Test - Wasteland 3 : Winter is coming
- PC
- PS4
- One
Während ihr euch in Wasteland 2 durch Arizona und Kalifornien kämpfen musstet, schickt euch inXile Entertainment diesmal nach Colorado. Dort müsst ihr weder trockene Dürre noch drückende Hitze befürchten: Stattdessen wird der ehemalige US-Staat seit einem verheerenden Nuklearkrieg von einem rauen Dauerwinter und tobenden Schneestürmen geplagt.
Die Geschichte selbst knüpft direkt an das Ende des Vorgängers an: Nachdem die Desert Rangers die Cochise KI mitsamt ihrer eigenen Basis in die Luft sprengen mussten, sind sie heimatlos und auf jedwede Hilfe angewiesen. Zum Glück meldet sich der ominöse Patriarch bei ihnen, der über das verschneite Colorado herrscht. Er bietet den Rangers seine Kooperation an, wenn sie ihn im Gegenzug bei der Bekämpfung seiner Widersacher unterstützen.
Das Intro beginnt mit der Reise der Rangers nach Colorado, die kurz vor Ziel in einen Hinterhalt der wahnwitzigen Dorsey-Familie geraten, und geht fast nahtlos in den ersten Kampf über, den ihr in Wasteland 3 bestreiten müsst. Zwischendurch sucht ihr euch eure beiden zentralen Spielfiguren aus, wobei ihr entweder aus mehreren vorgegebenen Paaren wählt oder eure eigenen Helden erstellt.
Nach dem Gefecht stellt ihr mit Schrecken fest, dass fast all eure Kameraden ums Leben gekommen sind. Ihr übernehmt zwangsweise die Führungsrolle und lernt den Patriarchen persönlich kennen, der euch ein eigenes Hauptquartier überlässt. Von dort durchforstet ihr den gesamten Staat, um einerseits geeignetes Personal für eure neue Zentrale zu rekrutieren und andererseits die Aufträge des Patriarchen zu erledigen. Zudem solltet ihr Ausschau nach einer Frau namens Angela Deth halten, die Fans der Wasteland-Spiele bereits aus den Vorgängern kennen: Sie habe zum ersten Konvoi gehört, den die Rangers nach Colorado schickten, und Gerüchten zufolge den Überfall der Dorseys überlebt.
Es gibt also einiges zu tun in Wasteland 3, weshalb ihr im Hauptquartier weitere Mitstreiter erhaltet und im Laufe des Spieles mit bis zu sechs Kämpfern durch die eisige Apokalypse reist. Das Setting sorgt entsprechend für eine düstere Atmosphäre, wenngleich sie aufgrund der distanzierten Vogelperspektive nicht mit dem thematisch verwandten Fallout mithalten kann. Dafür punktet die Geschichte mit seinen durchgeknallten Charakteren, weil sie teilweise abenteuerliche Pläne schmieden.
Das Spielgebiet ist in mehrere kleine Orte und eine Oberwelt eingeteilt, über die ihr mit eurem brandneuen Kodiak tuckern dürft. Zudem entpuppt sich das Fahrzeug als eine schlagkräftige Waffe, gleichwohl sie nur bei wenigen, im Freien stattfindenden Kämpfen zum Einsatz kommt.
Unabhängig davon müssen wir bezüglich des Settings leider auch etwas monieren: Obwohl es viel zu entdecken gibt und die Geschichte mitsamt all ihren Nebenmissionen mehr als 50 Stunden beschäftigen kann, fühlt sich Wasteland 3 nicht richtig episch an. Die Spielwelt erinnert nämlich weniger an einen zerstörten US-Staat mit mehreren Städten, sondern eher an einen kleinen, verschneiten Wald mit ein paar vereinzelt herumstehenden Gebäuden.
Entdecke die Möglichkeiten
Als Ausgleich dafür protzt inXile Entertainment bereits von Anfang an mit verschiedenen Entscheidungsoptionen, die sowohl den Verlauf der Geschichte als auch eure Aufgaben massiv beeinflussen. So könnt ihr dem Patriarchen blind vertrauen und stur all seinen Anweisungen folgen. Ihr dürft jedoch auch davon abweichen, indem ihr beispielsweise euer Auftragsziel nicht wie verabredet eliminiert, sondern ins Gefängnis eures Hauptquartiers einsperrt oder es laufen lasst.
Des Weiteren ist es möglich, mitten in einem Konflikt zweier verfeindeter Parteien die Seiten zu wechseln – woraufhin die zugehörige Quest in eine völlig andere Richtung verläuft. Wasteland 3 ermöglicht euch gar, einen zentralen Auftraggeber einfach abzuknallen. Allerdings dürft ihr euch in diesem Fall von seiner Mission verabschieden und verliert oftmals weitere Jobangebote, weil seine Verbündeten nichts mehr mit euch zu tun haben wollen. Obendrein gibt es ein paar Nebenjobs, die ihr innerhalb einer bestimmten Zeit absolvieren müsst. Trödelt ihr zu lange, dann gelten sie als gescheitert.
Taktischer und strategischer
Das Kampfsystem entpuppt sich gegenüber Wasteland 2 als eine kluge Weiterentwicklung und erinnert aufgrund der isometrischen Perspektive sowie einem dezent futuristischen Look beinahe an Sci-Fi-Strategiespiele wie XCOM. Es setzt weiterhin auf einen rundenbasierten Modus, weicht jedoch in manchem Punkt vom Vorgänger ab. Statt die Einheiten nach einer bestimmten Reihenfolge zu ziehen, wechseln sich die im Gefecht verwickelten Parteien ab und steuern in jeder Runde ihre gesamte Mannschaft auf einen Schlag.
Jede Einheit besitzt ihre eigenen Aktionspunkte, die sie beispielsweise zum Angreifen, zum Laufen oder zum Benutzen eines Objektes (wie einen Verbandskasten oder eine Granate) verwendet. Ihr seht über euren Gegner nicht nur deren Lebensenergie, sondern auch die Prozentwahrscheinlichkeit, ob ihr von eurer derzeitigen Position einen Treffer erzielt oder nicht. Dies wiederum hängt davon ab, ob ein Hindernis im Weg steht oder der Feind sich gar in Deckung befindet. Zudem solltet ihr auf spezielle Einrichtungen achten: Rote Fässer explodieren bereits nach einem Schuss und richten verheerenden Schaden bei allen in der Nähe stehenden Einheiten an.
Die Kämpfe sehen auf den ersten Blick sehr technisch und steril aus, jedoch ist die Benutzerführung schön logisch und praktisch aufgebaut. Somit sucht ihr instinktiv nach der korrekten Stellung, um eure Gegner möglichst effektiv zu flankieren und selbst keinen Schaden zu erleiden. Anders ausgedrückt hat Wasteland 3 das Zeug, jeden Strategiemuffel zum versierten Taktiker zu machen.
Im gleichen Zuge sollten sich ungeduldige Naturen im Klaren sein, dass ein Kampf selten in wenigen Minuten vorbei ist und meist gut eine halbe oder gar ganze Stunde Zeit in Anspruch nimmt. Dies stört insbesondere dann, wenn sich eine gewisse Routine eingestellt hat und die Gefechte aufgrund mangelnder Herausforderung eher zäh anstatt packend anfühlen.
Eine Gruppe voller Spezialisten
Wie es sich für ein fesches Endzeit-Spiel gehört, stehen euch verschiedene Schusswaffen und sogenannte Vorteile zur Verfügung. Letztere sind besondere Fähigkeiten, die euren Kampf erleichtern und die ihr anhand eurer aufgelevelten Fertigkeiten frei schalten könnt.
Die Fertigkeiten wiederum dienen dazu, eure Rangers zu individualisieren. Manche von ihnen haben einen offensichtlichen Nutzen, wie beispielsweise das bessere Beherrschen eines bestimmten Waffentyps. Andere hingegen klingen aufgrund solcher Beschreibungen wie „Harter Hund“ oder „Arschkriecher“ völlig nutzlos. Jedoch handelt es sich hierbei um besondere Kommunikationstalente, dank derer ihr bei diversen Gesprächen besonders nützliche Alternativen und somit weitere Entscheidungsoptionen erhaltet.
Andere Fertigkeiten wie Schlösserknacken, Mechanik oder Toasterreparatur machen euch zum geschickten Tüftler, der beispielsweise den Generator eines Maschinengewehrs hackt und es auf diese Weise deaktiviert. Die Möglichkeiten sind jedenfalls ungewöhnlich hoch, weshalb ihr eure sechs Mitstreiter möglichst früh auf verschiedene Arten spezialisieren solltet.
Grafisch solltet ihr nicht allzu viel erwarten, was zugegebenermaßen dem von Natur aus deprimierenden Setting geschuldet ist. Deutlich ärgerlicher sind ein paar unschöne Bugs, die derzeit noch die Verkaufsversion plagen. In unserem Falle ballerten einmal unsere Kämpfer automatisch auf ein paar Gegner, obwohl sich diese in einem anderen Raum aufhielten und man sie aufgrund der dicken Mauern gar nicht erst hätte sehen dürfen. Auch gab es immer wieder Probleme mit der Wegfindungsroutine, weshalb angeblich eine Tür nicht in erreichbarer Nähe wäre – obwohl wir mit unseren Charakteren drei Felder davor standen. Ebenfalls nervig sind die sehr langen Ladezeiten der von uns getesteten PC-Version, die selbst beim Aufrufen eines Spielstands gut eine Minute Zeit in Anspruch nehmen.
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