Test - Blasphemous 2 : Das biblische 2D-Souls-like bittet zur zweiten Messe
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In der seit Jahren geschmiedeten Formel von Souls-likes finden sich mittlerweile einige unumstößliche Grundsätze. Knüppelharte Schwierigkeit und packende Bosskämpfe verstehen sich von selbst. Doch auch ein möglichst unfreundliches Setting, das Spieler dennoch magisch in seinen Bann zieht, gehört unverkennbar in das Rezept. Blasphemous bewies 2019 eindrucksvoll, dass würdige 2D-Vertreter des Hype-Genres selbst in simpler Pixel-Grafik sprießen können. Nun bittet das spanische Studio The Game Kitchen zur zweiten Messe und baut bewährte Qualitäten aus, ergänzt das biblische Abenteuer dabei aber um frische Nuancen.
Breche ich Blasphemous 2 auf die grundlegenden Mechaniken herunter, existieren quasi keine Unterschiede zum Erstling. Ihr schlüpft in die eiserne Zipfelmütze des sogenannten Büßers und erkundet die düstere Welt Cvstodia. Die ist gespickt mit religiösen Anspielungen und kryptischen Beschreibungen, die ein deutliches Bild vermitteln: Der Herrgott agiert nur in den seltensten Fällen gnädig und entsprechend leben die wenigen verbleibenden Bewohner in Furcht.
Cvstodia selbst orientiert sich beim Aufbau an klassischen Metroidvanias. Einige Wege öffnen sich euch nur, wenn ihr passende Skills freigeschaltet habt, andere Pfade wiederum schicken euch urplötzlich in bereits bereiste Gebiete. Eines haben aber alle Ecken der Welt gemein: Es lauern unheilige Feinde auf euch. Diesen stellt ihr euch in schnellen Kämpfen, die kaum Raum für Fehler lassen, sonst schickt euch das Spiel flotter zur Hölle als der Heilige Vater ein Stoßgebet gen Himmel richten kann.
Den eifrigen Büßern unter euch kommen jetzt vermutlich Erinnerungen an vergangene Tage hoch. Doch ich muss euch beichten, Blasphemous 2 hebt sich in genau den richtigen Punkten vom Erstling ab, damit sich die zweite Pilgerfahrt des Büßers frisch genug anfühlt.
Alle drei zusammen
Die wohl drastischste Änderung stellt das vergrößerte Arsenal eures Büßers dar. Wo ihr im Vorgänger lediglich zum treuen Schwert „Mea Culpa“ greifen konntet, prügelt ihr eure Gegner nun mit drei verschiedenen Waffen zurück zu ihrem Schöpfer. Zu Beginn müsst ihr euch noch zwischen dem Standard-Schwert Ruego Al Alba, der Kettenkeule Veredicto und der Degen-Dolch-Kombi Sarmiento & Centella entscheiden. Doch keine Sorge, nach einiger Zeit in Cvstodia findet ihr die zwei zurückgelassenen Tötungswerkzeuge wieder und wechselt fortan fröhlich zwischen den drei Optionen hin und her.
Je nach Gegner und Situation erweisen sich die Eigenschaften der drei Waffen als mehr oder weniger hilfreich. Ruego Al Alba hält die Waage zwischen Schaden und Schnelligkeit, Sarmiento & Centella teilen schnelle Stiche mit geringem Schaden aus und um Veredicto zu schwingen, müsst ihr etwas Zeit einrechnen. Dafür verursacht die große Kugel massiven Schaden in mehreren Treffern und kann optional Feuerschaden austeilen.
Ihr müsst euch aber nicht mit den Standard-Skills der Waffen begnügen. Jede bringt einen eigenen Skilltree mit sich. Mit gefundenen und verdienten Zeichen des Martyriums schaltet ihr frische Skills frei, die neue Moves ermöglichen oder die Prügel mit einem aufladbaren Spezialmodus versehen. Auch Konterangriffe erhaltet ihr so - und die erweisen sich als immens wichtig. Denn durch die Sidescroller-Natur lässt euch Blaspemhous 2 nur eingeschränkte Möglichkeiten, um feindlichen Attacken zu entgehen. Entweder ihr rutscht unter ihren Angriffen flink hindurch. Oder ihr werft ihre Angriffe durch die eben genannten Konter im richtigen Moment auf sie zurück. Allerdings funktioniert das nicht bei jedem Feind.
Die Riege an Gegnern kommt erfahrenen Pilgern teilweise aus dem Vorgänger bekannt vor, etwa die Doppelpeitschen-Ketzer. Doch freilich bietet Blasphemous 2 auch einige frische Widersacher wie große Helmträger, die euch mit riesigen Keulen nach dem Leben trachten. Die Keilereien laufen gewohnt knackig und präzise ab, durch die gefühlt verringerten Abklingzeiten eurer Zauber und die drei Waffen kommt sogar noch etwas mehr Dynamik ins Spiel. Trotz all der Möglichkeiten stellt Blasphemous 2 aber keinesfalls einen Sonntagsspaziergang dar und knüppelt euch gnadenlos nieder, seid ihr unaufmerksam.
Als große Highlights fungieren aber freilich die Bosse, die mich gelegentlich an den Rand der Weißglut trieben. Das lag aber nie an unfairen Designs, mies gesetzten Checkpoints oder schlechtem Balancing, vielmehr bestraft Blasphemous 2 euch gnadenlos für Ungeduld und Ignoranz. Egal ob riesige Leiche oder blutrünstiger Wächter, observiert ihr die Angriffsmuster genau und kennt eure Fenster zur Attacke, dann geht ihr nach wenigen Versuchen siegreich aus den Kämpfen hervor – und fühlt euch einfach gesegnet!
Alle Wege führen zum Anfang
Wie schon beim Vorgänger schafft es The Game Kitchen auch mit Blasphemous 2, eine gekonnt ineinander verzahnte und mit Geheimnissen gespickte Welt zu liefern. In Kombination mit den drei neuen Waffen gestaltet sich die Erkundung aber noch einmal deutlich vielfältiger und spaßiger. Zumindest, wenn ihr herausfindet, wie ihr sie einsetzt. Denn in bester Souls-like-Tradition erklärt euch das Spiel quasi nie, was genau zu tun ist.
Nach etwas Herumprobieren folgen aber große Momente der Erkenntnis und ihr bewegt euch in einem Affenzahn durch Cvstodia. Mit Veredicto läutet ihr große Glocken, deren Schallwellen kurzzeitig Durchgänge öffnen und Plattformen erscheinen lassen. Sarmiento & Centella hingegen erlauben, spezielle Spiegel als Kurzstrecken-Teleportationspunkte einzusetzen, und ein Abwärtshieb mit Ruego Al Alba zerstört besondere Barrieren.
Kombiniert Blasphemous 2 diese Möglichkeiten mit weiteren Skills wie dem Doppelsprung, entstehen knifflige Hüpfpassagen, die eure Hand-Augen-Koordination fordern. Besonders knifflig fallen sie aus, wenn an ihrem Ende optionale Schätze auf euch warten. Zum Ärgernis mutiert aber bisweilen die nicht immer zuverlässige Abfrage beim Griff nach Kanten. Für meinen Geschmack stürzte ich eindeutig zu häufig ab, weil der Büßer sich ums Verrecken nicht festhalten wollte. In den meisten Fällen funktioniert das System aber sauber.
Genre-Standard? Nicht ganz
Nicht nur bei der Sidescrolling-Perspektive hebt sich Blasphemous 2 von der Souls-like-Blaupause ab. Geht ihr hops, verliert ihr beispielsweise nicht alle eure Tränen der Abbitte, quasi die Seelen des Spiels. Stattdessen belegt das Spiel eure Inbrunstleiste mit einem verdornten Bereich, den ihr entweder durch eine kostenpflichtige Beichte entfernt oder indem ihr an den Ort eures Ablebens zurückkehrt. Das solltet ihr auch dringend tun, sonst ist Essig mit Gebeten und Versen, den Zaubern des Spiels.
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Durch eine Rast am Betpult füllt ihr eure Gallenflaschen zur Heilung auf, auch eure Lebenspunkte regenerieren sich hier. Der Büßer erhält außerdem durch Heiligenfiguren passive Boni, und die bekannten Rosenkranzperlen werten diverse Stats auf. Aufleveln könnt ihr ihn hingegen nicht. Die Tränen der Abbitte investiert ihr bei den Händlern in Figuren, Perlen oder Zeichen des Martyriums. Grinden hilft also nicht weiter, Skill schon.
Etwas schade fand ich, dass die Story wie schon beim ersten Teil etwas ins Hintertreffen gerät. Im Auftrag von Anunciada aus den himmlischen Bergen sollt ihr die Geburt des Kindes des Orakels aufhalten. Dazu gilt es, die großen Büßer Orospina, Benedicta, Odón, Lesmes und Eviterno zu verkloppen. Item-Beschreibungen liefern zwar etwas Hintergrundinfos, aber so richtig tiefschürfend wie bei den großen Vorbildern fällt die Geschichte trotz des einzigartigen Szenarios nie aus.
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