Special - BioShock: Infinite : Tim Gerritsen in Plauderlaune
- PC
- PS3
- X360
AP: Wie sieht es aus, gibt es durchgehend Action oder auch ruhigere Abenteuer- oder Erkundungspassagen?
TG: Ja, auf jeden Fall. Die Demo gestern Abend war absichtlich sehr kompakt und zeigte nur einen Teil der Spielmechaniken. Es war schon eine echte Herausforderung, uns zu überlegen, was wir überhaupt bei dieser ersten Präsentation zeigen. Aber es geht auf jeden Fall um Erkundung, darum zu lernen, was in dieser Spielwelt passiert ist, die Erzählung. Es gibt ja auch Abschnitte, wo die Bewohner der Stadt nicht gleich auf euch feuern. Ihr geht zum Beispiel in eine Bar, wo fünfzehn Leute herumsitzen, und ihr habt keine Ahnung, wie sie reagieren werden und wie ihr mit der Situation umgeht. Attackiere ich sie oder warte ich, was sie tun? Das erzeugt viel mehr Spannung als Situationen, wo gleich irgendein Irrer auf euch zugerast kommt. Der Wechsel aus Situationen, wo ihr mit Action oder Nachdenken durchkommt, ist diesmal ein wesentlicher stärkerer Bestandteil.
AP: Wie schaut es mit der Bewegungsfreiheit des Spielers aus, kann er überall hin oder sind Wege im Rahmen der Geschichte noch verschlossen?
TG: Es ist definitiv kein Open-World-Spiel, das ist nicht unsere Philosophie. Es ist ein erzählerisches Action-Spiel. Aber es wird auf jeden Fall verschiedene Wege geben. Ihr habt gestern die Schienensysteme gesehen, welche die schwebenden Häuserblocks verbinden. Davon gibt es viele, denn wir wollten das Gefühl von Freiheit und Bewegung bieten. Wenn ihr von einem Punkt zum anderen wollt, werdet ihr immer verschiedene Möglichkeiten entdecken, die sich auch spielerisch auswirken. Zum Beispiel indem ihr einen Weg findet, eventuellen Gegnern in den Rücken zu fallen oder sie gar ganz zu umgehen. Vielleicht entdeckt man dabei sogar einen Bereich der Spielwelt, von dem man noch gar nichts wusste. Das bietet uns sowohl spielerisch als auch erzählerisch viele Möglichkeiten. Das Spiel soll schließlich keine lineare Bahnfahrt werden.
AP: Die Geschichte dreht sich ja unter anderem um einen Konflikt in Columbia. Gibt es dort mehrere Fraktionen oder hat man noch andere Verbündete außer Elisabeth?
TG: Darüber werden wir später mehr verraten, aber es handelt sich um eine ganze Stadt in den Wolken. Dementsprechend gibt es dort auch unterschiedliche Gruppierungen. Nicht jeder wird hinter euch her sein. Elisabeth selbst ist ein Sonderfall, sie lebt nicht freiwillig dort, sondern wurde entführt und von der Welt abgeschottet. Sie muss sich ebenso wie ihr dort zurechtfinden und die Gefahren der Spielwelt kennenlernen. Ihr selbst seid dieser unehrenhaft entlassene Pinkerton-Detektiv, von dem jeder weiß, dass er ein Mann ist, der Dinge einfach erledigt. Darum kommt die Person, die den Auftrag gibt, Elisabeth zu suchen, auch zu Booker. Er wiederum ist der Schlüssel, die Stadt zu finden, von der eigentlich niemand weiß, wo sie ist. Wie das alles zusammenspielt und welche Gruppen es in der Stadt gibt, werdet ihr nach und nach im Spiel erfahren.
AP: Wird Infinite ein reiner Einzelspielertitel oder macht ihr euch schon Gedanken über Mehrspielermodi?
TG: Alles, was ich dazu sagen kann, ist: Falls wir einen Mehrspielermodus machen, dann wollen wir etwas Besonderes entwickeln. Wir wollen unsere Zeit nicht mit banalen Dingen wie Deathmatch oder CTF verschwenden. Wir wollen eine Erfahrung schaffen, die anders ist als bei allen anderen Spielen. Falls wir also einen Mehrspielermodus produzieren, dann nur, wenn er etwas Besonderes und Originelles ist, das wir den Spielern bieten wollen. Wenn wir das schaffen können, wird es einen Mehrspielermodus geben. Wenn nicht, dann nicht.
AP: Verwendet ihr weiterhin die Unreal-Technologie?
TG: BioShock 1 und 2 verwendeten die Unreal-II-X-Engine, eine späte Modifikation der Unreal-II-Technologie. Infinite verwendet die Unreal-III-Engine, die aber massiv modifiziert wurde. Die Engine bildet quasi nur die Basis für unsere eigens entwickelten Technologien. Wir haben ein nagelneues Lighting-System, das für unsere Zwecke viel mehr Möglichkeiten bietet. Auch auf Dynamic Lighting haben wir viel mehr Einfluss, als die Unreal-Engine es uns erlauben würde. Die schwebenden Stadtteile basieren ebenfalls auf einer eigenen Technologie, die das Gefühl des Schwebens und der Bewegung viel besser wiedergibt. Das Gefühl von Höhen, Tiefen und der Angst zu fallen muss bei einem solchen Szenario einfach stimmen, sonst funktioniert es nicht. Unsere Technik erlaubt es uns, das umzusetzen, ohne dass es Performance-Probleme gibt, denn das Spiel muss auf allen Plattformen laufen. Quasi alles ist darauf abgestimmt, was im Spiel passiert und erzählt wird.
Aber versteh das nicht falsch: Auch wenn es um dieses Gefühl der Höhe und die Angst vor dem Sturz geht, gibt es keine unfairen Todesfallen. Es ist eine echte Herausforderung, dem Spieler das Gefühl von Angst zu geben, aber alles so auszubalancieren, dass er sich frei bewegen kann, ohne dauernd zu sterben und neu laden zu müssen.
AP: Wie sehen eure Pläne für die Zukunft aus, werdet ihr an der BioShock-Marke festhalten?
TG: Wir sind momentan vollauf mit Infinite beschäftigt uns stecken dort all unsere Energie rein. Wir haben derzeit noch gar keine Möglichkeit, darüber nachzudenken, wie das nächste Spiel aussehen könnte. Wir wollen dieses Spiel zu einer einzigartigen Erfahrung machen und wenn wir versagen, haben wir keinen Grund, über weitere Spiele nachzudenken.
AP: Wie lange arbeitet ihr schon an Infinite?
TG: Nun, wir haben 2008 damit begonnen, also rund zwei Jahre. Wir hatten noch das eine oder andere zu tun, um BioShock fertigzustellen, wie die PS3-Version und die Download-Inhalte. Wir sind derzeit quasi mittendrin, das Spiel soll ja in zwei Jahren erscheinen.
AP: Wie schwer war es, alles zwei Jahre lang geheim zu halten?
TG: Wahnsinnig. Wir wurden immer wieder bedrängt und gefragt, an was wir eigentlich arbeiten. Währenddessen haben wir uns Gedanken gemacht, wann und wie wir das Spiel eigentlich enthüllen wollen, damit wir den Leuten auf Anhieb klarmachen können, was die Essenz des Spiels ist. Schlussendlich wollen wir nicht einfach nur einen Nachfolger machen, sondern ein einzigartiges Spiel. Das Schöne ist, dass uns 2K da voll unterstützt. Sie kamen nicht an und fragten nach einem Sequel mit diesen und jenen Features. Stattdessen haben sie uns gefragt, was wir gerne machen möchten, und genau das tun wir jetzt. Das gibt uns natürlich die Möglichkeit, mit vielen Ideen und Konzepten zu arbeiten. Wir wollten es ankündigen, wenn der richtige Moment erreicht ist, und wir hatten das Gefühl, dass es jetzt so weit wäre. Schlicht und einfach, weil wir jetzt den Punkt erreicht haben, an dem wir für uns selbst alle Fragen hinsichtlich des Spiels beantwortet haben.
AP: Es gibt ja immer wieder, gerade bei uns in Deutschland, die Diskussion, ob Spiele als Unterhaltungsprodukt auch einen künstlerischen oder kulturellen Wert haben. Bei uns wird das ja bisher nur sehr zögerlich und mit vielen Vorbehalten akzeptiert. Für mein Gefühl war das erste BioShock da sicherlich auf dem richtigen Weg, sowohl erzählerisch als auch vor allem durch die Schaffung der Stadt Rapture. Ist das für euch ebenfalls ein wichtiger Aspekt?
TG: Wir entwickeln Spiele, an die wir glauben. Wir haben hier dieselben Diskussionen und Streitigkeiten. Wir glauben aber fest daran, dass diese Diskussion eigentlich sinnlos ist, weil Spiele längst ein fester Bestandteil von Kunst und Kultur sind. Es ist passiert, die Revolution ist vorbei. Schau zurück in die 70er oder 80er, es gab dort immer eine treibende Kraft im kulturellen Bereich. Und derzeit sind das definitiv die Spiele. Fast jeder beschäftigt sich damit, selbst in den Mainstream-Medien liest man immer wieder über neue Spiele. Spieleveröffentlichungen gehören zu den Höhepunkten des Unterhaltungsbereiches. Einige Spiele fahren sogar mehr Geld ein als Blockbuster-Kinofilme. Als wir aufgewachsen sind, haben nur einige wenige Nerds gespielt. Und schau jetzt: Jeder tut es. Mittlerweile kennt so ziemlich jeder Wii, PlayStation oder Xbox. Die Debatte ist vorbei, es ist längst passiert. Spiele sind ein fester Bestandteil unserer Kultur.
Kommentarezum Artikel