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Test - Tin Hearts : Test: Ein im Herzen guter Lemmings-Klon

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Es gibt Spiele, die waren so erfolgreich, dass man zu ihren besten Zeiten meinen konnte, sie würden ewig leben. Lemmings aus dem Hause DMA Design (heute Rockstar Games) war in den 90ern so ein Spiel. Und doch versank es nach einem missglückten Versuch, das Spielkonzept aus der 2D-Ansicht in die dritte Dimension zu versetzen, sang- und klanglos in den Geschichtsbüchern.

„Versuch macht klug“, dachten sich die Entwickler von Rogue Sun und loteten aus, wie ein Spielerlebnis nach Lemmings-Manier doch noch in 3D funktionieren könnte. Das Ergebnis nennt sich Tin Hearts. Ein Spiel, bei dem man keine lebensmüden Nagetiere dirigiert, sondern kleine Zinnsoldaten. Der Grundgedanke bleibt dennoch derselbe.

Zum Sterben niedlich

Ihrem Niedlichkeitsfaktor kann man nicht entgehen. Wenn so ein Haufen daumengroßer Zinnsoldaten über die Tische einer Spielzeugwerkstatt wandert, zwingt sich ein Beschützerinstinkt auf, der seine Karten gnadenlos ausspielt. Wie herzlos müsste man sein, sie auf den Boden plumpsen zu lassen. Und wehe man schaltet in die sogenannte Verfolgeransicht. Dann sieht man den rotbackigen kleinen Wanderern direkt in die Augen und schmilzt den Mutterinstinkt-Heldentod.

Was das angeht, haben es die kleinen Zinnsoldaten faustdick hinter den Ohren. Wenn sie über kleine Hindernisse klettern und dabei über ihre eigenen Füße stolpern, sich gerade noch fangen und wieder in Reih und Glied zurückkehren, will man sie beschützen - sogar noch viel mehr, als man einst die Lemminge vor Schaden bewahren wollte. Um ehrlich zu sein, war es damals immer mal wieder ein Spaß, die kleinen Nager gelegentlich aus Bosheit, Langeweile oder Schadenfreude in ein Säurebad zu schicken. Oder sie per Spreng-Selbstmord in Hunderte Partikel zerploppen zu sehen. Ein Gedanke, der bei Tin Hearts nie aufkäme.

Wie auch? Das Spiel lässt einem schließlich nicht einmal den geringsten Spielraum für Häme, Sadismus oder Gleichgültigkeit. Süß säuselnde Musik und winterliche, ja fast weihnachtliche Ohrenbackensessel-Stimmung im Kindheitstraum Spielzeugwerkstatt erstickt jeden Anfall von Zynismus im Keim.

Vielleicht ist Humor genau das, was Tin Hearts fehlt. Wenn nicht Humor, dann zumindest ein wenig Augenzwinkern. Denn so herzerweichend die Geschichte rund um den Spielzeugmacher Albert Butterworth um die Puzzleelemente des Spiels gedichtet wurde, so erdrückend schwunglos arbeitet man sich von Level zu Level in der Hoffnung, dass es irgendwann richtig losgeht. Man wartet vergebens. Stattdessen hat man ständig das Gefühl, jemand hätte die Handbremse angezogen.

Nicht im spielerischen Sinne, denn das Dirigieren der Zinnsoldaten offenbart durchaus seine Reize. Die Einleitung mag etwas umständlich und unnötig langatmig wirken, aber sobald man freie Hand hat, kümmert man sich mit Freude um das Wohlbefinden der kleinen Racker.

Sie springen aus einem Kästchen, laufen daraufhin einfach nur der Nase nach an die nächste Wand, wo sie schnurstracks umkehren. Sie würden im nächstbesten Abgrund der Spielzeugwerkstatt zerschellen, wenn man ihnen nicht als virtueller Geist kleine Bauklötze in den Weg stellte, die sie umleiten. Diese dreieckigen Klötze dreht und platziert man so, dass sie die Soldaten im Neunzig-Grad-Winkel abbiegen lassen.

Damit sie unbeschadet die Ausgangstür eines Levels erreichen, sollen sie mal schlicht um Hindernisse herumgeführt werden, mal dirigiert man sie auf eine Snare-Drum, die sie als Trampolin missbrauchen und mal hängen sie sich an Luftballons, um größere Lücken zu überbrücken. Auch umliegendes Spielzeug dient hin und wieder als bewegliches Transportmittel, das ebenfalls zugewiesen oder neu platziert werden muss. So ergeben beinahe alle Gegenstände eines Raums irgendwann ein gigantisches Puzzle, das an eine Rube-Goldberg-Maschinen erinnert. Ein mitunter komplexes Unterfangen, wenn zum Umleiten nur wenige Bauklötze zur Verfügung stehen, denn dann ist Mikromanagement angesagt.

Oder besser gesagt pedantisch abgestimmtes Timing. Keineswegs in Echtzeit, denn das wäre auch in Hinsicht auf den VR-Modus, der irgendwann nachgereicht werden soll, zu anstrengend. Die Zeit lässt sich einfrieren, vor oder zurückdrehen, so wie es beliebt, was in Konsequenz bedeutet, dass manche Level eine sekundengenaue Abstimmung benötigen, die den Kurs der kleinen Soldaten, die Auslegung der Umleitungen und die Übersicht über sämtliche Todesfallen miteinschließt. Um Letzteres zu erleichtern, darf man später einen einzelnen Soldaten vorausschicken und händisch in Jump-n-Run-Manier steuern, damit er Fallen ausspäht oder Mechaniken frühzeitig in Gang setzt.

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An sich eine schöne Sache, nur leider in ein etwas zu emotionales Konstrukt rund um einen Spielzeugmacher eingebettet. Man müsste herzlos sein, um der durch Off-Sprecher erläuterten Geschichte, die gelegentlich Briefe von Unterstützern und geschätzten Personen vorliest, nichts abgewinnen zu können. Und doch ist das märchenhafte Gesäusel gelegentlich zu kitschig. Die Entwickler haben versäumt, ihrer grundsätzlich schönen Spielidee Akzente zu verpassen, die einer Eintönigkeit im Spielfluss entgegenwirken. Egal ob erzählerisch oder spielerisch, es geht immer nur in dieselbe Richtung. Das wirkt ermüdend.

Die Lemminge lassen grüßen - Video-Preview zu Tin Hearts

Tin Hearts erinnert frappierend an das gute alte Lemmings. Wir haben uns mal eine Vorabversion des Spiels angeschaut und sagen euch, was Tin Hearts anders macht als die legendäre Kultreihe.

Noch dazu ist das Dargebotene grafisch etwas zu hölzern, um seinem eigenen Cringe-Faktor zu entgehen. Das Einzige, was in unserer Testversion auf dem PC technisch positiv ins Auge fiel, war die stimmungsvolle Beleuchtung. Alles andere verblieb auf dem Charme eines Mittelklasse-Indie-Titels.

Teilweise arg grobe Animationen, detailarme Texturen, mäßig gelöstes Interface, unübersichtliches Levellayout und dazu noch warme, herzige aber völlig schwunglose Musik. Uff! Die Liste der verbesserungswürdigen Einzelheiten ist lang. Sie aufzuzählen weckt Schuldgefühle. Darf man bei einem Spiel, das versucht, einem mit Hirn und Herzlichkeit die Langeweile zu vertreiben, so strenge Maßstäbe ansetzen? Ja, darf man, wenn das Spiel versucht, mit Nahaufnahmen zu punkten. Darf man auch, wenn es Gefahr läuft, in einer nachgereichten VR-Version noch grober zu erscheinen als es auf einem Monitor rüberkommt.

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