Test - Max Payne 3 : Man on Fire
- PS3
- X360
Ein Zimmer in Sao Paulo, Brasilien: Wir sehen einen Mann die schwitzige Atmosphäre seines neuen Zuhauses betreten. Ausdruckslos blickt er sich um. Und dann trinkt er, schluckt Tabletten, trinkt weiter und führt Gedankenmonologe. Die jahrelange Selbstzerstörung steht ihm ins Gesicht geschrieben. Hallo, Max, lange nicht gesehen.
Max Payne 3 spielt acht Jahre nach dem Vorgänger. Doch diese Zeitangabe hat nur wenig zu bedeuten, wie wir bereits in den Einleitungssequenzen bemerken. Emotional gezielt werden Szenen aus Max' Vergangenheit in New Jersey am Grab seiner toten Familie eingeblendet und im nächsten Moment springt die Erzählung unvermittelt in die noch ferne Zukunft: Eine verbrannte, blutige und erschreckend verkrüppelte Gestalt kriecht voller Entsetzen vor einem Max Payne weg, den wir mit Vollbart und Glatze kaum wiedererkennen. Nimmt man es genau, spielt selbst die eingangs beschriebene Einzugsszene nicht in der Gegenwart.
Dass bei all diesen Zeitsprüngen keinerlei Verwirrung aufkommt, ist dem erzählerischen Talent der Entwickler zu verdanken – und einer cleveren, wenn auch nicht risikofreien Entscheidung: Wo genau in der Kette der Ereignisse wir uns gerade befinden, ist jederzeit an Max' Aussehen zu erkennen. Trägt er Glatze und Vollbart, handelt es sich beispielsweise um einen späteres Kapitel. Ist zwar der Bart da, aber die Haare sind noch nicht ab, befinden wir uns irgendwo in der Mitte. Und die wenigen spielbaren New-Jersey-Kapitel unterscheiden sich optisch natürlich nicht nur durch Max' Aussehen, sondern auch insgesamt von allen Abschnitten in Sao Paulo und diversen anderen Orten, die wir jetzt noch nicht verraten möchten.
Fortschritt heißt Veränderung
New Jersey wirkt wie eine ewige Nacht, in der es fast immer schneit. Sao Paulo ist – nicht immer, aber häufig – hell und farbenreich. Wer jetzt entsetzt aufschreit und Max Payne 3 für das Rayman Origins unter den Zeitlupen-Shootern hält, den können wir beruhigen: Die Kette der Ereignisse, die Max nach und durch Brasilien führen, sorgt mit ihrer Grausamkeit und Gnadenlosigkeit für genügend Düsternis im Spiel. Zumal Sao Paulo mit seiner hohen Kriminalitätsrate, den zahlreichen paramilitärischen Gruppen und der spürbaren Anspannung zwischen Arm und Reich einen hochinteressanten, aber vor allem unverbrauchten Schauplatz bietet.
Dennoch gibt es ein Markenzeichen der Serie, das unter dem Szenariowechsel merklich leidet: die Film-Noir-Atmosphäre. Wer den Kinogeheimtipp ″Brick″ kennt, weiß, dass man selbst mit einer Gruppe Kindern an einer Highschool einen mitreißenden Noir-Genrebeitrag erschaffen kann. Dieses Kunststück gelingt Rockstar mit seinem neuen Schauplatz leider nicht ganz. Hinzu kommt das Fehlen der kultigen Comic-Zwischensequenzen, an die wir uns dank einer Art Hommage, aus aktuellen Spielszenen erstellt, nur noch beim Laden einer Speicherstelle erinnert fühlen. Ansonsten laufen die Zwischensequenzen eher im Stil der Serie ″24″ ab, wobei sich der Bildschirm in mehrere Fenster aufteilt.
Details, Details, Details
Etwas zu gut gemeint haben es die Entwickler mit den Störeffekten während dieser Szenen. Diese treten eindeutig zu oft und zu intensiv auf. Das passt zwar, wenn Max gerade sehr stark verletzt oder sturzbetrunken ist, ansonsten aber weit weniger. Davon abgesehen gibt es an der Inszenierung nichts auszusetzen. Die Dialoge sind kinoreif geschrieben und gesprochen und trotz des abgespeckten Film-Noir-Gefühls erschafft Max Payne 3 eine ganz eigene und kaum weniger intensive Atmosphäre, während die Geschichte auf ihr unerbittliches Finale zusteuert. Einen Großteil zur Dichte der Erzählung trägt auch die Tatsache bei, dass ihr während des Spielens niemals durch Ladebildschirme unterbrochen werdet – außer, wie bereits erwähnt, ihr ladet eine Speicherstelle nach.
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