Test - Mario Party Superstars : Hallelujah: Back to the roots!
- NSw
Der Weg in die Zukunft von Mario Party führt zurück in die Vergangenheit. Mario Party Superstars leiht sich Inhalte und Mechaniken aus den goldenen Zeiten der Reihe und sichert sich somit sein Fortbestehen. Mit verbessertem Balancing und großflächigem Feinschliff ist Mario Party so gut wie seit seinen Tagen auf dem GameCube nicht mehr. Nur etwas fehlt. Was das ist, erfahrt ihr in unserem Test.
Erst Begeisterung, dann Übersättigung, schließlich ein Entwicklerwechsel verbunden mit Experimenten, die an den Stärken der Reihe vorbeischrammen, und zuletzt eine vorsichtige Rückbesinnung auf alte Tugenden, die aber ihr volles Potenzial nicht auszuschöpfen wusste. Die Geschichte von Mario Party ist mindestens so turbulent wie eine Partie derselben. Von euphorischen Höhenflügen bis hin zu niederschmetternden Talfahrten war es seit dem Wechsel von Hudson Soft zu NDCube ein Würfelspiel.
Super Mario Party, der bisher letzte Ableger der Reihe, schien eine neue Glückssträhne anzudeuten. Geschichte war das ungeliebte Fahrzeug, mit dem alle Spieler gleichzeitig über das Brett ziehen, und zurück war die klassische Mechanik, mit der Münzen gegen gewöhnliche Sterne getauscht wurden. Die Party schien wieder ins Rollen zu kommen, taumelte aber durch wenige sehr kleine, generische Spielbretter mit zu wenigen eigenen Mechaniken, Joy-Con-Zwang und eine sehr unausgeglichene Münz-Ökonomie.
Mario Party Superstars geht den nötigen Schritt weiter. Oder viel eher zurück, denn beim neuesten Teil für die Switch handelt es sich streng genommen um eine Best-of-Collection der Reihe. Fünf Spielbretter, immerhin eines mehr als noch im Vorgänger, kehren aus den glorreichen Mario-Party-Tagen des Nintendo 64 zurück. Die 100 Minispiele wiederum sind allen Konsolen-Ablegern bis Mario Party 10 entliehen.
Man könnte sagen, die Entwickler gehen mit wieder aufgewärmten Spielbrettern und dem praktischerweise Hand in Hand gehenden Nostalgie-Faktor auf Nummer sicher. Mario Party Superstars ist aber weit mehr als das. Es sind vor allem Kleinigkeiten, die auf dem Papier marginal erscheinen, in der Praxis aber den Unterschied machen und belegen, dass NDCube sich das Feedback zum Vorgänger zu Herzen genommen hat.
Worum geht’s überhaupt?
Für diejenigen, die bisher noch nicht mit Mario Party in Berührung gekommen sind: Grundlegend handelt es sich um ein Brettspiel, über das vier Spieler per Würfel ziehen. Ziel ist es, das Feld des Sternes zu erreichen, der im Austausch gegen Münzen den Besitzer wechselt. Das Spielbrett besteht aus Feldern mit unterschiedlichen Effekten. Je nachdem, wo die Figur landet, erhält oder verliert sie einen Münzbetrag, kann Items kaufen, sich für Abzweigungen entscheiden oder löst ein unter anderem spielbrettspezifisches Ereignis aus.
Nachdem jeder Spieler am Zug war, wird ein Minispiel gestartet. In Abhängigkeit des Feldes, auf dem die Figuren gelandet sind, tritt jeder gegen jeden an oder es wird in 2-vs.-2- beziehungsweise 1-vs.-3-Konstellationen gespielt. Für den Sieg winken wiederum Münzen. Es gewinnt, wer am Ende der Partie die meisten Sterne ergattern konnte. Dabei halten sich Glück und Geschick im Idealfall die Waage. Dennoch können unvorhergesehene Ereignisse den Ausgang noch in der letzten Runde völlig umkrempeln. Erfahrene und unerfahrenere Spieler haben somit in der Regel ähnliche Chancen auf den Sieg.
Aus Alt mach Neu
Für Mario Party Superstars wurden fünf Bretter aus den ersten drei Teilen für ein Facelift auserkoren. Dabei handelt es sich um Peachs Geburtstagstorte und Yoshis Tropeninsel aus Teil 1, Horror-Land und Space-Land aus Teil 2, sowie Woodys Wald aus Teil 3. Darüber, ob es sich um die besten Exemplare aus knapp 20 Kandidaten handelt, lässt sich streiten. Entscheidend ist, dass sich die Bretter sowohl visuell, als auch spielerisch voneinander unterscheiden.
Sichtlich viel Mühe ist in die Neugestaltung der Bretter gefallen, die auf ihrer Ursprungsplattform noch vollkommen flach und matschig aussahen. Jetzt schmücken lebendige Details die Flächen abseits der verschlungenen Pfade, saftige Früchte machen Lust auf Urlaub und fast fotorealistische Löffelbiskuits lassen einem das Wasser im Munde zusammenlaufen. Während Yoshis Tropeninsel ständig die Position des Sterns mit Querulant Bowser austauscht, eröffnet das Horror-Land im Wechsel von Tag und Nacht neue Pfade. Space-Land hingegen scheucht Spieler mit rasenden Raumschiffahrern quer übers Feld, während ein Countdown unheilvoll allen sämtliche Münzen zu nehmen droht, die nicht auf der Hut sind. Und Woodys Wald wiederum versucht die Spieler mit seinen ständig wechselnden Abzweigungen in die Irre zu führen. Optisch und mechanisch ist für Abwechslung gesorgt.
Der zentrale Unterschied zu den Spielbrettern aus Super Mario Party besteht in der Gestaltungskunst früherer Teile. Es handelt sich nicht um simple quadratische Flächen, die thematisch angepinselt wurden. Stattdessen wirken die Pfade, als wären sie in eine bereits vorhandene Umgebung eingeflochten worden. Gerade das macht den Witz aus: Alles kann ein Spielbrett sein. Kleinere Verbesserungen wie zusätzliche Item-Shops oder versetzte Koopa-Banken sorgen für etwas mehr Pfiff in zum Zeitpunkt ihres Debüts noch nicht perfektionierten Schauplätzen. Insbesondere hervorzuheben ist Peachs Geburtstagstorte. Indem die Abzweigung zu Bowser hinter den Stern versetzt wurde, können vom Pech verfolgte Spieler nicht mehr in eine Schleife geraten, in der sie nie zum Stern gelangen. Piranha-Pflanzen können nun statt Sternen wahlweise auch nur Münzen stehlen. Optimierungen wie diese bügeln die Makel der Vorlagen aus.
Eine Frage der Balance
Entscheidend dafür, wie fair und spaßig es in Mario Party zugeht, ist ein Begriff, der zunächst trocken und wirtschaftlich klingt: Münz-Ökonomie. Es handelt sich um ein Gleichgewicht aus Verdienst und Kosten. Diese Balance kann schnell ins Ungleichgewicht geraten, wenn das Spiel zu spendabel mit Münzen und Boni umgeht, umgekehrt aber nur Peanuts für den Kauf von Sternen und mächtigen Items verlangt. Können Spieler sich zu jeder Zeit alles leisten, geht ein gehöriges Stück Strategie und damit Spaß verloren. Kaufe ich mir ein Item, um später einen Vorteil zu haben, kann mir aber womöglich nicht den nächsten Stern leisten?
Hier geriet der Vorgänger Super Mario Party ins Straucheln. Sterne kosteten gerade einmal 10 Münzen, also das Startkapital, das Spieler zu Beginn einer Partie oder nach dem Sieg in einem Minispiel erhalten. Sogar Minispiel-Verlierer wurden mit Münzen belohnt. Vor diesem Hintergrund waren auch übermächtige Items wie die Gold-Röhre, die für 10 Münzen direkt zum Stern befördert, für ihren Zweck viel zu billig. Man kam schlichtweg nie in die Verlegenheit, sich einen Stern leisten zu können. Der Sieg hing daher ausschließlich davon ab, wer am glücklichsten würfelt und die meisten Partner hat, die dabei helfen.
In Mario Party Superstars wurde ordentlich nachgebessert. Sterne kosten wieder wie früher 20 Münzen. Die Gold-Röhre sogar 25. Wer diese Abkürzung nehmen will, muss also auf jeden Fall 45 Münzen auf der Kante haben. Obwohl die Spielbretter nun mit zahlreichen Glücksfeldern gespickt sind, die recht großzügig mit den Talern und Items um sich werfen, hat NDCube eine ganz gute Balance hinbekommen. Es gibt genügend Ereignisse, Bowser-, Duell- und Chance-Time-Felder, um den Geldfluss etwas auszugleichen.
Viele Freiheiten
Worin Mario Party Superstars darüber hinaus ein guter Wurf gelungen ist, sind zahlreiche Komfortverbesserungen und nach Abwesenheit wiederkehrende Einstellungsmöglichkeiten. Der Spielfluss, ein oft kritisierter Punkt, wurde stark beschleunigt. Die Fortbewegung über das Brett läuft schneller ab, Ereignisse lassen sich beschleunigen, sogar Minispiel-Erklärungen deaktivieren. Von Leerläufen ist Superstars kaum noch geplagt.
Darüber hinaus kann die Stärke der CPU wieder individuell eingestellt, Handicaps vergeben und die Auswahl der Minispiele angepasst werden. Sogar die alten Instrumentalisierungen der Spielbrettmusik laufen auf Wunsch im Hintergrund. Besonders praktisch ist die Möglichkeit, Partien sowohl offline als auch online jederzeit unterbrechen und zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufnehmen zu können. Bis zu zehn Save-Files können gesichert werden. Und wem die Party nicht lange genug geht, der fügt im laufenden Spiel zusätzliche Runden hinzu. Großartig, mehr Freiheiten sind immer gut!
Der Online-Modus ist inzwischen ab Release standardmäßig integriert. Ein Feature, das Mario Party seit Jahren fehlte. Klar, gemeinsam vor einem Bildschirm lässt Superstars seine Multiplayer-Muskeln erst so richtig spielen, aber die Mitspieler wohnen vielleicht nicht immer ums Eck. Leider wurden die Online-Features erst einen Tag vor Ende des Testzeitraums freigeschaltet. Mangels Mitspielern konnten wir die Funktionalität daher nicht unter die Lupe nehmen. Wer, aus welchen Gründen auch immer, keinen Voice-Chat nutzen möchte, kann übrigens auch witzige Sticker während des Spiels posten, um seiner (Schaden-)freude Ausdruck zu verleihen.
Und was gibt’s sonst noch?
Die Nebenbeschäftigung in Mario Party Superstars ist der Minispiele-Berg. Hier können sämtliche Minispiele auch von den Spielbrettern losgelöst gespielt werden. Zwar gibt es diverse Unterkategorien wie 1-vs.-3- oder Puzzle- und Sport-Minispiele, doch im Kern handelt es sich immer um dieselbe Art der Beschäftigung. Online darf man sich in einem Endlos-Modus beziehungsweise täglichen Herausforderungen versuchen. Die Zahl der online spielbaren Minispiele ist also nicht mehr auf zehn Stück begrenzt wie in Super Mario Party. Als Belohnung für den Party-Modus und den Minispiele-Berg winken Punkte, die im Shop gegen zusätzliche Sticker, Musikstücke, Enzyklopädie-Einträge und ähnliche Kleinigkeiten eingelöst werden können. Bedeutsamere Gegenleistungen wie beispielsweise ein freischaltbares Spielbrett hätten als Motivation sicher nicht geschadet.
Im Vergleich zu Super Mario Party liefert Superstars ein Brett mehr, bietet abgesehen vom klassischen Modus und dem Minispiele-Berg aber wenig Abwechslung. Super Mario Party verrante sich in zusätzlichen Modi, worunter der Hauptmodus litt. Superstars konzentriert sich voll und ganz auf das Kerngeschäft, das deutlich an Qualität gewonnen hat. Immerhin verbringt man im Party-Modus ohnehin die meiste Zeit. Insofern ist die Konzentration auf Klasse statt Masse das wünschenswertere Ergebnis.
Kommentarezum Artikel