Test - The House of the Dead: Remake : Ballern wie in der Spielhalle? Nicht so ganz ...
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Habt ihr jemals eine Spielhalle besucht? Ich meine keine muffige Bude, in der ihr auf hässlich blinkenden Kästen herumdrückt, die euer Hartgeld verschlucken. Ich spreche von einer Arcade voller Videospielautomaten. Die mit Abstand größten Geräte waren entweder Rennspiele oder sogenannte Rail-Shooter mit Knarren aus Kunststoff.
Ich hatte über die Jahre mehrfach das Vergnügen, mich vor Ort mit diesem einzigartigen Genre zu vergnügen. Ganz gleich, ob es nach Köln ins Giga-Center oder den Club Sega in Tokios Viertel Akihabara ging: Ich habe jeden Rail-Shooter gezockt! Genug Kleingeld gehörte dabei zur Grundausrüstung, schließlich musste für jedes Continue geblecht werden. Und davon brauchte es stets einige, denn genau wie alle anderen Arcade-Spiele hatten auch die Shooter mit der Lightgun einen ziemlich saftigen Schwierigkeitsgrad. Wen wundert’s, schließlich wollten Entwickler wie Betreiber mit den Maschinen ordentlich Kohle verdienen.
Das Spielprinzip war immer gleich simpel: Wie auf Schienen wurde ich durchs 3D-Level geschoben. Machte der Charakter kurz Halt, musste sogleich auf böse Jungs oder böse Zombies geschossen werden, die ins Bild liefen. Gezielt und abgedrückt wurde mit dem Schießprügel in der einen, nachgeladen mit der anderen Hand – häufig per Druck auf eine Taste am Griff der Waffe. Und dieses „Einlegen“ eines neuen Magazins musste möglichst flott passieren, denn die Munition ging schneller aus, als ich Virtua Cop sagen konnte. Keine 30 Minuten dauerte ein kompletter Durchlauf, der zumeist jedoch teuer erkauft war. Pay-to-Win gab es also schon lange vor dreisten Handyspielen …
Arcade-Feeling für zu Hause
Dennoch faszinierten mich die Schießereien mit den Pistolen und Gewehren aus Plastik nachhaltig. Das lag zum einen an der Technik: Das Zielen klappte präzise und die „Waffen“ lieferten mit ihrem Gewicht und dem teils ordentlichen Rückschlag ein sauberes Feedback der Action. Damit schlugen Lightgun-Shooter gewissermaßen eine Brücke zwischen Realität und Spiel, schließlich musste ich „tatsächlich“ zielen, feuern und nachladen, um die virtuelle Welt retten zu können.
Zum anderen boten wenige andere Genres ein derart kurzweiliges Spielvergnügen. Bedingt durch die Tatsache, dass sich mein Charakter selbstständig bewegte, fiel die Steuerung extrem simpel aus. Nachdem ich einen Rail-Shooter gespielt hatte, kannte ich im Prinzip alle. Gelegentliche Besonderheiten wie die Möglichkeit, in Deckung zu gehen oder die Waffe zu wechseln, stellten schon den Höhepunkt der Komplexität dar.
Noch mehr als Zielgenauigkeit und Tempo spielte die Kenntnis der Levels und feindlichen Bewegungsmuster eine Rolle. Nach mehreren Wiederholungen wusste ich genau, was mich im nächsten Abschnitt erwartete, und konnte entsprechend reagieren. Das wiederum erhöhte den Punktestand – war der am Ende hoch genug, verewigte ich meine Initialen in der Rangliste. Und wenn nicht? Dann hatte ich trotzdem meinen Spaß.
Selbstverständlich holte ich mir den alsbald auch nach Hause, schließlich erschienen ab Mitte der Neunziger regelmäßig Umsetzungen bekannter Titel wie Virtua Cop, Time Crisis oder das ausgeflippte Point Blank für die Konsolen. Der nötige Kabelsalat, um Pistole und System miteinander zu verbinden, war zwar etwas nervig. Aber die Gewissheit, danach etwas Arcade-Luft auf der heimischen Couch schnuppern zu können, machte das locker wett. Noch heute hege ich eine Sammlung von Lightguns und Spielen, die vom Saturn über die PS2 bis zur Wii reicht. Ein bisschen Akihabara-Feeling kommt noch immer auf, wenn ich meine Wii aufbaue, Ghost Squad einlege und den Zapper durchlade …
Neu und trotzdem alt
The House of the Dead, ein absoluter Klassiker des Genres, gehört natürlich längst zu meinem Portfolio. Die 1996 in Japan gestartete Reihe blickt auf mehrere Fortsetzungen und Spin-offs zurück, darunter das herrlich skurrile The Typing of the Dead: Hier musste man flink Wörter in eine Tastatur hämmern, um die Untoten zu erledigen. Nach ein paar Jahren Ruhe im Zombie-Karton belebt Entwickler MegaPixel Studio die Reihe wieder, und zwar in Form einer Neuauflage des ersten Teils für Playstation, Xbox, PC und Nintendo Switch. Die letztgenannte Version liegt mir zum Test vor.
Sofort deutlich werden die grafischen Verbesserungen. Beim Remake handelt es sich um ein technisch komplett neues Spiel, das die Levels samt ihrer Zombies, Mutanten, Fledermäuse, Spinnen und weiterer Monster optisch kräftig aufpeppt. Das ist kein Vergleich mehr zum Original, dessen hässliche Polygon-Brocken heute unmittelbar Augenschmerzen hervorrufen. Anpassungen gibt es auch beim Spielablauf: An einigen Stellen kann ich alternative Routen beschreiten, wenn ich bestimmte (geheime) Herausforderungen erfülle. Zusätzlich können stärkere Waffen als die Pistole freigeschaltet werden, unter anderem ein Automatikgewehr.
Im spielerischen Kern bleibt das Remake dem Original jedoch treu: Ich werde von Abschnitt zu Abschnitt „gefahren“, schieße allerlei monströse Feinde ab und hole mir Extrapunkte durch die Rettung von Menschen vor einem Zombie-Angriff. Am Ende eines jeden Gebiets bittet ein Boss zum Tanz, der genau wie alle anderen Kreaturen nach einem simplen Muster vorgeht. Danach wird der Punktestand abgerechnet, bevor es ins nächste Level geht.
Trotz der genannten Verbesserungen ist das Remake weit davon entfernt, modern oder hübsch zu sein. Neben dem Original sieht es zweifellos phantastisch aus, doch verglichen mit aktuellen Shootern wirken Charaktermodelle, Animationen und Umgebungen ziemlich grobschlächtig. Außerdem wackelt die Bildrate wie ein einbeiniger Zombie. Ständig ruckelt es, wenn ich mich durch die Außen- und Innenbereiche eines großen Anwesens kämpfe, das mit seinen düsteren Kellern und schaurigen Laboren an Capcoms legendären Survival-Horror erinnert. Auf einem 65-Zöller ist das Rumgezuckel eine echte Zumutung, aber auch am deutlich kleineren PC-Monitor nervt die technisch holprige Inszenierung.
Keine Knarre, kein Spaß
Deutlich problematischer ist aber, dass ich ohne Lightgun auskommen muss. Die mir vorliegende Limidead Edition beinhaltet neben dem halbwegs lustigen Wortwitz lediglich ein 3D-Wackelbild, einige Sticker und zwei kleine Zombie-Pappaufsteller. Gerne würde ich mir daraus eine Knarren-Attrappe basteln, in der Hoffnung, damit das Spielgefühl verbessern zu können. Denn das Zocken via Joy-Cons ist eine schrecklich fummelige Angelegenheit.
Mich nervt insbesondere das Fadenkreuz. Weil die Markierung ob der zittrigen Abfrage im Sekundentakt auf dem Bildschirm verrutscht, muss ich sie per Knopfdruck andauernd neu zentrieren. Passiert das nicht, hampele ich mit Unterarm und Handgelenk herum, als hätte mich das Zombie-Virus befallen. Nach jedem Level lege ich eine kurze Pause ein, so anstrengend fällt die Kombination aus Zielen, Nachjustieren und Schießen aus.
Bestimmt 25 Continues brauche ich, um durch den rund 20 Minuten langen Arcade-Modus zu kommen – im Automaten wäre damit der volle Preis des digitalen Spiels gelandet. Daneben existiert ein Horde-Modus, der mir einfach nur mehr Monster auf den Hals hetzt. Beide Modi können nicht nur allein, sondern auch kooperativ gespielt werden. Aber das ändert nichts daran, dass sich ein Rail-Shooter ohne Plastikwaffe falsch anfühlt. Ich kann in den Optionen die Steuerungsmethode anpassen, die Sensibilität der Abfrage verändern und einiges mehr anstellen. Doch das gewünschte Spielgefühl bleibt auf der Strecke.
Meine Internetsuche nach einem Pistolen-Zubehör für die Switch bringt gerade mal eine Halterung für die Joy-Cons hervor. Könnte das für mehr Spaß sorgen? Vielleicht. Allerdings bin ich nicht bereit, für ein billig wirkendes Plastikteil zwischen 20 und 25 Euro zu investieren. Zudem bietet die Switch nur knapp eine Handvoll weiterer Rail-Shooter, die ich damit zocken könnte. Hätte man der Limidead Edition doch nur eine Pistole und keine Pappfiguren beigelegt ...
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