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Test - The Sinking City : Cthulhu-Horror der Sherlock-Holmes-Macher

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Frogwares ist bereits seit 17 Jahren im Geschäft und vornehmlich für seine Sherlock-Holmes-Spiele wie Crimes & Punishments oder The Devil's Daughter bekannt. Mit The Sinking City betreten die Entwickler Neuland: Diesmal müsst ihr nicht nur Spuren suchen und Rätsel lösen, sondern euch auch gegen allerlei Kreaturen behaupten, die ganz offensichtlich von H. P. Lovecrafts Cthulhu-Universum inspiriert wurden. Zudem steht euch eine ganze Stadt zum freien Erkunden offen. Ob sich der Entwickler damit nicht zu viel vorgenommen hat?

Charles Reed ist am Ende seiner Kräfte. Der Privatdetektiv lebt im frühen 20. Jahrhundert und leidet unter düsteren Visionen sowie furchtbaren Albträumen. In seiner Verzweiflung folgt er dem Rat eines gewissen Johannes van der Berg, der ihm eine Reise nach Oakmont empfiehlt. Dort treffen derzeit zahlreiche Neuankömmlinge ein, die ebenfalls von Visionen geplagt werden. Dabei hat die Stadt selbst so ihre Sorgen, seit ein Großteil der Straßen von einer Flut unter Wasser gesetzt wurde und zahlreiche Bewohner ihr Leben verloren.

Bei Ankunft dauert es nicht lange, bis Reed die unterschiedlichsten Aufträge erhält. Egal ob er einen verrückt gewordenen Sohn suchen, die Motive einer auffallend selbstlosen Organisation durchleuchten oder die verschollenen Logbücher eines Schiffskapitäns besorgen soll: Schnell stößt er auf unerklärliche Phänomene, religiösen Fanatismus und nicht zuletzt die Wyldebiester. Dabei handelt es sich um entstellt aussehende Kreaturen, die Menschen instinktiv angreifen und töten.

Horror ohne Wirkung

Auch wenn Frogwares Adventure in jedem einzelnen Tentakelmonster und jedem unheiligen Kultmitglied ganz laut „Cthulhu!“ und „Lovecraft!“ zu schreien scheint, verfügt es nicht, wie fälschlicher-, aber durchaus verständlicherweise oftmals behauptet wird, über die offizielle Lizenz. The Sinking City ist lediglich „inspired by“, das aber durch und durch: ein Horror-Adventure, dessen Umsetzung den Entwicklern allerdings nur bedingt gelungen ist. Sind die Geschichten und die Dialoge noch gut geschrieben, so versagt das Spiel beim Erschaffen einer gruseligen Atmosphäre.

Die Gründe hierfür sind vielschichtig und beginnen bereits beim Hauptcharakter, der viel zu blass gestaltet ist. Es fällt schwer, sich mit ihm zu identifizieren und entsprechend mit ihm zu fühlen, wenn er mal wieder aufgrund einer Vision kopfüber von der Decke hängt oder sich im Blut versinken sieht.

Die Kreaturen, denen ihr begegnet, sind zwar optisch schön eklig, jedoch zu keinem Zeitpunkt Furcht einflößend. Zudem treten sie im Gegensatz zu Schockerklassikern wie etwa Amnesia: The Dark Descent viel zu häufig auf und werden plump in Szene gesetzt.

Das größte Problem liegt in der sogenannten Geisteskraft begraben: Hierbei handelt es sich um eine Energie, die bei bestimmten Ereignissen abnimmt und zu Wahnvorstellungen führt. Die damit zusammenhängenden Effekte, wenn beispielsweise die gesamte Umgebung weiß leuchtet, ihr von imaginären Gegnern angegriffen werdet oder im Vordergrund euer „erhängter“ Körper aufblitzt, wirken billig und aufgesetzt.

Such- und Sammelspiel

Spieltechnisch sieht es besser aus. Die meiste Zeit verbringt ihr damit, neue Orte aufzusuchen und Gebäude zu durchstöbern. Ihr müsst sowohl Spuren wie Tagebücher, Notizen oder Blutflecken sammeln als auch mit Auftraggebern, Zeugen und Tatverdächtigen reden. Habt ihr genügend Hinweise beisammen, dann erscheint ab und an eine Art Portal. Dieses führt euch in die Vergangenheit, in der ihr den Ablauf eines Ereignisses in Form von einzelnen Szenen rekonstruieren müsst.

Reed besitzt zudem ein inneres Auge, mit dem er an bestimmten Stellen Visionen erzwingt, in denen er von schemenhaften Silhouetten zum nächsten entscheidenden Hinweis geführt wird oder gar Geheimräume entdeckt.

Ebenfalls nett ist die Gedankenmappe, in der ihr wie in den Sherlock-Holmes-Spielen eure gesammelten Hinweise abheftet, miteinander kombiniert und daraus Schlussfolgerungen zieht. Gegen Ende eines Falls müsst ihr obendrein Entscheidungen treffen: Glaubt ihr Anna, die sich von ihrem Mann losgesagt hat und der ominösen EOD-Organisation dient? Oder möchtet ihr George helfen, der sich an seiner untreuen Frau rächen will? Schade nur, dass sich die Auswirkungen größtenteils auf den aktuellen Fall beschränken und darüber hinaus kaum Veränderungen bewirken.

Ärgerlich wird die Rätselei dann, wenn die Spielwelt plötzlich neue Regeln aufstellt. Bestes Beispiel: Ihr könnt manche Objekte aus der Nähe begutachten, dürft sie beliebig drehen und müsst einen markierten Punkt entdecken. Doch irgendwann stolpert ihr über eine Schaufel, die zwei solcher Punkte besitzt und die ihr beide anklicken müsst, damit ihr weiterkommt.

Überhaupt hat The Sinking City Schwierigkeiten mit der Logik seiner offenen Spielwelt, was sich auf deren Glaubwürdigkeit auswirkt. In einem Moment erfahrt ihr von eurem Auftraggeber, dass nächste Woche ein Mann hingerichtet werden soll. Doch unmittelbar nach dem Gespräch hängt plötzlich im selben Raum ein Zeitungsausschnitt an der Pinnwand, laut dem die Hinrichtung bereits vollzogen wurde.

Ebenfalls unglücklich: In Oakmont gibt es seit der Flut nur eine Währung, nämlich Patronen. Sehr früh wird euch eingetrichtert, wie wertvoll jede einzelne davon sei. Trotzdem hindert euch kaum ein Mensch daran, vor aller Augen sämtliche Zimmer eines Gebäudes zu betreten und Koffer, Taschen sowie Truhen zu plündern.

Natürlich sind die Patronen deshalb so wertvoll, weil es in Oakmont nur so vor Wyldebiestern wimmelt. Ihr müsst ergo alle naselang kämpfen, womit wir zur größten Schwachstelle von The Sinking City kommen: dem Actionteil.

Fade Gefechte

Die Kämpfe gegen die Cthulhu-Kreaturen fühlen sich schlichtweg nicht gut an. Es mangelt vor allem an einem befriedigenden Treffer-Feedback – egal ob man sich mit einer kleinen Pistole wehrt, per Schrotflinte losballert oder dem Gegnern eins mit der Schaufel überbrät. Verliert ihr, dann müsst ihr es genervt erneut versuchen. Gewinnt ihr, dann seid ihr einfach nur froh, dass es vorbei ist.

Doch der absolute Horror (und zwar im negativen Sinne) sind die Tauchgänge: Hier stapft ihr im Schleichtempo über einen öden, schlecht beleuchteten Untergrund, klettert in Zeitlupe Stufen empor, vermeidet giftige Dämpfe und ärgert euch mit allmächtigen Kreaturen herum. Die töten euch ruckzuck nach ein, zwei Rammstößen, während ihr euch mit eurer mickrigen Harpune, deren Nachladezeit einen neuen Negativrekord erreicht, völlig hilflos fühlt.

Zum Glück sind die Tauchgänge recht kurz und gewähren euch alle paar Schritte einen neuen Rücksetzpunkt, weshalb sich die Auswirkungen eines Neustarts in Grenzen halten. Trotzdem ist jede Minute unter Wasser eine Tortur.

Verbesserungswürdige Präsentation

Technisch und grafisch ist auch nicht alles im grünen Bereich. Die Stadt selbst sieht noch ganz gut aus und gefällt vor allem dank des dynamischen Tag-Nacht-Wechsels. Leider stellt sich bei genauerem Hinsehen aber Monotonie ein: Viele Gebäude gleichen sich im Aufbau, weshalb man die immer selbe Anordnung von Flur, Wohnzimmer oder Küche vorfindet.

The Sinking City - Rotten Reality Gameplay Trailer
Entwickler Frogwares zeigt in diesem zweiminütigen neuen Trailer weitere Spielszenen aus The Sinking City.

In den Straßen marschieren recht viele Personen umher, wodurch sie schön lebendig wirkt. Jedoch kratzen einige Bugs und technische Unzulänglichkeiten an der Atmosphäre. Beispielsweise springen entfernt stehende Personen ruckartig ein Stück nach vorne oder nach hinten, sobald ihr euch ihnen nähert.

Abschließend ist noch die deutsche Sprachausgabe zu erwähnen, die im besten Falle laienhaft und im schlimmsten Falle peinlich ist. Besonders Hilferufe oder Todesschreie sind derart schlecht, wie man sie seit der Computer-Steinzeit vertonter Adventures in den 90ern nicht mehr gehört hat.

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