Test - WarioWare: Get It Together! : Kurz, chaotisch, cool!
- NSw
WarioWare kann man nur lieben oder hassen. Die überdreht präsentierten Mikrospiele, die Wario seit dem ersten WarioWare auf dem Game Boy Advance auftischt, bieten mit ihren drei bis fünf Sekunden Spielzeit einfach keine Substanz für ernsthafte Kritik. Darum meckern wir auch bei WarioWare: Get It Together! vor allem über das Drumherum.
Gehorcht mir, Wario! Vergesst Mario! So stellte sich Nintendos Antiheld einst in einem Werbespot der Welt vor. Böse, gemein, mies gelaunt – und vielleicht gerade deswegen so liebenswert. Er ist der Miesepeter, der Grummel-Opa, der Leck-mich-doch-Brummbär der Nintendo-Heldenriege, der alle Attribute des gutmütigen Schnauzbart-Klempners Mario ins Gegenteil verkehrt. Wario betrat genau zur richtigen Zeit die Pixel-Showbühne, nämlich anno 1992, als die Familienfreundlichkeit des Nintendo-Maskottchens im Angesicht des coolen Sega-Igels Sonic bei Kindern und Teenagern an Bedeutung verlor.
Wario hat allerdings ein Problem: Abseits einer Handvoll hervorragender Handheld-Games und ein paar lustigen Titeln aus der zweiten Reihe fehlt es ihm an Präsenz. So gerne er von Nintendo als Nebenfigur eingesetzt wird (siehe etwa Mario Kart, Mario Tennis oder Mario Party), so stiefmütterlich strickte man ihm ein Spiele-Portfolio auf den Heimkonsolen zusammen.
WarioWare: Get It Together! ändert daran nichts, denn wie gehabt handelt es sich dabei um eine Sammlung wild zusammengesetzter Mikrospiele, die sich am besten als Zeitvertreib im Handheld-Betrieb der Switch eignet. Nichts spricht für den Spielspaß am Fernseher. Man sieht nicht mehr als im Handheld-Modus, es steuert sich nicht besser und besonders viel Greifbares kommt auch nicht zustande – außer Chaos als Spaßfaktor Nummer eins.
Im wahrsten Sinne ein kurzes Vergnügen
Solltet ihr noch kein WarioWare gespielt haben, dann sei euch das Konzept kurz erklärt: Ein Level in WarioWare besteht aus sechs oder mehr ungemein hektischen Spielrunden von je drei bis fünf Sekunden Länge, in denen ihr eines von mehreren möglichen, teils zufällig ausgewählten Mikrospielen bewältigen sollt. Im neuen Ableger geschieht das im Rahmen einer fiktiven Videospiel-Produktion, die Wario und seine Helfer aufgrund von Bugs in die Konsole saugt. Mithilfe der genannten Spiele können diese Bugs vernichtet werden.
Nüchtern betrachtet ist keines der kleinen Spiele schwer. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall, schließlich muss jede Aufgabe so simpel sein, dass man sie innerhalb eines Wimpernschlags verstanden und vor Ablauf des Zeitlimits erledigt hat. Beispiele zu nennen ist eigentlich sinnlos, weil sich das furchtbar trivial liest. Was kann schon dabei sein, einen Turner am Barren anzustupsen, damit er seinen Absprung schafft? Wie schwer kann es sein, ein Stück Müll in einem Wasserbecken wenige Zentimeter zur Seite zu rücken, damit ein Taucher unbehelligt durchkommt?
In den meisten Spielen ist nur eine einzige (wenn auch manchmal mehrfach auszuführende) Aktion nötig, daher unterscheiden sie sich vor allem durch ihre Präsentation, die dem Stil alter Flash-Spiele ähnelt, sofern sie nicht klassischen Nintendo-Titeln wie etwa Super Mario World oder Metroid entspricht. Nicht selten ist ein wenig simulierte Physik dabei, etwa wenn fließendes Wasser umgeleitet werden soll. Das daraus entstehende, kunterbunte Stil-Potpourri lässt sich nur mit dem Wort bizarr beschreiben.
Aber wo bleibt da die Herausforderung? Für sich betrachtet bewegt sich der Schwierigkeitsgrad dieser Aufgaben auf Kleinkind-Niveau, aber die schnelle Abfolge und die tickende Uhr im Nacken erhöhen den Stresslevel. Manchmal läuft das Zeitlimit ab, bevor man überhaupt kapiert hat, was zu tun ist. Eine Off-Sprecherin nennt beim Start einer Aufgabe zwar immer ein Stichwort, das den Lösungsweg vorwegnimmt, doch trotzdem ist Reaktionsschnelligkeit gefragt, sowohl im Oberstübchen als auch am Controller.
Angesichts des freakigen Art-Designs und der gelegentlich völlig behämmerten Aufmachung ist das nicht immer einfach. Wie soll man auch sofort reagieren, wenn erst einmal herzhaft gelacht wird, weil es darum geht, einer griechischen Muskelprotz-Büste die Achselhaare auszurupfen?! Lachen ist erlaubt und schadet nicht. Ein Scheitern wird nämlich nicht so heftig bestraft, wie man meinen könnte. Theoretisch sind maximal vier Fehlversuche pro Anlauf drin. Bei 10 bis 18 Mikrospielen je Level wäre das knapp bemessen, wenn es nicht die Continue-Funktion gäbe. Sie kostet gerade mal 100 Münzen – ein lächerlicher Betrag, da ihr für jedes geschaffte Level 1000 Münzen gutgeschrieben bekommt.
Zum Teil nutzlose Helden
Abstraktion und blitzschnelle Adaption sind nicht die einzigen Herausforderungen. Ihr müsst euch zudem bei jedem Mikrospiel auf eine andere Spielfigur einstellen, mit der ihr die Aufgabe ihrem Talent entsprechend angeht. Wario ist nämlich nicht allein unterwegs. Ihm steht ein ganzes Team aus verrückten Helfern zur Verfügung. Am Start sind unter anderem ein ballernder Karaoke-Roboter, der nicht singen kann, eine 9-Volt-Mutti, die sich an jeden beliebigen Ort teleportiert oder ein Disco-Freak, der sich nur in Schüben fortbewegt. In jedem der 15 Level des Story-Modus wird ein neues Mitglied vorgestellt, das als einzige Pflichtbesetzung feststeht. Den Rest der bis zu fünf Charaktere starken Truppe dürft ihr selbst bestimmen.
Alle Spielfiguren verfügen über unterschiedliche Bewegungs- und Interaktionsmuster. Manche bewegen sich beispielsweise automatisch, fahren also ständig hin und her oder hüpfen unentwegt. Andere können sich nur an Ringen auf- und abseilen oder zwischen zwei Punkten teleportieren. Wiederum andere fliegen, schießen dabei jedoch nur in eine Richtung.
Daran gäbe es nichts auszusetzen, wenn alle Helden den gleichen Nutzen hätten. Doch dummerweise ist ein Teil der spielbaren Figuren im Vergleich zu den anderen arg benachteiligt. Dazu zählen vornehmlich alle, die sich automatisch bewegen oder ohne Hilfsmittel unbeweglich bleiben. Nicht einmal der Abwechslung halber kommen sie in Frage, da sie die sowieso schon blitzschnellen Reaktionen, die euch abverlangt werden, durch heftige Einschränkungen weiter in die Höhe treiben. Auch im Sinne einer gesteigerten Herausforderung nützen sie wenig, da der einzige Sinn eines Levels nach dem ersten Durchspielen darin besteht, so lange wie möglich durchzuhalten. Da ist jeder unberechenbare Faktor ein Ärgernis.
Wozu also so viele unbrauchbare Spielfiguren? Vielleicht für die Selbstgeißelung im Multiplayer-Modus der Story. Wenn zwei Leute gleichzeitig antreten, steigt der Chaos-Faktor ins Unermessliche – da können ungelenk zu steuernde Figuren die Kirsche auf der Sahne sein. Wenn schon Wahnsinn, dann bitte richtig! Während hier der Unterhaltungsfaktor hoch ist, fallen die davon abgegrenzten Multiplayer-Modi für bis zu vier Spieler leider zu plump und eintönig aus.
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