Preview - Ghostrunner 2 : Angespielt: Knallhart wie der Vorgänger, aber zugänglicher
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Ghostrunner war einer der Überraschungshits im Herbst 2020. Keineswegs wegen seiner Zugänglichkeit, denn der Mix aus Plattform-Action und blitzschneller Ninja- Schnetzelei, den uns der polnische Entwickler One More Level auftischte, lotete in mehrerer Hinsicht die Grenze zwischen anspruchsvoller Herausforderung und unmenschlich schwerem Geschicklichkeitstest aus. Für den ein oder anderen “normalsterblichen” Gamer lag der Anspruch jenseits jeglicher Toleranzschwelle.
Auch Ghostrunner 2 soll ein abgebrühtes Publikum ansprechen, das sich von 30 bis 90 Bildschirmtoden je Spielstufe nicht abschrecken lässt, weil zu erkennen ist, dass die Herausforderung hart, aber fair ist. Doch wie unser Anspiel auf der Gamescom zeigte, haben die Entwickler einiges dazugelernt, wenn es ums Design und das Bilden einer Lernkurve geht. Damit wollen sie das Spiel allgemein attraktiver gestalten, ohne ihr neu erschlossenes Hardcore-Publikum zu vergraulen.
Gleicher Schwierigkeitsgrad, aber sanftere Lernkurve
Unsere Demo ähnelte stilistisch stark den dystopischen Tech-Noir-Straßen des Erstlings, wenn auch noch ohne Ray-Tracing-Unterstützung, die zu gegebenem Zeitpunkt in die PC-Fassung eingebaut werden soll. Auch spielerisch fiel der Wiedereinstieg leicht, da der Spielkern unverändert übernommen wurde. Man schlüpft in die Rolle eines hochgepowerten Super-Ninjas, der mit einem Schwert bewaffnet ist, die Zeit kurzzeitig verlangsamen kann, um Gegnern (und deren Geschossen) auszuweichen und dank Enterhaken blitzschnell von einer Seite eines Szenarios zur anderen wechselt.
Was allerdings schon nach wenigen Sekunden auffiel, war die klarere Struktur im Spielaufbau. Statt uns gleich mit den ersten Gegnern vor den Kopf zu stoßen, verzichtet Ghostrunner 2 auf Instant-Tode durch magisch treffende Projektile und erratische Bewegungsmuster übermenschlicher Gegner. Erste Widersacher, Hindernisse und nicht zuletzt die neuen Verteidigungsmöglichkeiten kommen in kleinen und leicht verdaulichen Häppchen, sodass man sie kennenlernen und mit ihnen umgehen lernen kann.
Macht euch keine falschen Hoffnungen: Es benötigt noch immer die Reflexe eines Jedi-Ritters, um sämtlichen Todesfällen bei der ersten Begegnung zu entgehen. Lediglich das Frustpotenzial hat sich verringert, weil Abfolgen logischer erscheinen und man nicht mehr das Gefühl hat, auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig tanzen zu müssen. Durch eine geschicktere Staffelung wirkt die Planung eines Lösungswegs übersichtlicher, selbst wenn man aufgrund fehlenden Geschicks genauso kläglich (und in trotziger Unbelehrbarkeit) versagt wie beim Vorgänger.
Das mag in einer Beschreibung wie dieser nach Haarspalterei klingen, ist in der Praxis jedoch spürbar. Ja, der Tod kommt oft und ja, man ärgert sich ein Loch ins Knie, wenn nach zehn Versuchen noch immer kein Land in Sicht ist. Aber der Spaß, der dabei aufkommt, ist dennoch größer, weil einem der Schwierigkeitsgrad nicht mehr wie ein Raubtier in den Rücken fällt. Erneut gibt es keine Ladezeiten, sodass die Action nach einem Fehlschlag sofort weitergeht. Das hilft zusätzlich.
Dieses etwas zugänglichere Aufgabenmuster geht mit einer Verschiebung der Tätigkeiten und neuen Angriffsmethoden einher. Während Teil eins klar zwischen Action-Passagen und einer Art virtuellen Realität voller heftiger Puzzles unterscheidet, vermischt Teil zwei beides in fließendem Wechsel. Beispielsweise sind Gegner manchmal so angeordnet, dass sie sich mithilfe gezielter Shuriken-Würfe umsäbeln lassen. An anderer Stelle ist es dagegen besser, auf den Sprengradius herumstehender roter Fässer zu vertrauen.
Kombiniert mit einem optionalen Telekinese-Schub ergeben sich so nicht nur spannende Kampfszenen, sondern auch Puzzles, die man knacken muss, um weiterzukommen. So will beispielsweise ein Luft-Katapult per Telekinese verschoben werden, um einen hoch gelegenen Schalter zu erreichen, der nur mit einem Shuriken betätigt werden kann. Hirnverknotungen waren in unserer Demo noch nicht gefragt, aber das Potenzial dafür ist vorhanden. Insbesondere in den vertrakten Kampfpassagen, denn die besagten Shuriken sind vom Füllstand einer Energieleiste abhängig, sodass diese Fernkampfwaffe nur selten und mit Bedacht eingesetzt werden kann.
Noch mehr Spaß dank Motorrad
Die eben erwähnten Virtual-Reality-Passagen kehren übrigens ebenfalls zurück, jedoch ohne heftige Rätseleinlagen. Stattdessen sollen die Regeln der Physik gedehnt werden, um auf besonders spaßige Weise mehr Abwechslung zu generieren. Diese besonderen Level bekamen wir leider nicht zu Gesicht, dafür aber einen ganz anderen Knüller: Die zweite Spielstufe, die wir angehen durften, bestand nämlich aus einer heftigen Motorradfahrt.
Die Entwickler beichteten uns, dass sie in Sorge um die Akzeptanz dieses Stilbruchs im Spielablauf waren, doch wir (und offenbar auch viele andere Pressevertreter) konnten ihnen das schlechte Gewissen ausreden. Die Motorradfahrt stellte einen genialen Höhepunkt dar und verschaffte dem Spielprinzip eine frische Note.
Keine Angst, weder Mario Kart noch Gran Turismo standen dafür Pate. Es wäre schließlich keine Ghostrunner-Erfahrung, wenn es nicht um knallhartes Timing und ein waches Auge ginge. Man fährt in der Ego-Perspektive über Rampen, durch enge Rohre und andere Bauten der dystopischen Stadt und verfolgt dabei ein Funksignal, das zu verblassen droht. Entschwindet es, droht das Game Over. Das zwingt zum Gasgeben, sodass Rampen, sich verengende Hindernisse und Kabel, die man per Schwertschwung zertrennen muss, manchmal erst im letzten Moment erkennbar werden. Auch hier lernt man durch ständiges Versagen und arbeitet sich Meter um Meter vor, bis der nächste Checkpoint erreicht ist.
Schon in dieser einen Spielstufe hatten wir wahnsinnig viel Spaß. Hier mussten wir uns an rotierenden Stangen vorbeiquetschen und dort die Physik biegen, um mit Karacho an der Decke einer Röhre entlang zu fahren. Dank der klaren Designsprache mit distinktiven Farben für Hindernisse, befahrbare Oberflächen und Zielobjekte war die Aufgabenstellung auch bei hoher Geschwindigkeit stets fair. Klasse!
Ghostrunner 2 erscheint am 26. Oktober 2023. Solltet ihr eine knallharte, aber sehr spaßige Herausforderung suchen, dann streicht euch diesen Tag im Kalender an.
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