Test - Bionic Commando : Viel Schwung auf eurem Rechner
- PC
Wie ihr dorthin kommt, bleibt eurer Kreativität und eurem Mut überlassen. Der Arm ist das große Auffangnetz, der doppelte Boden. Er bringt einen dazu, Sprünge zu wagen, die in jedem anderen Spiel tödlich enden würden. Fast wie in Trance. Wenn man sich erst mal daran gewöhnt hat, dass fast überall ein Objekt zum Festhalten in Griffweite ist, entsteht ein fließender Übergang von Flug zu Fall, Schwung zu Sprung, Landung zu Kampf. Gelingt es euch beispielsweise, besonders lang ohne Bodenkontakt zu schwingen, kommentiert dies Spencer mit euphorischen Ausrufen.
Kick it like Spencer
Denn der Arm ist nicht nur dazu gut, um wie der Spinnenmann durch die Gegend zu turnen, sondern auch zum ansehnlichen und sehr wirkungsvollen Zerfräsen von Terroristen. Wie wär's mit einem Zip-Kick? Spencer fixiert den Gegner aus der Ferne an, schnellt nach vorne und presst ihm die Stiefelsohle ins Gesicht. Einen Anflug von Schadenfreude kann man sich jedenfalls nicht verkneifen, wenn man einen nach dem anderen wie am Fließband in den nächsten Abgrund kickt. Dies erinnert an die besten Momente aus Half-Life 2, an das Spiel mit der Physik, wenn man ein Auto, eine Tonne oder Gesteinsbrocken in die Luft befördert und anschließend in eine Gruppe Gegner rasen lässt. Oder an Star Wars: The Force Unleashed, wenn man sich einen rauspickt und über den Abgrund schubst.
Wenn alle Stricke reißen, könnt ihr immer noch Schrotflinte, Gewehr, zielsuchenden Raketenwerfer und Co. durchladen und in üblicher Shooter-Manier für Ruhe sorgen. Schade ist hierbei, dass Spencer neben der Handfeuerwaffe nur eine weitere Kanone und Granaten zeitgleich mit sich rumschleppen kann. Gut dagegen, dass vor speziellen Gegnern immer die richtigen Waffen zu finden sind. Erwarten euch etwa Scharfschützen, ist die Sniper-Rifle nicht weit. Steht ein harter Kampf gegen große, gepanzerte, mechanische Kaliber bevor, gibt's meist einen Raketenwerfer als Hilfestellung.
Aber die Kämpfe sind nicht immer leicht, und das liegt nicht mal an einer besonders pfiffigen KI. Zum einen sind Munitionsvorräte ziemlich rar, zum anderen fährt GRIN besonders gegen Ende des Abenteuers schwere Geschütze auf: Wellen aus Biomechs und Terroristen, kleinen und großen Feinbildern, die einem selbst auf „mittel" arg zu schaffen machen. Angesichts der mitunter sehr geizig bemessenen Speicherpunkte sollten sich wirklich nur Hartgesottene an höhere Schwierigkeitsgrade wagen.
Der große Knall
Immer wieder kündigt sich durch verräterisches Grummeln und Erschütterungen etwas Riesiges, etwas Gefährliches an. Hat GRIN neben einer sehr guten Schwungphysik auch den großen Knall auf Lager? Ja, aber leider nur einen wirklich guten. Die Schweden bieten insgesamt drei Bosskämpfe an, von denen lediglich einer die Pumpe richtig zum Rasen bringt: Wenn ein haushoher mechanischer Wurm krachend durchs Erdreich donnert und kreischend aus dem Boden bricht, dann fühlt man sich wohlig an Lost Planet erinnert. Und wenn der folgende Showdown das ganze Geschick fordert und Runde um Runde den Lernprozess anstachelt, bevor das Biest schließlich stöhnend zusammenbricht, dann kann man nur sagen: Yeah baby! Schade nur, dass besonders der Endkampf dermaßen enttäuscht. Hier haben Capcom und GRIN viel dramatisches Potenzial verschenkt, vielleicht sogar die fehlenden Prozentpunkte zur strahlenden Goldhürde.
Auch der riesige Constructor ernüchtert im Endeffekt, da man ihn fast immer nur aus der Ferne sehen kann, nie mittendrin ist. Schön wären hier Auftritte wie in Timeshift, Half-Life 2 oder Resistance 2 gewesen, wo man die gestelzten Ungetüme und ihre Zerstörungskraft richtig fühlen konnte, panisch zwischen Raketenwerfer und Flucht abwägen musste. Erzählerisch krankt das schwedische Abenteuer ebenfalls an einigen Stellen: Als mit Mag eine bionische Kämpferin aus Spencers Vergangenheit eingeführt wird, ist man erst mal neugierig. Danach aber enttäuscht, weil sie zu oberflächlich mit dem wichtigen Handlungsgefüge verbunden wird. Weil wichtige Hintergründe in schnöden Textbotschaften abgerissen werden. Weil der große erzählerische Wechsel am Ende zu schnell, zu vorhersehbar kommt. Und weil es nicht genug gute Videosequenzen zu sehen gibt, wo doch die wenigen vorhandenen ein Gespür für Bewegung erkennen lassen.
Und auch den Bombast des Untergangs hätte man im Endeffekt besser inszenieren können. Zwar sieht Ascension City wirklich so aus, wie man sich eine von einer Biowaffe angeknackste Stadt vorstellt. Aber es fehlen einstürzende Häuser, abstürzende Flieger oder plötzliche Zwischenfälle, um die Gefahr noch greifbarer zu machen - sogar die Wii hat hier mit Disaster: Day of Crisis die Nase leicht vorn. Aber das sind alles Peanuts, kleine Risse in einer endzeitlich strahlenden Fassade. In einem Spiel, das von vorne bis hinten kaum Leerlauf aufkommen lässt und euch mit einer anfangs schwierigen, sehr überschaubaren, aber unheimlich motivierenden Spielmechanik und traumhaften Ausblicken belohnt.
Kommentarezum Artikel