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Test - Gran Turismo 7 : Test: Das beste Gran Turismo seit Jahren

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Gran Turismo 7 fühlt sich nostalgisch an, beinahe ein wenig aus der Zeit gefallen. Ein Rennspiel wie dieses macht niemand mehr. Kazunori Yamauchi und sein Team von Polyphony Digital  schwimmen gegen den Strom und produzieren Kunst statt Fließbandware. Einige Modernisierungsmaßnahmen könnten aber keineswegs schaden.

Der Name Gran Turismo weckt große Erwartungen. Als inzwischen 25 Jahre alte Ikone der Videospiel-Landschaft baut der gute Ruf hauptsächlich auf den Errungenschaften der Ära von Playstation 1 und 2. Natürlich hatte ich auch an den Ablegern der PS3 meinen Spaß, und GT-Sport stellte einen interessanten neuen Ansatz dar. Aber irgendwas fehlte immer in Polyphony Digitals Simcade-Konzept, das Autonarren jeglicher Couleur durch einen Mix aus realitätsnaher Fahrphysik und mundgerechten Herausforderungen an den Bildschirm fesseln sollte. Lange wartete ich auf den Moment, in dem Yamauchi-San die Kurve kriegt, ja wie Comic-Druide Miraculix wieder sein Geheimrezept zusammenbraut.

Dieser Moment ist endlich gekommen. Gran Turismo konnte mich schon lange nicht mehr so fesseln, wie es Teil 7 vermag. Ich vermute, es liegt an der neuen Karriere, die das sonst so langatmige Abklappern von Rennveranstaltungen anders verpackt. Dabei ist das alles im Gesamtbild gar nicht so neu. Mit ihrem Stadtmenü und den kleinen Symbolen für Shops, Lizenztests und Rennveranstaltungen fühlt sich die Karriere sogar gespenstisch vertraut an. Aber sie bleibt auf eine ganz neue Art im Gedächtnis haften.

Vielleicht werde ich ja deswegen das Gefühl nicht los, dass Gran Turismo 7 in einer anderen Ära hängengeblieben ist. Welche Ära das ist, weiß ich nicht, aber es ist eine sorglose, romantisierte Zeit. Wie in einer Schneekugel gefangen entsagt Yamauchis Rennspiel jeglichen Einflüssen des Alltags, zelebriert Luxus und Gelassenheit wie ein Zen-Generator. Wenn mich im Café, welches das neue Karrierezentrum darstellt, kleine Avatarbildchen vor der Grafik von blank polierten Kuchentellern ansprechen, aber akustisch nichts weiter hinterlassen als sanfte, gedämpfte Piep-Geräusche, die das Einblenden von Textzeilen untermalen, fühle ich mich an den Nintendo DS erinnert. Genauer gesagt an Spiele wie Dr. Kawachimas Gehirnjogging oder Nintendogs.

Eine extravagante Geschmacksrichtung

Alles dreht sich um das Automobil. Klingt jetzt nicht sonderlich überraschend, aber selbst im Vergleich mit anderen „Car-Porn“-Rennspielen wie etwa Forza Motorsport intensiviert Gran Turismo 7 seine Gefühlsmischung aus Nostalgie und Technologievergötterung. Noch gediegener, noch feierlicher, noch luxuriöser, und wenn ihr mich fragt, noch etwas abgehobener.

Gran Turismo 7 - Find Your Line - Trailer

Noch ein Trailer zum PS5-Vorzeigerennspiel gefällig? Könnt ihr haben.

Cool-Jazz dudelt im Hintergrund, während ich unerschwingliche Autos in den Garagen von noch unerschwinglicheren Villen auf Milliardärs-Grundstücken begaffe. Vom virtuellen Prunk, den das Spiel zur Schau stellt, könnten ganze Staaten jahrelang ihren Haushalt finanzieren. Davon mag man halten, was man will, aber niemand kann die Schönheit dieser Präsentation abstreiten. Gran Turismo 7 ist in manchen Aspekten mehr virtuelles Kunstwerk als alles andere. In seiner Exzentrik trifft es oft Töne, von denen ich in anderen Videospielen (völlig gleich welchen Genres) nicht einmal ahnte, dass sie Gefühlsregungen provozieren könnten.

Die wahnsinnig schöne Darbietung hat aber auch ihre Schattenseiten. Ich fürchte nämlich, dass das nicht jedermanns Sache ist. So ein Kuscheldecken-Wollweich-Gefühl trifft man bei tätowierten Tunern und ölverschmierten Freizeit-Mechanikern eher selten an, und genau diese Zielgruppe interessiert sich doch am ehesten für Autos. Verdutzt stellte ich fest, wie oft einige Hintergrund-Musikstücke in negativem Sinne Gänsehaut erzeugen, gefangen in einem kitschigem Retro-Gesäusel. Schon das Intro des Spiels, dessen Bilder einen fantastischen Historien-Abriss liefern, tischt Muzak auf, welche an furchtbare 70er-Jahre-Familien-Sitcoms erinnert.

Zweifellos hat die Präsentation von Gran Tursimo 7 ihre Eigenheiten. Aber dieses Anecken schafft Profil. Ein schräges Profil, das manchmal rüberkommt wie eine Prima Ballerina im Moshpit eines Punk-Konzerts. Ich liebe diese exzentrisch kauzige Selbstdefinition, auch wenn ich gewisse Details davon nicht ausstehen kann. Es ist eben Kunst. Aber ist das wirklich eine Darstellung für jedermann? Wenn sich da mal die Geistern nicht scheiden.

Musik Rallye? Echt jetzt?

Hit or miss sagt man auf Englisch so schön. Ein Schlagwort, das ich im Rahmen dieses Tests etliche Male verwenden könnte. Beispielhaft dafür wäre etwa der neue Spielmodus der Musik-Rallye, der nicht zur Karriere gehört, sondern eher eine Nebenbeschäftigung darstellt, die der Zerstreuung dient. Music Rallye funktioniert ähnlich wie klassische Arcade-Rennspiele, man soll also vor dem Ablauf eines Countdowns durch Tore fahren, die über eine Rennstrecke verteilt wurden. Schafft man das vor Ablauf des Countdowns, so wird dieser wieder aufgestockt. Der große Unterschied zu einem klassischen Arcade-Rennen liegt aber in der Grundlage des Countdowns, der nicht einfach auf Zeit basiert, sondern auf den restlichen Beats der hintergründig laufenden Musik.

Sechs solcher Music Rallyes stehen zur Verfügung, und sie wären gewiss eine ganz nette Angelegenheit, wenn die Musik, die den Countdown bestimmt, auch mal etwas Schmackes hätte. Statt knalliger Rocksongs und pressender Beats läuft in drei von sechs Rennen ein lächerliches Potpourri klassischer Musik im Hintergrund, das mit seinen einfachen, eingeflochtenen Beats an Sünden der frühen Achtzigerjahre erinnert. Nichts gegen Klassik, aber sowas muss doch echt nicht sein. Sagt euch Rondo Veneziano noch etwas? So in etwa, nur noch simpler.

Die anderen drei Tracks wären der belanglose Elektro-Trac Vroom von FaNaTiX, das einfallslose Metal-Gedöns Green Monster von Masahiro Ando und der recht gute aber reichlich bekannte GT5 Titeltrack SURV1V3 von Daiki Kasho. Letzterer taugt durchaus was, aber ernüchternder Weise stellt sich das Prinzip des Musik-Countdowns als nicht halb so genial heraus, wie es sich noch im Vorfeld anhörte.

Also, Hit or miss. Vielleicht mag ja der ein oder andere diese Klassik-Remixe. Und da ich das Thema Musik schon angeschnitten habe, schließe ich es mit der Anmerkung, dass bei all der Kunst in der optischen Präsentation offenbar zu wenig Aufmerksamkeit für die Musik blieb. Unter den 300 enthaltenen Musikstücken des Spiels, die für Menüs und Rennen herhalten, weilt kaum ein Werk mit Ohrwurm-Qualität. Unglaublich, wie viel belangloses Zeug hier zusammengetragen wurde, um eine große Anzahl an Musikstücken nennen zu können.

Ausnahmen bestätigen die Regel. Der Titeltrack „Life’s coming in Slow“ von Nothing But Thieves rockt wie sau, ist allerdings auch eine schamlose Stilkopie im Schatten der Stoner-Rock-Band Queens of the Stone Age. Falls ihr meinen Zaunpfahl-Winken nicht aufgeschnappt habt, dann sag ich es noch mal deutlich: Schaltet die Musik ab. Wenn nicht überall, dann doch zumindest während der Rennen. Dafür gibt es einen speziellen Punkt in den Menüs. Ihr werdet es mir danken.

Da strahlt der Lack

Jetzt aber genug gemeckert. Ich möchte lieber jene Dinge in den Vordergrund rücken, die Gran Turismo 7 großartig hinbekommt. Ich fange mal mit dem offensichtlichsten an, nämlich dem Umfang. 425 Autos mögen nicht die Welt sein, aber Auswahl und Darstellung lassen Petrolheads jubeln. Dazu später noch mehr.

Ich habe noch kein anderes Rennspiel gesehen, das von Haus aus 36 Strecken in 90 Varianten mitbringt. Allein dafür feiere ich Polyphony abgöttisch. Bei iRacing hätte ich für denselben Umfang einige hundert Euro auf den Tisch gelegt und optisch erheblich schlechtere Qualität bekommen. Ich muss zugeben, bei den Randobjekten und der allgemeinen Darstellung ist mit Gran Turismo noch immer einen Tick zu steril, was sicherlich auch daher rührt, dass die Neugestaltung der klassischen Kurse Trial Mountain, Deep Forest und High Speed Ring auf altbekanntes Eye-Candy verzichten. Für einen Deep Forest hat der gleichnamige Kurs sogar erstaunlich wenig Bewaldung. Zumal ich diese komischen Bäume nicht ausstehen kann, die ihr Blattwerk immer der Kamera zuwenden, so wie man es früher bei Facing Sprites getan hat. Randdetails sind also keineswegs die Stärke der Präsentation, selbst wenn ein paar Features wie Hubschrauber und Düsenjäger mit Colour Trails gelegentlich das Bild aufhübschen.

Gran Turismo 7 - Neuer Trailer zeigt PS5-Features

In einem neuen Trailer zu Gran Turismo 7 wird euch gezeigt, wie haptisches Feedback, adaptive Trigger und Raytracing euer Spielerlebnis verbessern sollen. Sieht auch sonst ziemlich cool aus.

Nun, meine Kritik an der Optik dürft ihr nicht zu ernst nehmen. Ich verdränge sie selbst immer wieder, wenn die famose neue Beleuchtung ihre Muskeln spielen lässt. Dynamische Tageszeiten versprach man uns, und siehe da, sie erfüllen ihren Zweck. Lichtverhältnisse wechseln flüssig, tauchen sämtliche Kurse mal in fahles Tageslicht oder die warmen Töne einer untergehenden Sonne. Geht Letztere unter, schalten alle Fahrzeuge ihre Scheinwerfer an, was auf der PS5 durch Echtzeit-Schatten während der Fahrt quittiert wird. Vor allem in HDR ein toller Anblick!

Optisch macht GT 7 somit einen Sprung nach vorne. Abseits der nativen 4K-Auflösung keinen großen, aber einen durchaus sichtbaren. Das versprochene Raytracing kommt zwar beim Fahren nicht zum Einsatz, aber das ist auch nicht unbedingt nötig. Flüssige 60 FPS sind angesichts der fahrerischen Ansprüche viel wichtiger.

Wie sehr das Raytracing der Hardware zu schaffen macht, sieht man nämlich schon in den Replays, in denen die tollen Spiegelungen die Bildrate auf 30 FPS herunter zwingen. Angesichts einer nativen 4K-Auflösung ein verständliches Opfer, zumal bei Regen und vielen Fahrzeugen vor der Kamera nicht einmal diese 30 FPS immer konstant bleiben. Solltet ihr 60 Bilder Pro Sekunde in den Replays bevorzugen, dann steht euch die Option offen, das Raytracing abzuschalten.

Öl im Café: Die neue Karriere

Die größte Stärke habe ich noch immer nicht angesprochen, und was sollte das eher sein als der Kern des Spiels, also das Fahrvergnügen. Wie schon angerissen, stellt das neue Gran Tursimo Café das Zentrum der neuen Karriere dar. Dort öffnet man in linearem Ablauf eines von knapp unter 40 Menübüchern zwecks Aufgabenstellung. In den meisten Fällen gibt ein solches Menü-Büchlein vor, drei Fahrzeuge zu erwerben.

Theoretisch könntet ihr nun losziehen, irgendwelche Rennen auf der neuen Weltkarte aussuchen, oder vielleicht sogar die alten Turniere wie Sunday Cup und Co., um das nötige Geld anzusparen und euch im Shop zu bedienen. Das würde wohl dem „alten“ Gran-Turismo-Konzept entsprechen.

In GT7 kommt es aber ganz anders. Das Menü-Buch dirigiert euch über die Weltkarte zu einer Handvoll Rennen, in denen ihr genau diese verlangten Fahrzeuge als Preis gewinnen könnt. Es steht euch zwar noch immer offen, andere Rennen abzugrinden, um Geld für Tuning-Teile oder andere Autos zu verdienen, aber wenn ihr euch an den Leitfaden haltet, schlagt ihr mehrere Fliegen mit einer Klappe. Ihr erhaltet Geld und drei brauchbare neue Autos, die euer Sammler-level steigern, welcher als einzige messbare Progressinsstatistik herhält. Schon komisch. Ein Fahrerlevel, das gewonnen Rennen und anderweitiger Platzierungen indiziert, wäre aussagekräftiger gewesen als ein Sammlerlevel, das man durch den Erwerb von Fahrzeugen bestimmt. Was übrigens in ein schräges Licht gerät, wenn man bedenkt, dass man Ingame-Credits mit Echtgeld erwerben kann.

Jedes beendete Menübuch schaltet obendrein einen Vortrag frei, in dem ihr über die Geschichte und die Eigenheiten der erworbenen Fahrzeuge aufgeklärt werdet, inklusive einiger Anekdoten von den Schöpfern der Autos. An dieser Stelle steigt der Car-Porn-Faktor erheblich, denn die gerenderten Ansichten der Karren sind phänomenal.

Ich schäme mich nicht dafür, einige der Vorträge mehrmals abgespielt zu haben, nur um die tollen Perspektiven zu genießen. Wahrlich keine Schande angesichts der Akribie, welche die Grafiker von Polyphony beim Nachmodellieren an den Tag legen. Egal ob beim äußeren Lack oder bei den Ledersitzen im Cockpit, die gerenderten Materialien sehen wahnsinnig gut aus. Schade, dass die Raytracing-Reflexionen gelegentlich ein spürbares Stottern verursachen, weil zu viele Details der PS5 zu schaffen machen. Vielleicht lässt sich das ja noch durch ein paar Patches ausbügeln. Die allermeisten Autos mögen schon aus GT-Sport bekannt und ohne nennenswerte Änderungen übernommen worden sein, aber das tut der Faszination keinen Abbruch.

Summa summarum, das Café ist nun der Dreh- und Angelpunkt, der euch all diese Fortschrittskomponenten gewährt und zugleich durch das Abgrasen der wichtigsten Locations neue Strecken sowie neue Spielelemente freischaltet.

Darunter neue Shops, ein separates Menü mit allerhand unterhaltsamen Spezial-Herausforderungen und den Multiplayer-Modus. Wieder Hit or miss, denn Letzteres ist eine grenzwertige Entscheidung. Das bedeutet, dass ihr erst mehrere Stunden im Singleplayer-Modus verbringen müsst, bevor ihr online (oder im Splitscreen gegeneinander) zocken dürft. Warum das denn?

Physik und äußere Faktoren

Sobald man sich beim Anblick der genialen Auto-Präsentationen wieder gefasst und die Sabberfäden vom Mund gewischt hat, greift man zum nächsten Menü-Buch und geht die nächsten Rennen an. Sofern man denn schon darf, denn wie üblich bedarf es zum Absolvieren gewisser Rennklassen einer bestandenen Fahrlizenz.

Wie schon in früheren Teilen der Serie spalten die Lizenztests die Fangemeinde. Ganz ehrlich. Ich liebe sie. Ich unterwerfe mich mit Haut und Haaren ihrem Suchtfaktor und bekomme juckenden Hautausschlag, wenn ich nicht alles mit einer Gold-Wertung knacke. Aber ich kann auch verstehen, wenn der ein oder andere Casual-Rennfahrer sie aufgrund ihres Schwierigkeitsgrads hasst.

Der Schwierigkeitsgrad fußt auf dem Physikmodell von GT 7, das zwar auf dem von GT Sport basiert, aber um wichtige Elemente bereichert wurde. Allem voran die verbesserte Simulation der Reifenzusammensetzung. Mit Erstaunen stellte ich fest, wie viel Einfluss der Straßenbelag nun auf die Haftung nimmt. Curbs fühlen sich beispielsweise nicht mehr flach an und brachten mein Fahrzeug hin und wieder unverhofft ins Schleudern. In GT Sport sah ich sie noch als inoffizielle Streckenerweiterung an. In GT7 sind sie das nur noch, wenn man sie im richtigen Winkel erwischt.

Dynamische Werte für Streckentemperatur und Nässe, die durch die neuen, flüssigen Wechsel der Tageszeiten und Regenwetter bedingt werden, tragen ihren Teil zum erhöhten Realismus bei. Wobei ich meine Enttäuschung über den begrenzten Einsatz nicht verbergen kann. Weniger als ein Drittel der Kurse unterstützen Regenwetter. Darunter keine einzige amerikanische Strecke. Einen 24-Stunden-Tageszyklus trifft man noch seltener an, aber immerhin, die Tageszeiten sind wirklich dynamisch, sodass sich die hervorragend ausgeleuchteten Strecken optisch anpassen.

Sei es drum, Regen, sofern auf einer Strecke möglich, stellt eine Wahnsinnsbereicherung im Spielkonzept dar, weil er das Fahrverhalten vor neue Herausforderungen stellt und es auch endlich einen Grund gibt, einem Auto ein anderes Reifenset anzuschnallen. Ach ja, gut aussehen kann die Komposition aus Gischtnebel und knallig leuchtenden Bremslichtern auch, aber das ist nichts gegen das, was die Physik veranstaltet.

Ein Faktor, den man am Dual-Sense-Controller der PS5 deutlich wahrnimmt. Ich hab zwar die Rumble-Stärke auf 150% hochgezogen, um mehr an den Handballen zu spüren, aber über die Feinfühligkeit der Rumble-Einflüsse kann ich nicht meckern, Selbst das Einlegen eines neuen Gangs quittiert der Controller mit einem leichten Zucken. An den adaptiven Triggern passiert derweil nicht viel. Sie zittern zwar, um das Stottern des ABS an den Bremsen zu simulieren, aber ich habe bereits eindrucksvollere Trigger-Effekte bei PS5-Rennspielen erlebt.

Ein Negatives hat es jedoch: Ich finde es leider etwas altmodisch, ja fast schon rückständig, dass
keine Cockpit-Perspektive ohne eingeblendetes Lenkrad angeboten wird. Ein Standard, den inzwischen alle ernstzunehmenden Sims und Simcades unterstützen. Selbst das fünf Jahre alte Forza Motorsport 7. Bei Nutzung des Lenkrads lenkt das digitale Pendant nicht nur ab, weil es sich asynchron zur eigenen Handhabe dreht, es verhindert auch, dass die Kamera näher an die Windschutzscheibe versetzt wird. Das wiederum verhindert eine bessere Sicht auf die Strecke.

Sim oder nicht Sim, das ist hier die Frage

All diese Faktoren eingerechnet, ist das Fahrmodell von Gran Tursimo 7 das beste der Serie. An Sim-Größen wie iRacing kommt es noch immer nicht heran, zumal das Sprungverhalten auf den wenigen Schotterpisten des Spiels überarbeitet werden muss, weil es viel zu heftige und einseitige Reaktionen hervorruft. Aber für ein Konsolenspiel liefert GT7 ein beispielloses Physikmodell, von dem der direkte Konkurrent Forza Motorsport nur träumen kann. Zumindest bisher. Turn10s achte Auskopplung soll ja generalüberholt werden. Mal sehen, ob sie etwas ähnlich Gutes auf die Beine stellen.

Gran Turismo 7 - From Virtual to Reality Story Video

Profi-Rennfahrer Dai Yoshihara und Content Creator Super GT drehen jeweils eine Runde auf dem Willow Springs Raceway (Big Willow) in GranTurismo7.

Solltet ihr euch nun fragen, warum ich Gran Turismo 7 noch immer explizit als Simcade klassifiziere und nicht als waschechte Simulation, dann bin ich euch natürlich eine Erklärung schuldig. Und die ist recht einfach: So akribisch das Fahrmodell auch arbeitet, es ist beinahe sinnlos, wenn die allermeisten Rennen auf zwei bis fünf Runden ausgelegt sind. Veranstaltungen dieser Kürze zwingen euch zum Drängeln und Schubsen, statt Renn-Etikette zu bewahren und körperloses Fahren zu fördern.

Schlimmer noch: Einige Rennen führen euch mit einem rollenden Start ein, bei dem der Führende bis zu einem Kilometer Vorsprung hat, weil ihr an letzter Stelle über die Startlinie rollt. Auch in diesem Fall geht es mehr um eine Jagd mit fahrenden Hindernissen als um ein klassisches Rennen mit gleichberechtigten KI-Fahrern. Daran ändert weder der in drei Stufen einstellbare Schwierigkeitsgrad etwas, noch die Flexibilität der Fahrzeugausstattung. Im Gegenteil, da nur eine Leistungsempfehlung für Rennen gegeben wird, aber keine Obergrenze, könnt ihr euch durch sämtliche Veranstaltungen mogeln, in denen ihr euer Fahrzeug einfach bis zum Backenzahn hochtunet und mit extremen Bauteilen ausstattet.

Das kostet eine menge Zaster, von dem es in GT7 sowieso zu wenig gibt (zumal man keine der gewonnen Fahrzeuge verkaufen kann), aber mit dieser Regelung fällt auch das Grinden längst erledigter Veranstaltungen leichter. Angesichts dieser Regelung ist es eine Farce, dass Gran Turismo 7 selbst im Einzelspieler-Modus auf eine Internetverbindung besteht. Angeblich wegen etwaiger Bestzeiten-Cheater.

>> Die besten Raser: Top 10 Rennspiele <<

Im Offline-Spiel stehen nur noch die Musik-Rallye und ein paar arg begrenzte Arcade-Rennen ohne Wertung zur Verfügung. Das ist ein krasser Negativpunkt im Gesamtkonzept und kein gutes Omen für die Zukunft. Wenn die PS5-Server in vielen Jahren mal abgeschaltet werden sollten, wird GT7 zur digitalen Leiche, während Leute mit schlechter Verbindung (etwa auf dem Land) ständig mit Unterbrechungen rechnen müssen. Und das auch noch ohne wirklich nachvollziehbaren Grund.

Die letzten Punkte dieses Reviews (also Sim-Faktor und Online-Anbindung) relativieren sich logischerweise in der Online-Komponente beim Fahren gegen menschliche Kontrahenten. Im Großen und Ganzen verwendet GT7 hier das System von GT Sport, wenn auch mit leichten Änderungen im Bestrafungs-System. Die gewohnte Vielfalt in den Optionen für private Sitzungen, wie auch die regelmäßig abgehaltenen „öffentlichen“ Rennen lässt GT-Sport Veteranen genau dort weitermachen, wo sie aufgehört haben.

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