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Test - Jagged Alliance 3 : Test: Gelungene Rückkehr der Taktiklegende?

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Ich erinnere mich nur zu gut an die Zeiten von Jagged Alliance nebst Nachfolger (ja, ich weiß, ich bin steinalt). Zusammen mit der UFO-Reihe (also den XCOM-Vorläufern) definierte Jagged Alliance damals das Rundentaktik-Genre und perfektionierte es mit Jagged Alliance 2. Ich mag gar nicht darüber nachdenken, wie viele Stunden ich in Metavira und Arulco verbracht habe. Umso größer also die Freude, dass mit Jagged Alliance 3 endlich eine Wiederbelebung der Reihe stattfinden sollte, und das sogar mit Ian Currie, dem Schöpfer der ersten beiden Spiele, als Berater. Fragt sich nur: ist die Rückkehr gelungen oder reiht sich JA 3 in die lange Liste der Fehlversuche ein?

Seinerzeit den Untergang von Jagged Alliance zu beobachten, war bitter. Das Original von 1995 und der Nachfolger von 1999 nebst der gelungenen Erweiterung Unfinished Business waren genredefinierend. Nach dem Niedergang vor Ur-Entwickler Sir-Tech wanderte die Lizenz von Entwickler zu Entwickler, aber nie kam etwas wirklich Brauchbares dabei heraus. Ableger wie Jazz: Hired Guns oder der Versuch eines Remakes in Form von Jagged Alliance: Back in Action waren bestenfalls unteres Mittelmaß, vor allem im Vergleich mit den legendären Originalen.

Kein Spiel schaffte es, die ausgeklügelte Taktik, die charmant-ruppigen Charaktere, die Rollenspielelemente oder die strategische Ebene auch nur ansatzweise hinzubekommen. 2015 landeten die Rechte von Jagged Alliance dann letztendlich beim heutigen Publisher THQ Nordic, der die bulgarischen Strategie-Entwickler Haemimont Games (Tropico) an das neue Spiel setzte. Der Plan: einen „echten“ dritten Teil der Reihe und so dicht an den Originalen wie nur irgend möglich.

Jagged Alliance 3 schickt euch ins fiktive Land Grand Chien, einer früheren französischen Kolonie in Westafrika. Die aktuelle Regierung dort gerät unter Druck, als die „Legion“, eine paramilitärische Organisation unter der Führung vom „Major“ den amtierenden Präsidenten entführt. Die Familie des Präsidenten kratzt die letzten Mittel zusammen, um eine Söldnertruppe zu engagieren, die den Präsidenten ausfindig machen und befreien soll, damit wieder Ordnung einkehrt. Auftritt für euch, denn eben jenen Söldnertrupp stellt ihr zusammen und stürzt euch in den Kampf um Grand Chien.

Euer erster Schritt führt euch ins A.I.M.-Netzwerk. Dort könnt ihr Söldner verschiedener Erfahrungsstufen (und damit auch unterschiedlichen Honoraren) anheuern, um euren ersten Eingreiftrupp zusammenzustellen. Zudem könnt ihr auf Basis eines recht fragwürdigen Fragenkatalogs auch einen eigenen Söldner erstellen. Schon früh wird klar, dass die Söldner recht individuell sind, auch abseits ihrer Klassifizierungen als Techniker, Schütze, Sprengstoffexperte oder Mediziner. Jeder Söldner hat individuelle Attribute, Perks und Vorzüge. Zudem leveln die Söldner mit der Zeit und ihr könnt zusätzliche Perks aktivieren.

Und sie haben so etwas wie Persönlichkeit. Das bedeutet mitunter, dass bestimmte Söldner nicht bereit sind, für einen Anfänger zu arbeiten. Andere Söldner wollen nicht mit verhassten Kollegen zusammen arbeiten. Das kennen wir von Jagged Alliance 2. Einige bekannte Gesichter tauchen übrigens in der A.I.M.-Datenbank auf. Wer die früheren Teile gespielt hat, erinnert sich sicherlich noch an Namen wie Ivan, Grunty, Gus oder Shadow. Sehr schön. So wie auch die gesamte Aufmachung, die Erinnerungen an die Originale erweckt und einen leicht bizarren 80er-Jahre-Actionfilm-Charme aufkommen lässt.

Bei Ankunft auf der ersten Insel wird schnell klar, dass es sich bei Jagged Alliance 3 sicherlich nicht um einen Blockbuster mit Megabudget handelt. Die sporadischen Zwischensequenzen sind eher zweckmäßig, deutsche Sprachausgabe gibt es nicht, nur englische. Aber immerhin: es gibt deutsche Untertitel und Menüs, Texte und Beschreibungen sind komplett auf Deutsch. Und: es erklärt euch verdammt wenig. Das Spiel nimmt euch nicht gerade bei der Hand und lässt euch durch eure Fehler lernen. Aber: das klappt gut, kaum zu glauben.

Relativ schnell stellt man fest, dass Jagged Alliance 3 erfreulich vielschichtig ist. So gibt es – natürlich – die Missionen mit ihren rundenbasierten Kämpfen. Aber es gibt auch Story-Missionen, Nebenmissionen, die ihr von NPCs in den Sektoren erhalten könnt, sowie eine globale strategische Ebene, die euch keine feste Reihenfolge vorgibt, sondern euch nach eigenem Gutdünken gewähren lässt. Das ist auch gut so, denn die Legion, also euer Widersacher, ist dort ebenfalls aktiv.

Die Spielwelt ist auf der globalen Karte in Sektoren aufgeteilt. Auf der Karte plant ihr euer Vorgehen, verschiebt eure bis zu drei Söldnertrupps und beobachtet die Aktionen eurer Gegner. Zudem könnt ihr in Sektoren, in denen sich eure Einheiten befinden, Aktionen wie Heilung von verletzten Söldnern, Reparatur, Training, Ausbildung von Milizen zur Sektorverteidigung oder Erholung für eure Söldner ankurbeln. Zudem könnt ihr einzelne Sektoren auskundschaften, um an wertvolle Informationen zu kommen. Für jede dieser Aktionen können einzelne Söldner mit entsprechend tauglichen Fähigkeiten abgestellt werden.

Die Spielwelt bietet so einiges an strategischen Schlüsselpunkten. Diamantenminen kurbeln eure Einnahmen an, mit denen ihr wiederum eure Söldner bezahlt und in einigen Siedlungen Ausrüstung kaufen könnt. Häfen sind wichtige Punkte, um den Transport von der Insel zum Festland oder über Flüsse und Ströme zu gewährleisten. Städte und Stadtteile bieten wichtige Ressourcen, Handelsmöglichkeiten und Kontakte mit wichtigen NPCs. Zudem lohnt es sich, die Gegner im Auge zu behalten. Habt ihr beispielsweise eine Mine erobert, müsst ihr durchaus damit rechnen, dass die Legion Truppen für die Rückeroberung aussendet.

Darüber hinaus gilt es, die Ressourcen zu managen. Geld muss her, durch Minen oder auch als Beute aus Missionen. Denn Söldner und Milizen wollen bezahlt werden und es ist katastrophal, wenn ihr mit leeren Taschen da steht. Schrott ist ebenfalls eine Ressource, denn eure Ausrüstung und Waffen verschleißen und müssen immer wieder repariert werden. Und Medizin muss her, um Verletzungen eurer Söldner auszukurieren und ihre Leistungsfähigkeit zu gewährleisten. Allein das ist schon ein Riesenberg an komplexer Arbeit, nicht selten bestimmen Notwendigkeiten eure nächsten Aktionen.

In den Missionen wird es allerdings noch um einiges komplexer. Geht es in einen der Sektoren, könnt ihr euch zunächst einen Überblick verschaffen und Markierungen durch zuvor über den Sektor erhaltene Informationen untersuchen. Dann noch euren Trupp von maximal sechs Söldnern in eine Einstiegszone setzen und los geht es. Solange ihr keinen Feindkontakt habt, könnt ihr eure Einheiten aus typisch-isometrischer Perspektive in Echtzeit bewegen. Kommt es zum Feindkontakt, wird in den Rundenmodus umgeschaltet.

Negativ ist uns dabei aufgefallen, dass die Einstiegspunkte oft ein wenig zu dicht am Missionsgeschehen sind und ihr kaum eine Chance habt, eure Söldner halbwegs sinnvoll zu positionieren, da ihr oft schon wenige Sekunden nach dem Einstieg durch herumwandernde Patrouillen entdeckt werdet. Das verhindert sehr oft eine taktische Planung, zudem macht es heimliches Vorgehen nicht selten komplett unmöglich, obwohl entsprechende Bewegungs- und Kampfoptionen durchaus vorhanden sind.

Kommt es zum Kampf, zeigt Jagged Alliance 3 seine Muskeln, denn es werden unfassbar viele Aspekte berücksichtigt. Genau darum wird euch beispielsweise auch keine Trefferchance angezeigt, so wie es beispielsweise bei XCOM der Fall ist. Ihr müsst schon selbst abwiegen, welche Aktion euch sinnvoll erscheint. Vorsicht ist angebracht, denn JA 3 ist schon auf normalem Schwierigkeitsgrad (es gibt noch zwei höhere) sehr anspruchsvoll, zumal Permadeath für die Söldner ebenfalls ein Thema ist.

Man muss allerdings erwähnen, dass die KI-Gegner zwar hart zu knacken sind, aber nicht unbedingt immer intelligent vorgehen. Klar, sie suchen Deckung, versuchen euch auszuräuchern und möglichst schnell zu beseitigen. Ein wirklich taktisches Vorgehen oder Teamwork konnten wir allerdings nicht so wirklich feststellen. Wenn man das grundlegende Verhalten der Gegner-Archetypen erstmal verinnerlicht hat, werden die Kämpfe durchaus einfacher. Und auch etwaige Verbündete agieren nicht immer clever oder rennen etwas ziellos herum.

Ein Beispiel: bei der Eroberung der Siedlung auf der letzten Insel wäre es klug für die zahlenmäßig deutlich überlegenen Gegner, einfach unsere Angriffe abzuwarten oder uns zu stürmen. Stattdessen kamen nach und nach immer mal wieder kleine Zahlen von Gegnern aus der Siedlung heraus und ließen sich nach und nach eliminieren. Die beiden Scharfschützen auf dem Dach des hintersten Gebäudes waren dann allerdings eine andere Nummer.

Haltung, Position, Bewegung, Deckung, Material der Deckung, Attribute der Söldner, Zustand der Ausrüstung und Waffen, Schutzkleidung des Gegners, Kaliber, Reichweite, Waffengattung, Gesundheitszustand, Deckungsfeuer, Art einer Verletzung … es ist fast mühsam, aufzulisten, was Jagged Alliance 3 bei den Kampfaktionen alles berücksichtigt. Selbst Wetter und Tageszeit spielen eine Rolle. Zudem müsst ihr eure Aktionspunkte pro Runde im Auge behalten.

Jeder Zug und jede Aktion sollte mit Bedacht ausgeführt werden und genau das ist es, was damals Jagged Alliance 2 ausmachte. Das bekommt ihr schon recht früh zu spüren, denn bei den ersten Missionen sind eure Söldner fast durchgängig mit Messern und Pistolen bewaffnet, müssen sich aber schon bald gegen automatische Wummen durchsetzen. Ohne Taktik und Planung werdet ihr da gnadenlos zusammengeschossen. Die Allegorie „mit einem Messer zur Schießerei“ ist hier durchaus nah an der Realität. Aber keine Sorge, mit der Zeit wandert besseres Equipment in euren Besitz.

Allein schon wenn ihr einen simplen Schuss abgeben wollt, gibt es etliche Aspekte, die ihr berücksichtigen könnt. Soll es Salve oder Einzelschuss sein? Wollt ihr auf Kopf, Körper, Arme oder Beine feuern mit entsprechener Auswirkung? Wollt ihr Aktionspunkte für einen gezielteren Schuss opfern oder lieber zwei Mal feuern? Was ergibt Sinn angesichts von Deckung und Schutzkleidung eures Ziels? Das ist viel Micromanagement, aber taktisch irrsinnig spannend, zumal immer etwas Unvorhergesehenes passieren kann. Der Wegfall der Erfolgschanceanzeige war umstritten, ist aber ganz ehrlich genau richtig.

Jagged Alliance 3 - Die Features der Rundentaktik-Spiels im Video

Ihr habt keine Ahnung, was Jagged Alliance ist? Dieser Trailer verrät euch alle nötigen Infos!

Es lohnt sich, die verschiedenen Eigenheiten und Spezialisierungen der Söldner voll auszureizen, eben um auch Pannen zu vermeiden. Ihr wollt nicht, dass euch ein Söldner mit niedrigem Sprengstoffwert eine Granate vor die eigenen Füße wirft oder sich beim Deaktivieren einer Mine selbst wegballert. Ebenso ist es wenig sinnvoll, einem Söldner mit geringem Trefferwert eine Sniper in die Hand zu drücken, wenn daneben der ausgebildete Scharfschütze mit der Machete in der Hand sitzt.

Womit wir bei der Ausrüstung wären, die ebenfalls ein wichtiger Faktor ist. Ihr habt ein recht begrenztes Inventar, sodass einiges an Micromanagement gefragt ist, wer welche Dinge bekommt, was ihr behaltet und was ihr zerlegt. Glücklicherweise gibt es in einigen Sektoren Lagermöglichkeiten. Es gibt etliche Waffen von der Machete über Wurfmesser und Pistole bis hin zu Sturmgewehren, Sniper und RPGs. Hinzu kommen verschiedene Arten von Granaten und Sprengstoffen.

Glücklicherweise hat Haemimont es nicht übertrieben, sodass eure Söldner auf ein gemeinschaftliches Munitionsinventar zugreifen und nicht jeder noch einzeln mit Munition bestückt werden muss. Eben darum lohnt es aber auch, eure Söldner mit unterschiedlichen Waffen auszustatten, damit euch nicht die Munition ausgeht. Zwei Waffensets könnt ihr pro Nase ausrüsten und per Knopfdruck wechseln, zum Beispiel eine AK47 im ersten Slot und ein Revolver nebst Granatenstapel im zweiten. Hinzu kommen Helm, Schutzweste und Beinschutz, sofern vorhanden.

Ist der Kampf gewonen, lohnt es sich, das Missionsgebiet ausgiebig zu erkunden. Gegner tragen oft Beute bei sich, in Häusern und anderen Gebäuden finden sich Behälter mit Ausrüstung oder Materialien, Informationen und mehr, draußen entdeckt ihr Pflanzen, die eure Medizinvorräte auffüllen. In Dörfern und Siedlungen könnt ihr mitunter Handel treiben (oder besser gesagt Ausrüstung kaufen). Zudem gibt es manchmal versteckte Zugänge, zum Beispiel zu Untergrundbereichen, oder NPCs mit Informationen oder Nebenaufgaben.

Die Umgebungen, oder besser gesagt Missionsareale, sind abwechslungsreich gestaltet. Von Wüste über Strände bis hin zu Siedlungen und ganzen Städten ist alles dabei und bietet unterschiedliche taktische Ansprüche. Die visuelle Darstellung ist teils zweckmäßig, teils gelungen und insgesamt ansprechend. Haemimont hat sich durchaus Mühe gegeben, die Areale detailreich und stimmungsvoll in Szene zu setzen, auch wenn sie zuweilen ein wenig zu klein wirken und die unsichtbaren Grenzen der einzelnen Maps etwas irritierend sind.

Technisch hatten wir mit unserer Vorabversion des Spiels einige Ungereimtheiten. Zwar lief das Spiel absturzfrei und weitgehend ohne nennenswerte Bugs. Auch die Performance und Bildwiederholraten bewegten sich im Großen und Ganzen in akzeptablem Rahmen. Irritierend war allerdings, dass das Spiel quasi auf allen getesteten System die Lüfter der Grafikkarten so zum Rotieren brachte, wie es nicht mal Cyberpunk 2077 mit maximalen Einstellungen schafft. Da scheint hinter den Kulissen noch etwas zu haken. Mit einem weiteren PC am Fernseher angschlossen hatten wir massives Tearing zu verzeichnen, die Aktivierung von V-Sync begrenzte das Spiel dann auf 30 fps. Unverständlich. Wir schauen das mit der finalen Version noch genauer an.

Lobenswert ist, dass Haemimont Games eine Gamepad-Steuerung integriert hat, aber auch mit der waren wir nicht ganz zufrieden. Was aber schlicht daran liegt, dass es im Spiel derart viel Bedienelemente gibt, dass die Tasten eines Gamepads kaum reichen. Mit Maus und Tastatur kamen wir letztendlich besser zurecht, auch wenn einige Objekte in den Umgebungen millimetergenaue Klicks erfordern. Zudem hatten wir das eine oder andere Mal das Problem, dass wir einen Söldner nicht auf ein Feld neben einem NPC bewegen konnten, weil dann immer die Dialogoption genutzt wurde.

Übrigens ist das Spiel auch im Zwei-Spieler-Koop online spielbar, das schauen wir uns aber noch genauer an, dafür war die Zeit ein wenig zu knapp.

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