Test - F.I.S.T. Forged in Shadow Torch : Faustdick hinter den Hasenohren
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F.I.S.T. ist dem Untertitel nach eine Abkürzung für „Forged In Shadow Torch“, was übersetzt so viel heißt wie „Geschmiedet im Schattenfeuer“. Klingt angesichts des enthaltenen Oxymorons ein wenig erzwungen und obendrein unnötig, denn auch ohne halbgares Akronym erkennt man schnell, worum es bei diesem Metroidvania geht. Wo diese Faust hinhaut, wächst so schnell kein Gras mehr.
Kennt ihr die Spieleschmiede Ti Games? Nee? Macht euch nichts draus, ich kannte sie vor F.I.S.T. auch nicht, obwohl dies schon der zweite Titel ist, den das chinesische Team für PC und PlayStation herausgebracht hat. Ich habe aber das dumpfe Gefühl, dass wir in Zukunft öfter von diesen Spieldesignern hören werden, denn F.I.S.T. dürfte in den kommenden Wochen an Zuspruch gewinnen.
Zugegeben, das Action-Adventure zitiert die Regeln des Metroidvania-Genres ein wenig zu schnörkellos, um als innovativ oder spielerisch hochgradig inspiriert durchzugehen, aber aus handwerklicher Sicht wäre grobes Meckern unangebracht. Es sieht toll aus, spielt sich ebenso gut und wird Fans von zünftigen Keilereien schon nach zehn Minuten in seinen Bann ziehen. Zumal das Art-Design für so eine „kleine“ Produktion große Geschütze auffährt, denn die Welt, in der man sich bewegt, strotzt vor stilsicherer Dieselpunk-Pracht und bringt gleich einen ganzen Satz sympathischer anthropomorpher Helden mit, die gegen ein gemeines Roboter-Regime antreten.
Tiere vs. Roboter
Man erlebt das Abenteuer aus der Sicht von Rayton, einem Hasen, der als Soldat einst gegen die heutigen Besatzer der Legion of Iron Dogs kämpfte. Nicht in Panzern oder Flugzeugen, sondern in Exoskeletten, die über kraftvolle mechanische Arme verfügen. Doch seitdem der größte Kriegsheld der tierischen Einwohner, der nebenbei auch Raytons Kumpel war, im Kampf fiel, nagen Zweifel an ihm. Dass die Robo-Hunde der Legion den Krieg gewannen und alle Tiere unterjochten, machte ihn noch mürrischer. Rayton gibt bei Spielbeginn einen typischen gebrochenen Charakter ab, der in bester Film-noir-Manier Selbstgespräche in rauer, gedämpfter Stimme führt.
Rayton erwacht aus seiner Depression, als der Besitzer seiner Lieblingsbar spurlos verschwindet. Der kampferprobte Veteran versucht daraufhin, ihn ausfindig zu machen, wodurch er an sein altes Kriegsequipment herankommt: eine Exo-Rüstung mitsamt gigantischer mechanischer Faust. Mithilfe ihrer Kraft und einer Reihe zusätzlicher Upgrades, wie etwa einem Bohrer, einer zielsuchenden Rakete oder freischaltbarer Kettenkombos für den Nahkampf, dringt er in die Tiefen der Besatzerfestung ein, lernt neue Freunde kennen, die sich den Besatzern widersetzen und deckt dabei ein schockierendes Geheimnis auf.
Klingt episch? Ist es auch. F.I.S.T. lebt wahrlich von seiner dichten Stimmung. Düstere Gassen mit etlichen verschmutzen Häuserfassaden und schummeriger Beleuchtung, angerostete Kessel, knarrende Zahnräder und fauchende Gasfackeln in riesigen Industrieanlagen. Wahnsinn, wie gut Ti Games diese dreidimensionalen Kulissen in die Seitenansicht eines 2,5-D-Korsetts zwängt, ohne es durch zu viel Spielerei unübersichtlich zu gestalten. Zumal Raytons Bewegungen flink genug sind, um selbst längst bekannte Abschnitte in Windeseile zu überbrücken. Dash-Move, Doppelsprung, Uppercut und einige weitere Grundbewegungen, die den Bewegungsradius erhöhen, lernt man schon in der Aufwärmphase des Abenteuers. Ich hatte nie das Gefühl, unnötig aufgehalten zu werden.
Jedenfalls nicht in Sachen Talente. Bei der Gegnerschar sieht das schon anders aus, denn trotz (oder gerade wegen) der erlernbaren Kombos schraubte Ti Games den Schwierigkeitsgrad einiger Kampfrunden dermaßen in die Höhe, dass ich völlig verdutzt an einigen Standardpöbeln klebenblieb. Zumindest an Stellen, in denen mehrere von ihnen Wache halten.
Mächtig auf die Kauleiste
Das liegt an einem theoretisch kleinen, aber spielerisch gewaltigen Manko im Kampfsystem. Rayton teilt zwar in zwei Schlagstärken aus und vermag (je nach Spielstand) diverse Bewegungen auf dem Boden sowie im Sprung zu kombinieren, doch seine Attacken halten Widersacher nicht immer von aktiver Gegenwehr ab. Dabei ist nicht ersichtlich, wann man einen Gegner so vorteilhaft erwischt, dass er die angefangene Schlagkombination voll abbekommt, und wann er sich ihr entzieht. Gewisse Kombos enden sogar mit einer Schlusspose, die einige Gegner für heftige Kontra-Moves ausnutzen. Da bekommt man dann auch mal einen geschwungenen Hammer so heftig ab, dass der Held in eine Ecke geschleudert wird, aus der man aus eigener Kraft nicht mehr herauskommt.
Es wird nicht besser, wenn fliegende Drohnen regelmäßig nachspawnen und aus der Ferne Lasersalven feuern. Solche überfallartigen Überwältigungen können im schlimmsten Fall bis zu acht Lebenspunkte auf einmal kosten. Eine ganze Menge, wenn man bedenkt, dass Rayton das Spiel mit mickrigen 12 HP beginnt und die Lebenskraft nur durch mühsame Suchaktionen ausbaut. Rayton verfügt natürlich selbst über einige Konteraktionen – zum Beispiel ein spezielles Kurzwaffenset zum Abblocken sowie Karottensaft zum Wiederherstellen verlorener Energie. Später im Spiel lädt auch die Ausführung von Exekutionskombos einiges an Kraft wieder auf. Warum die Basis-Verteidigung und die Heilkraft von derselben Energieleiste zehren, ist mir allerdings ein Rätsel, denn dadurch steht man manchmal völlig wehrlos da und entgeht Gegnern nur durch feiges Herumspringen.
Ich musste bei dem ein oder anderen Mittelboss schweißüberströmt jedenfalls schlucken, nicht nur, weil ein Ableben eine ermüdende Wiederholung des Kampfs mit sich brachte, sondern auch weil einige der automatisch platzierten Speicherpunkte so weit ab lagen, dass ich eine Wanderung von mehreren Minuten abermals angehen musste, bevor ich den Gegner erreichte, der mich zuvor besiegt hatte. Glücklicherweise blieb mir wenigstens das erneute Auflesen längst gefundener Sammelobjekte und Upgrade-Kanister erspart.
Alle Kämpfe sind schaffbar und im Großen und Ganzen fair, wenn man auf Bewegungsmuster der Gegner achtet und nicht zu stürmisch an die Sache herangeht. Dennoch: der Schwierigkeitsgrad richtet sich klar an erfahrene Spieler, die eine Herausforderung suchen. Anfänger holt schnell der Frust ein, wenn sie eine Kampfarena, die einige Minuten intensive Konzentration abverlangt, fünf oder sechsmal angehen müssen, zumal die Schlachten über die Laufzeit des Spiels nicht leichter werden. Schon gar nicht die (zum Teil sehr intelligent entworfenen) Bosskämpfe, die neben reiner Muskelkraft auch gute Reflexe und ein wenig Köpfchen abverlangen.
Symphony of the Hare
In allen anderen Aspekten hält sich F.I.S.T. geradezu konservativ an jenes Schema, das 1997 von Castlevania: Symphony of the Night perfektioniert wurde. Unser Held kann also eingangs nur einem einzigen Pfad folgen, der abseits kleinerer Abzweigungen für Sammelgegenstände linear in eine Richtung führt und sich bis zu seinem Ende als Einbahnstraße herausstellt. Erst der Erwerb neuer Ausrüstung oder Fähigkeiten ermöglicht ihm eine Rückkehr in bekannte Gebiete. Wohin es mithilfe des neuen Werkzeugs anschließend geht, zeigt ein Hinweis auf der Auto-Map im Menü. Schnellreise-Transportrohre erleichtern später das Überwinden großer Strecken, können gelegentliche Backtracking-Sitzungen aber nicht komplett verhindern.
Ein wichtiges Werkzeug ist beispielsweise der Bohrer, der alternativ zur Faust auf den mechanischen Arm geschraubt wird. Er dient nicht nur als alternative Waffe, sondern auch als Propeller zum Segeln, für das Nutzen von Aufwinden und das Vorankommen unter Wasser. Angesichts mannigfaltiger Fallen und Hindernisse – von elektrifizierten Stromleitungen über Laserbarrieren bis hin zu Flammenwänden - birgt jeder neue Abschnitt auch neue Verteidigungs- und Bewegungsschemata, die das Skillset stetig füllen und den Unterhaltungswert aufrechterhalten.
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Ein Teil dieses Skillsets darf nach eigenem Gutdünken anhand eines Fertigkeitenbaums freigeschaltet werden. Dabei geht es vornehmlich um Kampfeigenschaften, die den drei Hauptwaffen unterliegen. Für einen Teil davon braucht man nur genügend Geld, während andere einen Vorrat an Disketten voraussetzen. Das motiviert zum kompletten Abgrasen jedes Winkels der begehbaren Straßen und Tunnel. Aber auch zum Grinden, denn ein paar Disketten darf man zu exorbitanten Preisen Händlern abknöpfen.
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