Test - Of Orcs and Men : Grünhäutige Protagonisten
- PS3
- X360
Es gibt aber auch kurze Zwischensequenzen, die ohne Sprache auskommen. Diese wirken etwas hölzern und blass inszeniert, offenbaren aber eindeutig die Wucht der Handlung: Goblins werden kaltblütig niedergemetzelt oder andersrum wird ein gefesselter Mensch seinem Schicksal mit einem wilden Goblin überlassen. Die weniger lustigen Dialoge stehen dem in nichts nach und wirken nur in seltenen Fällen bemüht. So wirkt es, und sei es noch so makaber, sehr glaubwürdig, wenn über den Geruch von verbrennendem Fleisch oder eklige Experimenten an Goblins gesprochen wird. Das liegt am tiefgründigen Charakter der meisten handlungstragenden Personen, deren Verhalten im Laufe des Spiels erklärt wird. Die beiden Hauptdarsteller sehen sich beispielsweise in einer Traumszene mit ihrer Vergangenheit konfrontiert und müssen sich entscheiden: Akzeptieren oder leugnen? Und je nach Entscheidung erhalten sie weitere Fähigkeiten.
Game of Thrones lässt grüßen
Besagte Fähigkeiten werden im Kampf genutzt. Und wer das in der Zwischenüberschrift genannte Spiel kennt, kann sich denken, dass jetzt ein großes ABER kommt. Denn nur die Handlung alleine trägt noch kein Spiel. Die Kämpfe laufen nämlich fast genauso ab wie bei Game of Thrones: Beim Druck auf die Schultertaste verlangsamt sich der Spielverlauf auf Superzeitlupe und ein Kreismenü öffnet sich, aus dem ihr eine defensive oder offensive Grundstellung sowie maximal vier Aktionen wählt. Dabei könnt ihr, wie im gesamten Spiel auch, per Knopfdruck zwischen Arkail und Styx wechseln und deren Vorteile nutzen – oder sie kombinieren. Während der Ork mit brachialer Gewalt zuschlägt, agiert der Goblin eher aus der Distanz oder lässt sich von Arkail als Wurfgeschoss schleudern. Außerdem sind manche Gegner für einige Angriffsarten anfälliger als andere.
Was zunächst spannend und innovativ klingt, entpuppt sich in der Realität erst als unüberschaubar und dann als langweilig. Wird bei den ersten Kämpfen noch viel probiert, stellen sich anschließend schnell die sinnvollsten Angriffsvarianten heraus, sodass man die anderen ignoriert und alle Kämpfe nach dem gleichen Muster ablaufen. Dazu gehört auch der Amokmodus, in den Arkail verfällt, wenn der Wutbalken nach zu vielen Treffern gefüllt ist. Dadurch wird er unkontrollierbar und schlägt auch auf Styx ein, wenn der nicht außer Reichweite rennt. Was der Abwechslung ebenfalls abträglich ist, sind die an einer Hand abzählbaren Gegner nebst ihrer mageren Intelligenz.
Gleiches gilt für Levelaufbau und Spielablauf. Eine Karte, die schon zu Beginn jedes Abschnittes eine gesamte Übersicht präsentiert, dürft ihr jederzeit einsehen. Darauf erkennt man auch sofort, an welchen Stellen Gegner lauern werden, sodass Überraschungsangriffe ausbleiben und man sich schon frühzeitig auf den nächsten Kampf nach Schema F einstimmen kann. Die meist engen Schlauchlevel aus immer wiederkehrenden Bausteinen laden in keiner Weise zu Erkundungen ein – oder lassen auch nur den Bewegungsfreiraum hierfür. Immerhin sorgt die fast klaustrophobische Levelführung in Verbindung mit der etwas zu nah am Geschehen positionierte Kamera in düsteren Abschnitten für eine sehr dichte Atmosphäre. Beutekisten sind aber, wohlwollend ausgedrückt, nur sporadisch verteilt.
Schwache Ausrüstung, starker Klang
Daraus resultiert, dass eure Ausrüstung sehr spartanisch ausfällt. Mehr als zwei Waffen oder Rüstungsteile für die jeweilige Körperregion habt ihr so gut wie nie am Mann. Diese lassen sich zwar verbessern, das aber nur einmalig und auch nur bei einem Schmied oder Magier, die ihr alle Jubeljahre mal trefft. Fast genauso sieht es bei den Angriffsmöglichkeiten und Attributen wie Stärke oder Geist aus. Habt ihr genug Erfahrungspunkte durch Kämpfe gesammelt, steht zum Verbessern jeweils ein Punkt zur Verfügung. Allerdings haben weder die Attribute noch die verstärkten Angriffe eine große Auswirkung auf das kämpferische Geschehen.
Sehr positiv wirkt sich hingegen die musikalische Begleitung auf das gesamte Spiel aus. Dabei sind die Kompositionen nicht mal sonderlich eingängig. Trotzdem treffen sie den Nagel mit unglaublicher Präzision voll auf den Kopf. In dunklen Passagen wirken sie so bedrohlich, dass man hinter jeder Ecke einen Geist erwartet. Beim Wandern durch Waldabschnitte erfreuen Xylophonmelodien das Ohr und bei schier aussichtlosen Kämpfen will man durch die Traurigkeit der Musik fast augenblicklich aufgeben. Hier wurde eine wundervolle audiovisuelle Verbindung geschaffen, wie man sie sonst nur von Blockbustern kennt.
Die Synchronisation schlägt größtenteils in dieselbe Kerbe. Von einigen Nebendarstellern und der einen oder anderen kompletten Fehlbesetzung abgesehen, ist die deutschsprachige Inszenierung durchweg gelungen. Das mag auch an der Ähnlichkeit zu bekannten Sprechern liegen, denn manchmal meint man gar, die Synchronsprecher von Bruce Willis oder Kevin Spacey zu hören.
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