Preview - Overwatch 2 : So spielt sich die Multiplayer-Beta
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Wie verändert man einen Dauerbrenner, ohne Fans vor den Kopf zu stoßen? Im Fall des Helden-Shooters Overwatch am besten so wenig wie möglich. Das Hauptaugenmerk von Overwatch 2 wird vermutlich auf dem neuen Einzelspieler-Modus liegen, während die Designer am Mehrspielerpart lediglich Feinarbeit leisten. Wie sich das äußert, durften wir in den letzten Tagen in der Multiplayer-Beta ausprobieren.
Die Overwatch-2-Beta zu beginnen, hat etwas Bizarres an sich. Man schaut zweimal nach, ob man auch wirklich das richtige Spiel gestartet hat, denn grafisch scheint sich auf den ersten Blick nichts getan zu haben. Die Heldenriege bleibt dieselbe, dazu kommen viele Pastellfarben, eine übersichtliche Geometrie mit Comiccharakter sowie nette, aber keinesfalls ausufernde Spezialeffekte. Ja, das sieht noch immer gut aus, aber ist irgendwas daran neu?
Während ich die Tatsache, nur noch zu fünft in einer Mannschaft zu spielen, fast schon mit einem Schulterzucken akzeptiere, dauert es ein paar Minuten, bis sich erste optische Unterschiede herauskristallisieren. Doch je länger ich spiele, desto heftiger treten die Veränderungen an den vermeintlich längst bekannten Maps zutage.
Ins rechte Licht gerückt
Wenn man ein Spiel wie Overwatch, das vornehmlich mit seinem schnellen Ablauf glänzt, über Jahre hinweg zockt, rücken gewisse grafische Elemente in den Hintergrund. Eine Mauer, ein Auto oder ein Torbogen mag aus dem Augenwinkel betrachtet noch immer gleich erscheinen, aber beim genauen Hinsehen fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Overwatch 2 behält den Stil des Vorgängers bei, doch insgesamt kommt es architektonisch runder und farblich dynamischer daher.
Blizzards Versprechen, allen Maps mehr optische wie spielerische Abwechslung zu verschaffen, wurde definitiv eingelöst. Neue Tageszeiten, neue Beleuchtungsmethoden und gelegentlich sogar neue Wege infolge leicht variierter Layouts sorgen für den ein oder anderen Aha-Effekt. Es steckt also mehr drin, als der erste Eindruck hergeben mag.
So richtig auffällig wird das aber erst auf den vier neuen Karten. Deren Oberflächen setzen noch deutlicher auf starke Kontraste und manchmal auch hübsche Hochglanz-Spiegelungen, um sich von den alten Maps abzuheben. Darunter fällt beispielsweise die Kampfarena New Queen Street. Ganz anders die Colosseo-Map, die eine Rom-Nachbildung darstellt: Sie vertraut auf eine schöne Vista mit etlichen Häusern, die sich um den spielbaren Bereich herumwinden.
Angesichts Blizzards Ziel, ein weitreichend kompatibles und performantes Spiel abzuliefern, sind freilich keine grafischen Wunder zu erwarten. Eine GeForce RTX 3080 schüttelt das Spektakel selbst im Vollbetrieb in 4K bei rund 130 bis 140 FPS aus dem Ärmel. Das gilt natürlich für die maximalen Grafikeinstellungen, die bei einer wahrscheinlich anstehenden Konsolenumsetzung leicht abgespeckt werden dürften. Das bedeutet, dass Overwatch 2 etwa ein Drittel mehr Rechenkraft verbrät als der erste Teil. Vertretbar angesichts der schöneren Optik, sei es bei der allgemeinen Darstellung oder im verfeinerten HUD.
Der Tiger im Tank
Kenner legen vermutlich mehr Wert auf Neuerungen im Spielablauf, derer es viele unbedeutende gibt. Nur eine ist radikal. Obwohl sämtliche Regeln der bekannten Modi gleich bleiben, mischt eine neue Zusammensetzung das Spielgeschehen ganz schön auf. Davon betroffen sind hauptsächlich die Tanks der Heldenriege, von denen nur noch einer pro Partei teilnehmen darf, damit Blockaden weniger von gegenseitiger Deckung profitieren. Deswegen finden sich auch nur noch zehn Spieler je Schlagabtausch zusammen und nicht mehr zwölf.
Fünf gegen fünf fühlt sich zwar nicht mehr ganz so belebt an wie sechs gegen sechs, doch tut das der Intensität der Gefechte keinen Abbruch. Alle Tanks wurden aufgebrezelt, sei es durch mehr Trefferpunkte beziehungsweise Rüstungsstärke oder verbesserte Waffen mit verringerter Streuung. Letzteres verlangt ein genaueres Auge beim Zielen, erhöht aber auch den Schaden.
Spezialfertigkeiten vernachlässigte Blizzard bei diesen Anpassungen keineswegs. Veränderungen an Schildstärke und Reichweite, Lebenskraft-Absorption und vielen weiteren Eigenschaften sollen den Verlust des zweiten Tanks auffangen. Spielfiguren wie Wrecking Ball, D.Va und Winston, der über einen neuen, aufladbaren Superschuss verfügt, steigen dadurch in ihrer Rolle auf. Allerdings verlangen sie auch nach talentierten Spielern, die wissen, was sie tun.
Radikale Neuerungen mögen ausfallen, aber dass Doomfist von den Damage Dealern zu den Tanks gewechselt ist, könnte Fans des Faustschwingers einiges an Umgewöhnung abverlangen. Nicht zuletzt, weil sein Uppercut durch ein Blockmanöver ersetzt wurde, das gegnerische Projektile absorbiert. Dafür kann er nun mehrere nah beieinander stehende Gegner gleichzeitig umholzen.
Abseits davon fallen manche Anpassungen so marginal aus, dass sie der eine oder andere vielleicht gar nicht bemerkt. Dazu zählt etwa, dass Tracer eine Kugel weniger im Magazin hat. Soldier 76 und Pharah spielen sich derweil wie eh und je. Unterm Strich geht es abseits der Tanks also eher um kleine Anpassungen und weniger um bedeutende Änderungen.
Mehr Skill, weniger Chaos
Ob diese Umstellungen auf lange Sicht positive oder negative Reaktionen hervorrufen werden, lässt sich noch nicht abschätzen. Aber schon nach ein paar Runden Deathmatch und Kontrolle kristallisieren sich Verschiebungen zugunsten eines strategisch wertvolleren Spielablaufs heraus. Chaotisch wird es nur noch, wenn mehrere Spieler gleichzeitig bildschirmfüllende Spezialfertigkeiten zünden.
Mit lediglich einem gegnerischen Tank, der ganze Zugangswege blockieren kann, scheint es leichter, Prioritäten zu setzen. Das dürfte besonders im Eskorte-Spielmodus zur Entfaltung kommen, weil nicht mehr alle Flanken des Fahrzeugs abgedeckt werden können. Zumal auch die Supporter wichtiger werden, weil die Heilung beziehungsweise Verstärkung des einzigen Tanks eine höhere Priorität genießt.
Die Hauptmotivation für die Änderung der Tank-Regeln dürfte höchstwahrscheinlich der neue Schub-Spielmodus gewesen sein, in dem man ein Objekt mithilfe eines Roboters zu einem Zielpunkt schieben soll. Schub schreibt kleine Angriffs- oder Verteidigungsphasen vor, was den gesamten Spielablauf flüssig und dynamisch gestaltet. Da Schub-Maps allerdings über weite Strecken hinweg tunnelartig aufgebaut sind, wären zwei Tanks, die jeweils vor und hinter dem Roboter Schilde aufbauen, schwer zu überwinden.
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