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Special - Ahmet-Kolumne: Hass im Shitstorm : Haters gonna Hatred

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    Das Internet ist mal wieder explodiert - weil ein polnisches Entwicklerstudio einen gewaltverherrlichenden Spiele-Trailer veröffentlicht hat. Was viele nicht wissen: Der Hatred-Shitstorm ist heuchlerisch und dumm.

    (Anm. d. Red.: Wie immer bei Gastbeiträgen gilt: Die Meinung des Autors muss nicht zwangsläufig mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.)

    Erinnert ihr euch noch an die Szene aus "Frankenstein" (1931) mit dem aufgebrachten Mob auf dem Marktplatz? Bei Shitstorms im Internet muss ich immer an diese Szene denken. Aktuell erhitzt vor allem Hatred, ein virtueller Amoklauf des polnischen Studios Destructive Creations, die simplen Gemüter. Genauer gesagt ist es der Trailer, der den Netzmob auf die Barrikaden bringt. Den Kommentaren entnehme ich, dass der Clip das Ende der Zivilisation einläutet.

    Ich wollte mich eigentlich nicht dazu äußern, denn ich habe früh gelernt, dass solche Diskussionen zu nichts führen. Andererseits muss ich ja irgendwas abliefern, sonst lässt mich Gameswelt fallen wie eine heiße Kartoffel. In der Welt der Freelancer gibt es nämlich keine zweiten Chancen. Schon gar nicht für einen Freelancer mit Migrationshintergrund. Gameswelt verheizt Migranten, zerstört Existenzen und einige der Verantwortlichen haben früher mal Böhse Onkelz gehört – eine Band mit rechten Wurzeln. Die würden nur all zu gerne sehen, wie der fettleibige türkischstämmige Kolumnist auf die Schnauze fällt.

    Das Internet sagt immer die Wahrheit

    Was ich da über Gameswelt geschrieben habe, entbehrt natürlich jeglicher Grundlage. Dort arbeiten in Wirklichkeit nur nette Leute und keiner von denen hört Onkelz – glaube ich zumindest. Wobei ein paar Redaktionsmitglieder Die Ärzte hören, und das finde ich viel schlimmer. Nur 14-jährige Teenager-Mädels dürfen Die Ärzte gut finden, aber das ist ein anderes Thema. Mit den Gameswelt-Anschuldigungen in obigem Abschnitt wollte ich nur demonstrieren, dass im Internet jeder Schweinehoden irgendwelche Behauptungen aufstellen kann. Nur weil etwas auf irgendeiner Website steht, muss es noch lange nicht die absolute Wahrheit sein. Ja, das beinhaltet auch die Worte, die ich gerade in die Tastatur tippe. Mein Tipp für ein besseres Leben: Man sollte fremde Meinungen maximal als Richtschnur werten und sich, wenn möglich, selbst ein Bild von einer Sache machen.

    Hatred ist ein verbogenes iPhone ist Assassin’s Creed ohne weibliche Spielfigur ist Angela Merkels Wortgedächtnis. Eine kleine Mücke, die zum Elefanten gemacht wird. Frustrierte Idioten möchten sich einfach nur das Maul über etwas zerreißen, weil sie auf diese Art wahrgenommen werden und weil es gut tut, irgendwo draufzuhauen. Weil es so viele von diesen Idioten gibt, posten Nachrichtenseiten immer weniger wichtige News und immer mehr YouTube-Videos, die misshandelte Tiere zeigen oder Karpfen, die mit Katzen kämpfen. Darüber kann sich der Pöbel dann richtig schön aufregen und sich in den Kommentaren gegenseitig an die Gurgel gehen. Früher musste man sich deswegen noch mit Fackeln und Mistgabeln auf dem Marktplatz versammeln, aber heute genügen wenige Klicks.

    Apropos früher: Als die Menschen noch in kleinen Siedlungen lebten, hatte jedes Mitglied der Gemeinde eine Aufgabe und jeder kannte jeden. Heute leben wir quasi anonym in großen Städten und kennen oft nicht mal unsere Nachbarn. Das große Problem daran ist, dass der Mensch seine Identität und Denkfähigkeit erst innerhalb und mithilfe sozialer Beziehungen entwickelt. Deshalb rennen ja immer mehr Kaputte zur Psychotherapie, denn dort hört ihnen endlich mal jemand zu und geht wirklich auf sie ein. Was ich damit sagen will: Nicht Hatred ist das Problem, auch nicht eine Handvoll verbogener iPhones und erst recht nicht eine Bundeskanzlerin, die während einer Rede das Wort „Festnetz“ vergisst. Die Unzufriedenheit der Menschen ist das Problem.

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