt, kann Spiele nicht nur besser machen, sondern auch erfolgreicher vermarkten. Und davon profitieren letztlich nicht nur die Hersteller, sondern auch die Spieler selbst - und sei es nur durch eine neue, innovativere Fortsetzung einer noch jungen Marke.
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