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Test - Star Wars Jedi: Fallen Order : Test: Der Versuch eines perfekten Spiels

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Endlich. Fast hätte man schon nicht mehr damit gerechnet. EA liefert nun tatsächlich doch noch ein Star-Wars-Spiel ab, und zwar eines ohne Lootboxen, ohne Games-as-Service-Konzept, stattdessen Singleplayer, Story-Kampagne, Lichtschwert-Action. Noch dazu stehen mit den Apex-Legends- und Titanfall-2-Entwicklern Respawn erfahrene Experten im Genre dahinter, die wissen, was sie tun und was die Spieler wollen. Ist das endlich das Star-Wars-Spiel, das ihr gesucht habt? Nun, vermutlich jein. Denn Star Wars Jedi: Fallen Order ist ganz anders geworden, als es manch einer erwartet haben dürfte. Denn es vereint die Spiele Dark Souls, Metroid und Uncharted zu einer einzigartigen Mixtur, die aber nicht jedem schmecken dürfte.

Man muss EA für diesen Mut Respekt zollen: Während sich alle Welt einfach nur endlich ein "richtiges Star-Wars-Spiel" herbeisehnt, liefern sie etwas ganz anderes, etwas völlig Unerwartetes ab: ein „richtiges Videospiel“. Wer sich jedenfalls nach den ersten Gameplay-Szenen ein leicht verdauliches Actionspiel im Stile von The Force Unleashed oder Jedi Outcast erhofft hatte, der wird nach wenigen Minuten im Spiel schon eines Besseren belehrt.

Star Wars Jedi: Fallen Order ist im Herzen ein Souls-like-Spiel mit einem Kampfsystem, das exaktes Timing und genaue Kenntnis des Gegnerverhaltens erfordert, und einem Schwierigkeitsgrad, bei dem jeder Widersacher eine potenziell tödliche Gefahr darstellt und beim Ableben mühsam erarbeiteter Fortschritt futsch ist. Es ist nach außen ein Metroid, das seine Level ineinander verschachtelt und viel Backtracking verlangt, um im späteren Spielverlauf Rätsel zu lösen, zu denen einem vorher die passende Fähigkeit fehlte. Und drittens umweht es ein Hauch von Uncharted, in seiner Inszenierung, in den Kletterpassagen und vor allem den gelegentlichen Rätseln, die gar an die Tempel aus The Legend of Zelda erinnern. Klingt eigentlich wie das perfekte Spiel. Zumindest für bestimmte Spielertypen. Nicht für den Gelegenheitsspieler, aber für Spielertypen wie mich. Und dich?

Story: 5 Jahre nach Order 66

Star Wars Jedi: Fallen Order spielt fünf Jahre nach Episode 3: Die Rache der Sith und der Order 66. Die Alte Republik und der Jedi-Orden wurden zerschlagen. Ihr spielt Cal Kestis, einen ehemaligen Padawan, der sich als Arbeiter auf einem Schrottplaneten vor den Inquisitoren des Imperiums versteckt - bis seine Identität eines Tages auffliegt und er fliehen muss. Cal schließt sich einer illustren Truppe aus einer ehemaligen Jedi-Ritterin und einem tollkühnen Piloten an, die sich auf ein Abenteuer durch die ganze Galaxie machen, stets auf der Flucht vor ihren Häschern und gleichzeitig auf der Suche nach einem Holocron, das beim Wiederaufbau des Jedi-Ordens behilflich sein soll …

Ein echtes Souls-like: Prepare to die!

Der Anfang von Star Wars Jedi: Fallen Order ist eine inszenatorische Wucht, die vom ersten Moment an mitreißt. Wenn man als Cal von den Sturmtruppen des Imperiums gejagt wird, auf dem Dach eines Hochgeschwindigkeits-Zuges durch einen Sternzerstörer-Schrottplatz saust und dabei nebenbei die Grundlagen des Spiels lernt, klettern, springen, kämpfen, Blasterschüsse mit dem Lichtschwert abwehren, dann geschieht das in einer atemlosen Rasanz, wie man sie allenfalls aus Spielen vom Kaliber eines Uncharted gewohnt ist. Das Kampfsystem am Lichtschwert hingegen erfordert präzises Timing beim Blocken, Parieren und Kontern und erinnert darin auf den ersten Blick an das äußerst anspruchsvolle Sekiro.

Auf dem ersten richtigen Planeten nach dem Tutorial zeigt Fallen Order dann sein wahres Gesicht, das weniger wie Uncharted aussieht, sondern nach einer Mischung aus Dark Souls und Metroid. Star Wars Jedi ist kein leicht verdauliches Action-Abenteuer wie The Force Unleashed, in dem ihr euch als übermächtiger Sith-Lord durch ganze Gegnergruppen säbelt und AT-ST-Kampfläufer wie eine leere Getränkedose zusammenknüllt, stattdessen ist es ein echter „Padawan-Simulator“, in dem der Einsatz der Macht und Cals Fähigkeiten am Lichtschwert allein von euren Reflexen und euren Skills am Controller abhängen.

Wie für ein Souls-like üblich kann die Begegnung mit jedem, auch vermeintlich schwachen Gegner tödlich enden. Das Motto „Prepare to Die“, das mantrahaft dieses Genre überschreibt, gilt auch hier: Vermutlich werdet ihr in der Anfangsphase häufig sterben (und dabei die derzeit noch etwas zu lang geratenen Ladebildschirme verfluchen). Wer lediglich die Buttons malträtiert, wird schnell frustriert in den Controller beißen – und eventuell in den leichteren Schwierigkeitsgrad wechseln, wovon ich allerdings dringend abrate, weil er viel, viel zu einfach ist und gewissermaßen schon einem God-Mode gleichkommt.

Stattdessen solltet ihr euch eingehend mit dem Kampfsystem auseinandersetzen, das Verhalten der Gegner studieren, Vorgehensweisen für jeden Gegnertyp erarbeiten, euch mit den verschiedenen Machtfähigkeiten vertraut machen und das richtige Blocken, Parieren und Ausweichen üben. Dann macht es irgendwann „Klick“ und ist auf einmal gar nicht mehr so schwer. Zumindest war es bei mir so, denn nachdem ich das Spiel im ersten Drittel als ziemlich knackig empfand und viele frustrierende Tode in Kauf nehmen musste, bin ich in den letzten zwei Dritteln kein einziges Mal mehr gestorben. Vielleicht lag es auch einfach daran, dass ich es lange Zeit wie Sekiro zu spielen versucht habe, doch das war ein Fehler. Auf den zweiten Blick haben die beiden Kampfsysteme nämlich gar nicht so viel gemein wie es auf den ersten scheint.

Jedoch: So vielschichtig und gelungen das Kampfsystem insgesamt zweifellos ausfällt, so lässt es doch das letzte Quäntchen Präzision und Transparenz vermissen, das solcherlei Spiele im Allgemeinen und Dark Souls im Besonderen auszeichnet und eigentlich auch auszeichnen muss. Gerade das Ausweichen fühlt sich bisweilen geradezu ungelenk an, immer wieder herrscht heillose Hektik statt konzentriertem Schlagabtausch, wird man in Ecken gedrängt, aus denen es kein Entkommen mehr gibt. Es fehlt an vielen kleinen Kanten der Feinschliff, der für eine runde Sache nötig wäre.

Auch die Kamera verhält sich gelegentlich störrisch und meint besser zu wissen, wo sie hinschauen soll als der Spieler selbst. Gelegenheitsspieler, die Jedi: Fallen Order hauptsächlich der Marke Star Wars wegen kaufen, könnten daher schnell frustriert das Handtuch werfen oder an der langen Einarbeitungszeit scheitern, die das Spiel einfordert.

In vielerlei Hinsicht kommt Star Wars Jedi: Fallen Order seinen Spielern jedoch deutlich weiter entgegen, als dies bei üblichen Souls-like-Titeln der Fall ist. Die „Leuchtfeuer“-artigen Speicherpunkte sind sehr viel häufiger und zuvorkommender platziert, verlorene Fähigkeitspunkte gehen beim Ableben nie endgültig verloren, und wer in einen Abgrund stürzt verliert nicht direkt sein Leben, sondern lediglich ein Stückchen seines Gesundheitsbalkens.

Vor allem aber die Macht-Fähigkeiten, die Jedi-Padawan Cal nach und nach im Verlauf des Spiels erlernt, sorgen dafür, dass das Spiel mit der Zeit leichter fällt, weil jede einzelne Kraft die Bandbreite eurer taktischen Möglichkeiten erweitert. So stoßt ihr schon bald Sturmtruppen mit der Macht in den Abgrund, schleudert ihnen euer Schwert entgegen oder verlangsamt die Zeit, um sie auszuknocken, während sie in der Bewegung verharren.

Metroid-Design: Du kommst hier (noch) nicht rein!

Jedi: Fallen Order steht nicht auf den Schlauch. Will heißen: Statt Schlauchlevel erwartet euch eine Levelstruktur nach dem derzeit modischen Metroidvania-Muster. Darin folgt der Weg zum Ziel zwar einem halbwegs linearen Pfad, abseits dessen erkundet man aber viele Abzweigungen, an deren Enden wertvolle Beute an geheimen Orten versteckt ist, öffnet Abkürzungen, die die einzelnen Bereiche miteinander verbinden, und ärgert sich, weil sich eine Tür nicht öffnen oder ein Abgrund nicht überwinden lässt, weil einem die dafür nötige Macht-Fähigkeit noch fehlt – und man darum im späteren Spielverlauf sehr viel Backtracking in Kauf nehmen darf oder kann, wenn man denn möchte.

Jedi: Fallen Order folgt damit einmal mehr seinem heimlichen Vorbild Dark Souls, das ebenfalls ausgiebig Gebrauch von der Metroidvania-Formel machte, ähnelt in der Ausführung aber eher dem letzten God of War, das euch in ähnlich gehässiger Weise ständig Rätsel vorsetzte, die erst zu einem späteren Zeitpunkt lösbar waren. Das Spiel motiviert dadurch, sich ausgiebig mit der Levelarchitektur zu beschäftigen, jeden Winkel zu erkunden, um sämtliche der gut versteckten Geheimnisse zu entdecken, und bereits absolvierte Gebiete erneut aufzusuchen, um auch die letzten schwarzen Flecken auf der Karte freizulegen. Damit ihr sie dann nicht komplett erneut durchstromern müsst, legt es seine Wege in geschickter Weise wie ein Schnürsenkel in Schlaufen an, die immer wieder in Abkürzungen münden und späte Bereiche eines Gebiets mit den frühen verbinden.

Eine Einschätzung der Spielzeit von Star Wars Jedi: Fallen Order lässt sich aus diesem Grund nur individuell vornehmen. Wer hauptsächlich der Story folgt kann in schon in 15 Stunden durch sein, wer ein realistisches Maß aus Erkunden und Spielfortschritt anstrebt, kommt mit ca. 20 Stunden hin. Komplettionisten, die sämtliche Geheimnisse aufdecken und alle optionalen Bereiche erkunden wollen, können die Zahl in etwa verdoppeln.

Jedoch: So faszinierend diese Art von Leveldesign zweifellos ausfällt, so plump ist sie an mancherlei Stelle umgesetzt. Der erste Level auf Bogano etwa wirkt durch seinen beinahe schon künstlich-abstrakt anmutenden Aufbau aus klar erkennbaren Ebenen, Rondellen und den Seilwinden dazwischen wie ein früher Prototypen-Level, der noch nicht ganz Spielwelt geworden ist.

Da man zudem häufig nicht mehr zur letzten Weggabelung zurückkehren kann, weil der Levelverlauf das durch einen weiten Abgrund oder eine Rutschpartie nicht mehr zulässt, bleiben viele Geheimnisse beim ersten Durchspielen ungelöst und nötigen geradezu zu einem zweiten Durchlauf des kompletten Areals. Leider sind die Abkürzungen hierbei nur bedingt eine Hilfe, weil sie die Gebiete nur an neuralgischen Knotenpunkten miteinander verbinden und nicht wie etwa in Dark Souls in ihren tiefsten Eingeweiden. Auch die Übersichtskarte hat Schwierigkeiten in der komplexen Architektur stets die Übersicht zu gewährleisten. Eine Schnellreise-Funktion zwischen den Speicherpunkten wäre sicherlich hilfreich gewesen, existiert aber nicht.

God of War, aber auch andere Spiele mit Metroidvania-Design wie Darksiders 3 oder zuletzt sogar das in vielerlei Hinsicht etwas unbeholfene Code Vein gingen in dieser Disziplin deutlich geschickter vor. Zumal die Schatztruhen, die in uferloser Zahl in den Leveln von Star Wars: Fallen Order versteckt sind, ohnehin nur spielerisch nutzlose, rein kosmetische Skins für Charakter, Schwert und Raumschiff enthalten und darum nur hartnäckige Trophäenjäger zum emsigen Stöbern verführen dürften. Vielleicht liegt es einfach nur an der Unerfahrenheit der Entwickler mit dieser Art Spieldesign, die ihm die letztliche Perfektion versagt, aber mitunter wirkte es auf mich so, als sei Jedi Fallen Order ursprünglich als rein lineares Spiel geplant gewesen, dem die verzweigte Metroid-Struktur erst an einem bestimmten Zeitpunkt in der Entwicklung einverleibt wurde.

Tomb Raider: Lara Croft war eine Jedi

Star Wars Jedi: Fallen Order ist aber kein reines Souls-like-Actionspiel, das allein die Reflexe am Controller und Lust am Erkunden, sondern auch die grauen Zellen fordert. Regelmäßig tritt das Action-Gameplay sogar vollständig in den Hintergrund und macht einem mehrstufigen Rätsel Platz, das regelrecht die Ausmaße eines typischen Zelda-Tempels annimmt – oder zumindest die eines Tomb-Raider-Grabes. Bezeichnenderweise handelt es sich beim ersten solchen Rätsel tatsächlich um ein Grabmal, in dem wir mehrere Kugeln mit unseren Macht-Fähigkeiten auf Druckplatten bugsieren und den Wind durch die unterirdischen Tunnel in einer bestimmten Weise lenken müssen, um wieder daraus zu entkommen.

Und auch in dieser Disziplin gilt: Star Wars Jedi: Fallen Order gibt sich alles andere als weichgespült und massenkompatibel, sondern anspruchsvoll und gewitzt, abwechslungs- und einfallsreich. Ganz schön happig fallen allerdings mitunter auch die ebenfalls von Tomb Raider und Uncharted inspirierten Hüpf- und Geschicklichkeitspassagen aus. Vor allem die wilden Rutschpartien auf einer Eisbahn oder einen Matschhang hinunter können aufgrund mangelnder Präzision bei der Steuerung zur Nervenprobe werden.

Technik: die helle und die dunkle Seite

Wie gesagt: In seinen besten Momenten ist Star Wars Jedi: Fallen Order optisch und inszenatorisch so fett, dass einem regelrecht die Spucke wegbleibt. Der Schrottplanet mit seinen havarierten Sternzerstörern ist eine wahre Augenweide, der Detailreichtum des Wookie-Waldplaneten bestaunenswert, und auch die Zwischensequenzen mit Hollywood-Schauspielern wie Cameron Monaghan, bekannt als Joker aus der Gotham-TV-Serie, und Forest Whittaker, der seine Rolle als Saw Gerrera aus Star Wars: Rogue One wiederaufnimmt, können sich sehen lassen – wenngleich sie zu keinem Zeitpunkt die Perfektion von Death Stranding oder Detroit: Become Human erreichen.

Soundeffekte und Musik, die immer wieder Motive aus den Film-Soundtracks zitiert, runden die Star-Wars-Atmosphäre, wie nicht anders zu erwarten war, gekonnt ab, vor allem auch weil die dynamische Orchestrierung dabei auf die nötige Subtilität achtet, um nicht jederzeit aus Pauken und Trompeten ihr Pulver zu verschießen, sondern geschickt in den richtigen Augenblicken Akzente zu setzen.

Star Wars Jedi: Fallen Order - Launch Trailer
Mit einem actiongeladenen Trailer stimmt EA auf die baldige Veröffentlichung von Star Wars Jedi: Fallen Order ein.

Jedoch: So prachtvoll die Welten von Fallen Order an mancher Ecke ausfallen, so lieblos wirken sie an anderer Stelle. Die Fels- und Wiesenlandschaften auf Bogano wirken trist und einfallslos und die Szenen in der Jedi-Akademie passenderweise so detailarm wie im 15 Jahre alten Jedi Academy. Zudem kommt es derzeit immer noch regelmäßig zu Rucklern, kurzen Aussetzern und unschönen Momenten, in denen die Texturen erst nach einigen Sekunden vollständig geladen sind, Figuren in der Luft schweben oder Wände durchsichtrig sind. Nichts davon beeinträchtigt den Spielablauf nachhaltig, aber da müssen die Entwickler nochmal ran.

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