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Test - Little Orpheus : Irre lustig: Baron Münchhausen trifft Jules Verne

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Minutiös ausgearbeitetes Jump n-Run-Gameplay? Knackige Rätsel? Monströse Bosse? Als ursprünglicher Handy-Titel, der unterwegs Kurzweil garantieren sollte, mag Little Orpheus nichts davon auf die Waage bringen. Im Ausgleich dafür erzählen die Entwickler von The Chinese Room ein köstlich blödsinniges Seemannsgarn, das mehr als ein Mal zum Schmunzeln anregt und dadurch prächtig unterhält. Nun könnt ihr die hanebüchene Geschichte des russischen Forschers Ivan Ivanovitch auch auf Konsolen und PC genießen.

Allein der Name des Helden reicht aus, um Little Orpheus jegliche Ernsthaftigkeit abzusprechen. Ein Russe namens Ivan Ivanovitch? Nee, ist klar. Und wenn ihr ihn reden hört, ist es sowieso gleich vorbei mit der Stille. Ihr werdet schon im Intro vor Lachen prusten, weil Ivan und sein Vorgesetzter den klischeehaftesten russischen Akzent zum Besten geben, der je in einem Spiel zu hören war. Dagegen klingt selbst Pavel Chekov in den jüngsten Star-Trek-Filmen noch glaubhaft.

Warum Ivan von einem General verhört wird, ergibt sich augenblicklich. Die Geschichte spielt in den Sechzigern, also im tiefsten Sumpf kommunistischen Misstrauens, als die frontal verhärteten Lebensansichten von West und Ost durch sündhaft teure Prestige-Forschungsmissionen in direkte Konkurrenz traten. In diesem Fall flog Ivan Ivanovitch nicht zum Mond, sondern unter die Erdkruste, um herauszufinden, ob im Erdinneren Leben möglich ist.

Allerdings verlor unser schlaksiger Kosmonaut während seiner dreijährigen Abwesenheit nicht nur wertvolle atomar gespeiste Ausrüstung, sondern auch eine hochentwickelte Waffe namens Little Orpheus. Zurück im Hauptquartier muss er sich nun vor einem General rechtfertigen, was in einem höchst amüsanten, weit ausschweifenden Seemannsgarn mündet, das die besten erzählerischen Tugenden von Jules Verne und den Lügenmärchen eines Baron Münchhausen miteinander verquirlt.

Unter der Erde geht es verrückt zu

Was er erzählt, spielt ihr nach, und zwar in Form eines 2D-Jump-and-Runs in dreidimensionaler Grafikgestaltung. Von Super Mario keine Spur, denn es geht eher gemächlich zu. Hier sollt ihr über eine große Lücke springen, da schwingt ihr wie Tarzan von einer Liane zur nächsten und wieder woanders klettert ihr an Plattformen hoch, um Schalter zu erreichen. Wenn ihr mal etwas verschiebt, dann geht es meist um Steinblöcke, die euch als Vorsprung dienen, oder – gerade am Anfang des Spiels – um Energiekugeln, die auf Schienen entlangrollen.

Der spielerische Anteil von Little Orpheus ist also keineswegs aufregend und kann auch von blutigen Neulingen absolviert werden. Von einem Geschicklichkeitstests zu sprechen, wäre weit übertrieben. Vielmehr stellen die Lauf- und Hüpfeinlagen Verbindungssegmente für die Erzählung dar.

Kleine Puzzles sind die einzigen Spielelemente, die euch für eine Minute aufhalten, bevor es weiter von links nach rechts in neues unbekanntes Gebiet geht. Beispielsweise müsst ihr in Kapitel 2 die erwähnten gigantischen Energie-Kugeln an Schienen entlang rollen, damit sie in Fassungen landen und Türen bewegen. Was nicht immer auf Anhieb funktioniert, weil mechanische Elemente ihren Zugang blockieren. Nichts von all dem dient als anspruchsvolles Hirnfutter. Ihr seht das Hindernis, analysiert die Lage und macht euch an die Arbeit. Wenn ihr scheitert, dann höchstens, weil ihr mal zu langsam reagiert habt oder weil ihr beim Hantieren von einem Bewohner einer unterirdischen Zivilisation entdeckt wurdet.

Verstecken und schleichen gehört alle Naselang zum Plot, weil solche Intermezzi als Teil des Seemannsgarns Spannung erzeugen. In den unterirdischen Höhlen findet Ivan nämlich allerhand Fantastisches, meist Überlebensgroßes, was jede Entdeckung seines kleinen zierlichen Körpers zu einer Gefahrensituation macht. Allzu heftige Spoiler würden die Spannung verderben, daher sei nur angerissen, dass Dinosaurier, meterlange Magenwürmer und seltsame Riesen mit Taucherglocken-Köpfen nur die Spitze des Eisbergs darstellen.

Schalten sie auch nächstes Mal wieder ein ...

In den acht großen Kapiteln des Spiels erreicht Ivan jeweils ein neues, thematisch in sich geschlossenes Szenario mit frischen Herausforderungen und mitunter clever gestalteten Umwelteinflüssen, die dem Hüpfspiel-Grundgerüst eine frische Note verpassen. Nun ja, zumindest größtenteils. Je näher es dem Ende des Spiels zugeht, desto öfter wiederholen sich die Aufgabenstellungen, wodurch der Spielablauf auf lange Sicht gesehen leider etwas zähflüssig wird. Solltet ihr also ein Feuerwerk an Spielideen erwarten, dann seid ihr bei Little Orpheus an der falschen Adresse.

Viel amüsanter als das, was ihr mit dem Joypad verrichtet, sind die vielen Anekdoten und Einwände, die Ivan und sein Vorgesetzter währenddessen von sich geben. Mit der Zeit entwickelt der General nämlich eine süffisante Art, seine Zweifel an Ivans Geschichte zum Ausdruck zu bringen. Mal sarkastisch, mal schlicht ungläubig und mal an der Grenze zur Begeisterung bohrt er in bester Geheimdienst-Verhörmethode in Ivans Erinnerungen, während sich unser Hauptdarsteller von einem dünnen Strohhalm zum nächsten rettet.

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Seine Ausschweifungen werden immer absurder, sodass dem General gelegentlich der Kragen platzt, was Ivan aber nicht davon abhält, mit beschwichtigenden Ausreden in neue hanebüchene Erzählstränge umzuleiten. Das, was er seinem Vorgesetzten auf den Bauch pinselt, geht auf keine Kuhhaut, und ihr sitzt beim Spielen nur da und fragt euch, was wohl als Nächstes kommt. Vor allem, wenn die Geschichte durch einen Cliffhanger gestoppt und mithilfe eines Abspanns in TV-Serien-Tradition unterbrochen wird, damit ein Off-Kommentator dramatische Wendungen für die nächste Episode versprechen kann.

Vom Handy auf den großen Bildschirm

Die Erzählung macht Little Orpheus allem voran zu einem Ohrenschmaus - mit zuschaltbaren Untertiteln, damit ihr die englische Sprachausgabe mit ihrem heftigen Fake-Russisch-Akzent auch jederzeit versteht. Die Umsetzung des Stoffs bringt jedoch keine technischen Werte mit, die erwähnenswert wären. Immerhin, das Art-Design ist stimmig, sodass jede neue Umgebung ihren eigenen Schauwert mitbringt. In den Höhlen sorgen Licht, Schatten und Nebel nicht nur für stimmungsvolle Szenen, sondern auch für spielerische Klarheit, etwa wenn ein Riese die Umgebung untersucht. Anhand des Lichtscheins seiner Taucherglocke erkennt man immer, wo sein Blick hinfällt und wo man sicher steht.

Little Orpheus - Launch-Trailer

Im 2D-Puzzle-Platformer Little Orpheus erlebt ihr haarsträubende Abenteuer im Geiste von Reise zum Mittelpunkt der Erde und den Lügenmärchen des Baron Münchhausens.

Man darf nur nicht genau hinschauen, wenn es um Oberflächendetails und Animationen geht. Was auf dem Handy noch fantastisch aussah, erscheint auf einem großen TV-Bildschirm oder PC-Monitor technisch veraltet und etwas grob. Obwohl gewisse Physik-Regeln die Umgebung beeinflussen und zwischenzeitlich sogar verformen, wirkt alles maßlos überzeichnet, was sicherlich daran liegt, dass die Veränderungen auf einem kleinen Smartphone-Bildschirm sofort zu erkennen sein sollten. Aus demselben Grund stellen auch die Hüpfspielpassagen keine große Herausforderung dar. Sie sind eben auf kleine Touchscreens mit verzögerten Eingaben gemünzt.

Die Umsetzung geht trotzdem insofern in Ordnung, als dass auch Ultrawide-Monitore unterstützt werden und der Comic-Grafikstil gerade in den Zwischensequenzen makellos bleibt. Es offenbaren sich keine technischen Schwächen oder gar Präsentationslücken, die der Ursprungshardware geschuldet wären.

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