Special - Gewaltkommentar : Wieso es ohne Gewalt nicht geht
- Multi
Letztens habe ich mir die Neuverfilmung des Kultfilms „Tanz der Teufel“ angeschaut. Damals, als ich 16 Jahre alt war, haben wir den Film an Halloween geguckt und waren davon ziemlich begeistert. Ich muss sagen, die Neuverfilmung ist nicht schlecht, sie wahrt den Charme des Originals, dennoch musste ich mich bei einigen Szenen zusammenreißen, um nicht wegzusehen. Dinge, die im alten Film – und der galt damals schon als Splatter – nur angedeutet wurden, sind hier voll zu sehen.
Wenn ich mich so umschaue, komme ich zu der Erkenntnis, dass mediale Gewalt sich auf dem Vormarsch befindet. Beweise gefällig?
(Dieser Kommentar wurde von Gastautor "Michael" – bei uns bekannt durch den Lehrerkommentar – verfasst. Wie immer gilt, dass die Meinung des Autors nicht zwingend die Meinung der Redaktion widerspiegelt.)
Nehmen wir mal das Genre Horrorfilm, denn das hat sich in den letzten zehn Jahren ziemlich verändert. War „SAW“ noch eine Innovation, so verkamen die weiteren Teile zu Orgien sinnloser Gewalt und ein Ekel jagte den nächsten. Ich erinnere mich dunkel an eine LAN-Party, da ließ jemand einen Film laufen und ich hörte, etwas weiter weg sitzend, lediglich den Ton. Es handelte sich um „SAW III“. Die Geräusche waren fast noch schlimmer als der Film an sich, denn meine Gedanken malten furchtbare Bilder in meinem Kopf.
Geht es auch ohne Gewalt?
„Mein Name ist Bond, James Bond.“ Kaum eine andere Filmserie ist so erfolgreich und zeigte so wenig explizite Gewalt. Wenn wir uns die Historie der James-Bond-Filme anschauen, finden wir viele Parallelen zur Kultserie „Das A-Team“. Es wird zwar heftig herumgeballert, aber am Ende sind die Bösewichte meistens unverletzt und einfach nur dingfest gemacht. „Spiel, Satz und Sieg“, hören wir Bond sagen, während er bei einer Verfolgungsjagd einen Feind mit einem Tennisschläger bewusstlos schlägt. Doch der Charme der 50er- bis 70er-Jahre ist verflogen und Bond ist heute ein harter Typ, der gerne auch mal etliche Männer und Frauen über den Haufen schießt – auch Bond kommt nicht mehr ohne deftige Gewalt aus. Er ist sogar manchmal recht plump, es handelt sich um eine neue Generation James Bond.
Ein Blick auf die Serienlandschaft im Fernsehen
„Game of Thrones“, „Breaking Bad“, „Hannibal“, “The Walking Dead” - ein paar der Serien, die ich gerne schaue. Hier werden Körperteile munter mit dem Schwert zerteilt, dort werden Menschen qualvoll erdrosselt, auseinandergeschnippelt, gegessen und vieles mehr. Obwohl manche Regisseure Erklärungsversuche liefern, etwa bei „The Walking Dead“, bieten die oben genannten Serien viel Zündstoff für konservative Pädagogen. Die dort dargestellte Gewalt sei schlicht übertrieben und liefere keinen Mehrwert. Ob das nun stimmt oder nicht, sei dem Geschmack der Leserschaft überlassen, und wer denkt, dass die „geistigen Eliten“ Gewalt nicht konsumieren, der irrt.
Die gute alte Literatur: Kopfkino!
Schauen wir uns mal die Bestsellerlisten an. Platz 2 „Böser Wolf“ von Nehle Neuhaus, Platz 6 „Abgeschnitten“ von Sebastian Fitzek, Platz 19 „Tote Augen“ von Karin Slaughter, Platz 20 „Teufelsbande“ von Andreas Franz. Den Inhalt der Bücher zu beschreiben, spare ich mir mal, aber so viel kann ich verraten: Es geht ziemlich heftig zu und was geschrieben steht, kann manchmal gruseliger sein als Visualisierungen. Ich weiß, wovon ich rede, ich lese oft und gerne und ich habe auch schon mal ein Buch weggelegt, da ich die beschriebene Szene nicht ertragen wollte. Jedoch ist mir das bei Filmen auch schon passiert und sogar bei einem Bild in der Süddeutschen Zeitung.
Persönliches und Weltgeschichte
Helmut Schmidt soll einmal gesagt haben:
„(...) Wir kamen aus dem Kriege, wir haben viel Elend und Scheiße erlebt im Kriege, und wir waren alle entschlossen, einen Beitrag dazu zu leisten, dass all diese grauenhaften Dinge sich niemals wiederholen sollten in Deutschland. Das war die eigentliche Antriebskraft."
Genauso gut könnte ich meinen Opa zitieren:
„Es gab nie genug zu trinken, einige sind verdurstet, wir haben im (Nazi-)Kinderheim heimlich aus dem Toilettenkasten getrunken oder beim Kirchgang das Wasser aus der Wulst der Kirchglocken. Manchmal wünsche ich mir, dass ich dem Heimleiter über den Weg laufe. Ich wüsste nicht, was ich dann tun würde."
Kommentarezum Artikel