Special - Indie-Spiele: Warum sind sie wichtig? : Ist das noch Indie?
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Indie-Titel gehören mittlerweile zum festen Bestandteil unserer Videospielkultur. Hatten diese anfänglich noch ein Nischendasein gefristet, wurde aufgrund des Digitalzeitalters und der dadurch wachsenden Popularität von Online-Distributionsplattformen ein regelrechter Boom ausgelöst. Dank Steam, XBLA und PSN konnten Entwickler ohne die üblichen bürokratischen Hürden qualitativ hochwertige Spiele veröffentlichen. Mittlerweile werden Indie-Spiele gar als Erlöser der stagnierenden Branche betrachtet und als neues Synonym für Kreativität und Qualität genannt. Doch warum genau ist das so? Wir haben uns mit dem Thema beschäftigt und Entwickler der Szene über das Phänomen „Indie“ befragt.
Will man sich genauer mit dem Spektrum der Indie-Spiele beschäftigen, muss zunächst der eigentliche Begriff definiert werden. Welche Eigenschaften lassen ein Spiel überhaupt zur Indie-Kategorie zählen? Der Wortlaut hilft uns an dieser Stelle weiter. „Indie“ stammt von dem englischen Wort „independent“ und bedeutet „unabhängig“. Der Kontext besagt somit, dass Indie-Spiele völlig unabhängig entwickelt und der Entstehungsprozess nicht von Dritten, wie beispielsweise Geldgebern oder sonstigen Instanzen, beeinflusst wird. Dadurch soll die Kreativität geschützt und nicht gezwungenermaßen in eine Richtung gelenkt werden, die sich in der Vergangenheit als profitabel erwiesen hat.
Was bedeutet eigentlich „Indie“?
Genau hier treffen wir allerdings auf ein erstes Problem. Spiele wie Journey, The Unfinished Swan oder Bastion zeichnet zwar ein hoher Grad an Kreativität aus, dennoch fungierten für diese Titel große Publisher wie Sony Computer Entertainment oder Warner Bros. als Geldgeber. Fairerweise muss jedoch betont werden, dass Sony sowie Warner laut Entwickleraussagen keinerlei Einfluss auf den Entstehungsprozess nahmen und die kreativen Köpfe freie Hand hatten. Doch reicht dieser Umstand aus, um solchen Titeln den Indie-Stempel aufdrücken zu können? Wir haben Justin Ma, Art- und Spiel-Designer bei Subset Games und Mitverantwortlicher für den Indie-Klassiker FTL, über seine Gedanken in Bezug auf den Indie-Begriff befragt:
„Für mich zeichnen sich Indie-Spiele durch den Fakt aus, dass die Entwickler im Entstehungsprozess keinerlei Einflüssen von Publishern oder Distributionsplattformen ausgesetzt sind. Diese Titel sind in der Regel vom Umfang her kleiner als herkömmliche Spiele und beinhalten des Öfteren einzigartige Design-Elemente, die von traditionellen Publishern grundsätzlich abgelehnt werden.“ Jason Ma spricht damit einen interessanten Punkt an. So gelten nach seiner subjektiven Erklärung auch solche Spiele als „Indie“, hinter denen namhafte Geldgeber stehen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Kreativität in keiner Weise beeinflusst wird und der Entwickler die volle Kontrolle über das Projekt hat.
Chris McQuinn, Designer bei Drinkbox Studios, die für den letztjährigen Indie-Hit Guacamelee verantwortlich zeichnen, ist sich der Bezeichnung allerdings nicht ganz so sicher: „Für mich heißt 'Indie', dass du das Spiel entwickeln kannst, das du gerne spielen würdest – ohne jegliche Einflüsse von außen. Bedeutet das somit, dass du immer noch 'Indie' bist, wenn ein Publisher hinter dir steht? Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich ist es ein irreführender Begriff.“ Wie man diese Art von Spiel für sich auch definieren möchte, „Indie“ hat sich mittlerweile als ernstzunehmendes Genre etabliert.
Das hat größtenteils mit dem beispiellosen Erfolg zu tun, den dieser Bereich in den vergangenen Jahren hatte – und damit ist nicht nur der finanzielle Aspekt gemeint. Spiele wie Super Meat Boy, Fez oder Hotline Miami nahmen alte Tugenden vergangener Spiele und drückten diesen mit Kreativität und Charme ihren eigenen Stempel auf. Gerade mit der wachsenden Popularität des First-Person-Shooter-Genres und der damit einhergehenden Stagnation im Bereich der Kreativität und Originalität haben Indie-Spiele die enorm wichtige Rolle des Innovationsträgers für das Medium der digitalen Spiele eingenommen. Dadurch konnten Videospiele trotz Ausschlachtung wirtschaftlich erfolgreicher Genres eine Entwicklung vollziehen.
Kreativer Lückenfüller
„In der heutigen Zeit füllen Indie-Spiele die kreative Lücke aus, die kleine Entwickler aufgrund von Studioschließungen hinterlassen haben. Die bekanntesten Spielemarken haben unglaublich hohe Produktionskosten und müssen deshalb verdammt viele Spiele verkaufen, um profitabel zu sein. Aus diesem Grund sind Publisher gegenüber Risiken im Bereich des Spiel-Designs sehr zurückhaltend, da diese Spiele eine möglichst große Zahl an Kunden ansprechen müssen. Indie-Entwickler haben hingegen nicht so viel zu verlieren und sind deswegen risikofreudiger. Einige große Änderungen im Videospielgeschäft finden deshalb nur aufgrund der Indie-Szene statt“, so Justin Ma gegenüber Gameswelt.
Die Schließung der Kreativitätslücke durch Indie-Spiele ist den großen Konsolenherstellern wie Sony oder Microsoft keineswegs entgangen. Gerade Microsoft hat den Trend relativ früh erkannt und einige Talente für seine Online-Plattform Xbox Live Arcade zumindest zeitexklusiv binden können. Spiele wie Braid, Fez oder Super Meat Boy konnten zu ihrer Zeit neue Maßstäbe setzen und wurden von Fans und Kritikern gleichermaßen in den Himmel gelobt. Gleichzeitig bot Microsoft oftmals den ein bis zwei Personen umfassenden Entwicklern eine Plattform, auf der sie ihr Produkt bewerben konnten. Somit wurden Konsolen neben dem PC ein wichtiger Bestandteil der Verkaufsstrategie von Indie-Entwicklern.
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