Special - Geschichtsstunde: Kopierschutz : Von Code Wheel bis Ubisoft-DRM
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Früher war alles besser, sagt man immer so. Und es stimmt: Während der Kopierschutz heute nur noch lästiges Beiwerk ist, zeigte man sich damals noch richtig kreativ. Was es früher alles gab und wie sich das Thema in der Zwischenzeit entwickelt hat, verraten wir euch in unserer Geschichtsstunde - also Hefte raus und aufgemerkt!
Wir springen in den Anfang der 80er-Jahre, als die Heimcomputer ihren Siegeszug durch die Wohn-, Schlaf- und Arbeitszimmer antraten. Besonders der Commodore 64, später liebevoll „Brotkasten" genannt, fand mit seinem breiten Softwareangebot viele Anhänger. Vielleicht war es aber auch die leichte Kopierbarkeit der Datasetten, auf denen Spiele und Programme gespeichert waren und die problemlos im Freundeskreis herumgereicht oder auf Leerkassetten dupliziert werden konnten. Da die geschriebenen Programme direkt ausgeführt und nicht erst in eine andere Programmiersprache umgewandelt, also kompiliert werden mussten, war es einfach, einen Blick auf den Quellcode zu erhaschen und diesen Zeichen für Zeichen zu übernehmen.
Nachdem das viele Jahre nur tatenlos beobachtet wurde, kamen Ende der 80er-Jahre erste Spiele-Datasetten mit einem Schutzmechanismus in den Handel, der die massenhafte Vervielfältigung auf der Software-Ebene unterbinden sollte. Dazu bediente man sich des auch heute noch bekannten „Autostarts", bei dem nach dem Ladebefehl über die Kommandozeile das Programm direkt geladen wurde. Der Quellcode blieb auf diesem Wege zwar zunächst verborgen, später kopierte man aber mit Modulkarten wie dem „Action Replay" einfach den kompletten Inhalt der Datenträger. Das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Firmen und findigen Crackern nahm seinen Lauf.
Öfter mal was Neues
Parallel zu dieser Software-Maßnahme entwickelte sich bis zur Einführung der CD-ROM ein breit gefächertes und kreatives Feld von „Hardware"-Lösungen. Populär waren dabei vor allem Abfrageroutinen, bei denen an bestimmten Stellen im Spiel ein Code eingegeben werden musste. Dieser bestand zum Beispiel aus Farben oder einem zusammengewürfelten Mix aus Zahlen und Buchstaben und war entweder direkt im beigelegten Handbuch oder auf einer Tabelle festgehalten. Nicht selten waren diese außerdem in Farbe gehalten, da zur damaligen Zeit im Hausgebrauch üblicherweise nur Schwarz-Weiß-Drucker vorhanden waren.
Als Evolution dessen kristallisierte sich schon bald das sogenannte Code Wheel heraus, das von LucasArts 1990 beim Klassiker The Adventure of Monkey Island sowie beim zweiten Teil genutzt wurde. Auch viele andere Titel dieser Zeit setzten auf jenes System. Die richtige Kombination muss aber nicht einfach nur irgendwo abgelesen und eingetippt werden, sondern es muss so lange an den zwei bis drei Scheiben gedreht werden, bis der richtige Code ausgespuckt wird. Im Falle der Abenteuer von Guybrush Threepwood musste man etwa den zu ermittelnden Piraten mit den Scheiben korrekt zusammensetzen und den offen gelegten Schlüssel eingeben.
Bei falscher Eingabe dieser Schlüssel versagt das Spiel entweder komplett den Dienst oder versaut euch den Spielspaß. Starflight sandte dann beispielsweise unbesiegbare Polizeischiffe ins All, die euer Raumschiff gnadenlos in die ewigen Jagdgründe schickten, während ihr in Simulationen plötzlich mit akuten Finanzproblemen zu kämpfen hattet.
Als handschriftlich angefertigte Tabellen und Fotos von zerlegten Drehscheiben die Runde machten, griff LucasArts bei Indiana Jones und der letzte Kreuzzug erneut in die Trickkiste. Mit jedem Exemplar lieferte man eine „Translation Table" mit, auf der eine Vielzahl von Codes abgedruckt wurde. So weit nicht ungewöhnlich, zum Entschlüsseln benötigte man aber eine ebenfalls im Lieferumfang befindliche rote Folie. Firebird ging bei Spielen wie Elite mit Lenslok noch einen Schritt weiter und legte jedem Originalexemplar eine spezielle Brille bei, die vor den Bildschirm gehalten werden musste. Erst damit konnte ein zweistelliger Code sichtbar gemacht werden, der in das Eingabefeld darunter eingegeben werden musste.
Die Welt ist eine Spielescheibe
Viele ähnlich gelagerte Abfrageroutinen entstanden noch, ihnen allen war aber eines gemein: Sie waren kein Hindernis mehr, wurden nach kurzer Zeit umgangen. Erst Sherlock Holmes: Consulting Detective läutete 1991 die Ära der CD-ROM für Computer- und Videospiele ein. Die spaßigen Kopierschutzmaßnahmen verschwanden bis Mitte der 90er-Jahre damit langsam wieder von der Bildfläche. Aus gutem Grund: Die runde Scheibe war in ihren Anfängen schon Schutz genug. Die Brenner kosteten ein halbes Vermögen und ein einzelner Rohling deutlich mehr als ein originales Spiel. So erschien Maniac Mansion: Day of the Tentacle 1993 noch auf Diskette und mit der üblichen Abfrage von Schlüsseln aus dem Handbuch, während die CD-Variante darauf komplett verzichtete.
Aber der ruhige Schlaf währte für die geplagten Entwickler und Publisher nicht lange, nachdem das nötige Equipment zum Vervielfältigen in preislich attraktive Regionen rutschte. Mit dem Internet-Boom in Deutschland gegen Ende der 90er-Jahre verbreiteten sich erstmals Spielekopien auch im größeren Rahmen. Wegen der noch teuren und oft zeitlich begrenzten Internetzugänge waren zunächst besonders sogenannte CD-Rips populär, bei denen z. B. Videosequenzen oder die Musik aus den Titeln geschnitten wurden und die somit weitaus weniger Megabyte auf die virtuelle Waage brachten. Mit Flatrates und immer mehr Bandbreite fiel in den Folgejahren auch dieses Hindernis.
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