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Test - Life is Strange 2 : Noch einmal mit Gefühl

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„Emotional!“ Wann immer die Sprache auf Life is Strange kommt, dauert es nicht lange, bis dieses Wort fällt. Das Abenteuer von Max und Chloe rührte eine ganze Spielergeneration zu Tränen, und auch wenn die beiden im zweiten Teil nicht mehr vorkommen, so verspricht sein Auftakt eine ähnlich emotionale Reise zu werden.

Es beginnt wie ein ganz normaler Tag im Leben eines Teenagers. Sean bereitet sich auf die Halloween-Party vor, der er schon wochenlang entgegenfiebert. Denn dort hofft er, endlich seinem großen Schwarm Jenn näher zu kommen, in die er schon seit Ewigkeiten verschossen ist. Sein Vater ermahnt ihn noch, die Finger von Alkohol und Drogen zu lassen, gibt ihm aber dennoch liebevoll etwas Geld mit auf den Weg. Chips und Limo wandern aus dem Kühlschrank in den Rucksack (oder eher Bier und Gras?), alles ist bereit.

Life is Strange 2 - Launch Trailer
Life is Strange 2 startet mit Episode 1 in einer Woche durch; den Launch-Trailer gibt es schon jetzt.

Doch dann kommt alles anders. Eine Auseinandersetzung zwischen Seans kleinem Bruder Daniel und dem streitlustigen Nachbarsjungen eskaliert. Dem Polizisten, der herbeieilt, um die Situation zu schlichten, gehen die Nerven durch. In der Aufregung löst sich ein Schuss. Der Vater der beiden Brüder wird tödlich getroffen. Von nun an sind sie auf der Flucht. Denn der Vorfall hat eine übernatürliche Kraft in Daniel entfesselt, mit der er Polizeiwagen durch die Luft schleudert, als seien es Matchbox-Autos.

Brothers: A Tale of Two Sons

Life is Strange 2 ist die Geschichte vom Road-Trip der Brüder auf dem Weg nach Mexiko, wo sie sich bei entfernten Verwandten Schutz erhoffen. Ihr spielt Sean, den älteren der beiden, der von einer Sekunde auf die andere erwachsen werden muss, weil er sich von nun an um seinen kleinen Bruder kümmern muss. Ein Bruder, der eigentlich noch Kind ist, aber über Kräfte verfügt, deren wahre Macht er noch nicht ansatzweise abschätzen und erst recht nicht kontrollieren kann.

Entwickler Dontnod folgt damit durch und durch dem Konzept des ersten Teils, indem einmal mehr das Phantastische zwar Auslöser für dramatische Entwicklungen, aber nie Mittelpunkt einer Geschichte ist, die sich in erster Linie um das Schicksal und die Beziehung zweier Menschen zueinander dreht.

Die Konsequenzen eurer Entscheidungen, die zwar in der ersten nun erschienenen Episode noch nicht abschätzbar, aber schon erwartbar sind, machen dies zum zentralen Thema des Spiels: Wie entwickelt sich das Verhältnis der beiden Brüder? Wächst Sean in seine Vaterrolle hinein oder werden sie sich entfremden? Welche Haltung entwickeln sie gegenüber der Welt und ihrer Situation: Heiligt der Zweck die Mittel? Ist beispielsweise Stehlen in Ordnung, wenn man kurz vorm Verhungern ist? Oder behält man sich selbst im Angesicht der Gefahr den Anstand? Und welche Rolle werden Daniels Kräfte im Geflecht all dieser Fragen spielen?

Achter- oder Geisterbahn der Gefühle?

Einmal mehr beeindruckt Dontnod mit der Vielschichtigkeit, die der Entwickler ganz nebenbei dem Geschehen verleiht. Die Anfangsszene etwa, die den Alltag vor Ausbruch der Katastrophe zeigt, gibt ganz subtil einen realistischen Einblick in die soziale Lebenswirklichkeit einer amerikanischen Arbeiterfamilie mit Migrationshintergrund, an deren Beispiel sogar Themen wie der latente Rassismus weißer Polizisten verhandelt wird. Auf ihrer Reise durch den amerikanischen Nordwesten begegnen ihnen die Menschen mit Mitgefühl und Hilfsbereitschaft, aber eben auch mit Anfeindungen, die sie allein aufgrund ihrer Herkunft des Stehlens und der Wegelagerei bezichtigen.

Gleichwohl fallen einige Charaktere, wie schon im Vorgänger, sträflich eindimensional aus. Der böse Nachbar gibt sich gleich zur Begrüßung mit dem Stinkefinger als solcher zu erkennen, und die guten Jungs streicheln süße Hunde. Als Sean und Daniel im Land der Hinterwäldler dann an einen amerikanischen Patrioten geraten, der es mit seiner Bürgerpflicht etwas zu verbissen nimmt, klopft die Melodramatik schon ziemlich laut mit dem Holzhammer an die Tür. Life is Strange 2 muss in den kommenden Episoden noch zeigen, ob es das Gleichgewicht beim Balancieren zwischen Emotion und Kitsch halten kann. Denn in seiner Thematik, sogar bis hin zu ganz konkreten Szenen wie einer verwüsteten Tankstelle, erinnert es auffallend an das ähnlich geartete Beyond: Two Souls, das in der Achterbahn der Gefühle irgendwann die rechte Spur verlor und in die Geisterbahn abbog.

Grafiksprung

Grafisch macht Life is Strange 2 im Vergleich zum Vorgänger einen deutlichen Schritt nach vorne. Die Areale sind deutlich größer: Die Straße, in der die beiden Jungs wohnen, fühlt sich wirklich wie der Teil einer amerikanischen Vorstadt an und nicht wie ein Häuschen, dessen Gartenzaun den Rand der Spielwelt einrahmt. Vor allem das Licht, mit dem die Unreal Engine die Umgebung in Szene setzt, verleiht ihr eine Plastizität, die dem Vorgänger abging: Sonnenstrahlen kräuseln sich durch die Blätter der Bäume, und der dezente Glanz der Autoscheinwerfer bricht sich in den Regentropfen auf der Windschutzscheibe. Nur die Charaktermodelle wirken leider noch immer arg puppenhaft.

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