Test - Jump Force : Wenn Son Goku auf Monkey D. Ruffy trifft
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Anlässlich ihres 50-jährigen Bestehens schnappt sich das Anime-Magazin Weekly Shōnen Jump einen großen Batzen seiner beliebtesten Figuren und wirft sie zusammen in die Arena. Gon aus Hunter X Hunter, Gaara aus Naruto oder auch Yugi Moto aus Yu-Gi-Oh! hauen sich in diesem Beat-’em-up gegenseitig die guten Manieren aus dem Leib. Zusätzlich zu dem relativ komplexen Kampfsystem besticht das Spiel von Spike Chunsoft mit einer großen Anzahl an spielbaren Figuren, einem soliden Charaktereditor und visuell höchst beeindruckenden Effekten.
Als Vegeta sich verwandelt und sein volles Potenzial entfesselt, war der Kampf, zumindest in meinem Kopf, schon gewonnen. Doch dann ist etwas äußerst Merkwürdiges passiert. Son Gokus ewiger Rivale wird frontal von einer Rakete getroffen und kurze Zeit später von einem italienischen Kleinwagen angefahren. Durch die Wucht des Zusammenpralls wird der Prinz der Saiyajin mehrere Meter in die Luft geschleudert, zusammen mit einigen höchst explosiven Fässern, von denen ich hätte schwören können, dass sie zuvor noch nicht da waren.
Aus dem Miniaturauto steigt Ryo Saeba aus, der City Hunter, der mit ein paar gut gezielten Schüssen dafür sorgt, dass Vegeta in einer gigantischen Explosion zugrunde geht. Wieder einmal hat sich die Waagschale zu meinen Ungunsten geneigt und in einem unübersichtlichen Effektgewitter mein frühes Ende herbeigeführt. Hätte ich doch nur rechtzeitig zu Killua aus Hunter X Hunter gewechselt und mit göttlicher Geschwindigkeit pariert ...
Happy Birthday, Shōnen Jump!
Was wie ein recht krudes Crossover der Marke Fanfiction anmutet, ist in Wirklichkeit Teil der Geburtstagsparty des größten Manga-Magazins der Welt. Die Weekly Shōnen Jump wird 50 Jahre alt und feiert ihr Bestehen mit einem Prügelspiel, das viele ihrer ikonischen Figuren in einen Topf wirft und im Endlostakt gegeneinander antreten lässt. Wer sich also je gefragt hat, wer in einem Kampf zwischen Himura Kenshin und Roronoa Zoro den Kürzeren ziehen würde, bekommt in Jump Force endlich eine Antwort.
40 spielbare Charaktere aus 14 verschiedenen Anime stehen zur Verfügung. Zusätzlich hat Dragon-Ball-Zeichner Akira Tooriyama eigens für dieses Spiel vier neue Figuren entworfen und Light Yagami sowie Ryuk aus Death Note laufen euch ebenfalls über den Weg, wenn auch nicht als wählbare Kämpfer. Auf den ersten Blick scheint mit Jump Force also der Traum eines jeden Animefans in Erfüllung zu gehen. Für solche, die einfach nur kurz eine Runde zocken wollen, kann der Prügler aber auch ganz schnell zum Albtraum werden.
Taktik, bitte
Habt ihr keine Vorerfahrung mit Spielen dieser Art, also weder Dragon Ball Xenoverse noch Naruto Ninja Storm je gespielt, wirken die ersten Kämpfe in Jump Force wie der sprichwörtliche Sprung ins kalte Wasser. Unwissend, was ihr da eigentlich tut, und mit einem Gegner, der Gnade nicht in seiner Programmierung finden kann, seid ihr dazu verdammt, eine ordentliche Abreibung zu kassieren. Und selbst wenn ihr gewinnt, liegt das meist eher am Anfängerglück als an allem anderen. Na ja, vielleicht auch an der recht wankelmütigen KI.
Ihr dürft Spike Chunsofts neuesten Titel nicht wie klassische Prügler angehen, sondern müsst ein wenig um die Ecke und im Voraus denken. Hier geht es darum, mehrere Balken auf dem Bildschirm im Auge zu behalten, sich konstant vor den Attacken des Gegners zu schützen beziehungsweise diese zu blocken und jede Lücke auszunutzen, die ihr finden könnt.
Dafür stehen euch pro Auseinandersetzung drei Krieger zur Verfügung, die sich einen gemeinsamen Lebensbalken teilen. Ihr könnt sie per Knopfdruck mitten im Kampf einwechseln oder sie nutzen, um kurzzeitig Unterstützung zu erhalten. Das Gleiche gilt natürlich für euren Gegner. Entsprechend ist es ab einem gewissen Punkt im Spiel notwendig, die Dreierteams so auszuwählen, dass sich die Figuren gegenseitig ergänzen und Schwächen des jeweils anderen ausgleichen.
Das Grundprinzip sieht vor, dass ihr euch vor Angriffen schützt und selbst Lücken nutzt, um eurem Gegner ein paar kräftige Tritte zu verpassen. Um das zu tun, habt ihr leichte wie schwere Attacken im Repertoire, könnt diese schnell oder langsam aufgeladen vom Stapel lassen und, falls euer Widersacher alle blockt, einen Griff nutzen, um seine Verteidigung zu umgehen. Es geht um Timing, um die richtige Aktion im richtigen Moment.
Zusätzlich kann jede Figur drei mächtige Spezialangriffe auslösen, die je nach Charakter über unterschiedlich viel Kraft und Reichweite verfügen. In der Regel lassen sich auch diese Finisher schlichtweg blocken, weswegen es wichtig ist, den Gegner aus der Reserve zu locken oder seine Abwehr zu durchbrechen. Da dieser genau das Gleiche versucht, wird aus einem actiongeladenen Kampf manchmal ein trauriger Tanz zweier Figuren, die voreinander stehen und abwechselnd attackieren sowie abwehren, ohne je einen Treffer zu landen.
Schafft es der Feind doch einmal, euch ein paar saftige Hiebe zu versetzen, könnt ihr eure Mobilität nutzen, um seiner Schlagkombo zu entkommen. Dieser Dash wird außerdem dazu verwendet, große Strecken in der Arena zu überwinden und dem Kontrahenten direkt in die Arme zu laufen. Auch diese Fähigkeit muss wohlüberlegt eingesetzt werden, denn wer seine Ausdauer zu früh und aggressiv verbraucht, kann sich feindlichen Attacken nicht mehr entziehen und ist ihnen hilflos ausgeliefert.
Wer dieses Spielprinzip einigermaßen beherrscht, ist bereit dafür, in eine noch viel komplexere Welt von Jump Force vorzudringen. Sobald ihr die ersten leichten Kämpfe hinter euch gelassen habt, wird es wichtig, andere Aspekte des Spielprinzips in euer Vorgehen mit einzubeziehen. So gibt es Attacken, die über ein gewisses Element verfügen, und Figuren, die wiederum Resistenzen gegen einige Typen haben.
Ihr könnt den Spezialangriffen Modifikatoren geben, die geringen Einfluss auf das Spielgeschehen haben. So ist es zum Beispiel möglich, einen Feind mit einem Kamehameha zu treffen und dadurch die Regeneration seiner Mobilität einzuschränken. Wer sich also gerne wirklich viele Gedanken macht, bevor er oder sie sich in einen Kampf stürzt, ist in diesem Spiel genau richtig. Falls ihr das nicht wollt, gibt es jedoch die Möglichkeit, unabhängig vom Level eurer selbst erstellten Figur und ohne zusätzliche Modifikationen lokal und online in den Kampf zu ziehen.
Was zur Hölle?
Das größte Problem in Jump Force ist das Effektgewitter. So schön es auch aussieht – und das tut es wirklich –, so kontraproduktiv ist es für die Übersicht im Kampf. Immer wieder wird dieser von einer kurzen bis mittellangen Zwischensequenz unterbrochen. Am Anfang freut man sich über den grimmigen Blick der handelnden Figur, ihrer Attackenankündigung und dem Sturm, der darauf folgt.
Doch nach einer Weile nervt es eigentlich nur noch, vor allem wenn man selbst das Opfer des Angriffs ist. Unfähig, in irgendeiner Weise darauf zu reagieren, wartet man die Katastrophe für die eigene Lebensanzeige ab, hört dem unaufhörlichen Geschrei des Charakters zu und hofft, dass es schnell vorbei ist. Mit etwas Pech folgt direkt die nächste Animation, der Stresspegel steigt, die Lust auf eine kleine Balgerei sinkt.
Da selbst normale Attacken über prunkvolle visuelle Effekte verfügen und es daher auf dem Bildschirm jederzeit bunt zugeht, kann es außerdem recht schwierig sein, die wichtigen Anzeigebalken im Blick zu behalten. Immer wieder wird das Auge abgelenkt und nur wer gegen den Irrsinn auf der Mattscheibe immun geworden ist, hat überhaupt eine Chance, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. In Onlinekämpfen und auf höherem Schwierigkeitsgrad ist dies besonders wichtig, weswegen ihr wahrscheinlich mehrere Stunden Training benötigt, um zu bestehen.
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