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Test - Expeditions: Rome : Taktik wie aus dem Geschichtsbuch

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Pflegt ihr auch so eine Faszination für das Römische Reich wie ich? Zugegeben, ich schmier‘ mein Frühstücksbrot nicht mit dem Pugio oder jogge täglich in einer Toga über den Frankfurter Römer, aber ich staune immer wieder darüber, was uns noch heute von ihrer Kultur erhalten blieb. Siehe etwa unser Rechtssystem. Ich mein, mal abgesehen von der Medizin, den sanitären Einrichtungen, dem Schulwesen, Wein, der öffentlichen Ordnung, der Bewässerung, Straßen, der Wasseraufbereitung und der allgemeinen Krankenkassen, was, frage ich euch, haben die Römer je für uns getan?

Spaß beiseite, es gibt gute Gründe, warum das Römische Reich heute noch fasziniert, auch wenn es seine Dominanz mit eiserner (oder vielleicht eher bronzener) Eroberungspolitik, Ausbeutung und Sklaverei am Leben erhielt. Sollte es euch so oder ähnlich ergehen, wird euch ein Spiel wie Expeditions: Rome gnadenlos für gut 60 Stunden fesseln. Als Einstiegsdroge für den Stoff dient es allerdings nicht, denn es bombardiert euch von der ersten Minute an mit etlichen Begrifflichkeiten, schwer verständlichen Namen und geschichtlichen Hintergründen.

Als Szenario dient die Übergangsphase von der Senatsrepublik Rom in das Kaiserreich. Man trifft sogar in der ersten Spielstunde auf den jungen Gaius Julius Cäsar, der sich noch auf dem Schlachtfeld seine Sporen verdient. Erwartet keine hundertprozentig geschichtstreue Umsetzung historischer Ereignisse. Seht geschichtliche Wahrheiten eher als eingeflochtene Kameos mit Aha-Effekt, die eine spannende Handlung erden.

Rundenweise hexagonal

Selbst für ein Rollenspiel ist der Gesprächsstoff unter Helden und Schurken ausladend komplex. Ihr führt Multiple-Choice-Unterhaltungen, die man nicht einfach mal aufs Geratewohl durchklicken kann, weil sie mitunter wichtige Entscheidungen für den Spielverlauf treffen. Als junger, unerfahrener Kriegsherr (beziehungsweise wahlweise als Kriegsherrin) zieht ihr durch Länder wie Griechenland oder Ägypten, gewinnt neue Freunde, heuert Krieger an, schaut in der Hauptstadt nach dem Geschehen und mischt in politischen Entscheidungen mit. Da muss man schon knietief eintauchen, wenn man den Galea nicht nach der ersten Stunde aus Frust an den Nagel hängen will.

Auch der spielerische Anteil meidet den Samthandschuh. Die ersten Schlachten, die man als erweitertes Tutorial ansehen kann, mögen vergleichsweise einfach ausfallen, aber das Kampfsystem der taktischen Schlachten legt Finessen an den Tag, die ihr schnell verinnerlichen müsst, um später versiert mit ihnen umgehen zu können.

In der Regel steuert ihr vier bis acht Helden (von denen manche auch nur temporäre Begleiter in einem Kapitel sind) über einen detaillierten, dreidimensional gestalteten Abschnitt, der in hexagonale Felder unterteilt wurde. Auf einem solchen Feld findet nur ein einzelner Soldat Platz, egal ob Freund oder Feind.

Abhängig von eurer Kämpferklasse schickt ihr schwere und leichte Krieger, unterstützende Aufklärer und Bogenschützen von einem Deckungspunkt zum nächsten und versucht, gegnerische Soldaten aus dem Weg zu räumen. Eine vorgeschriebene Anzahl an Aktionspunkten bestimmt derweil, wie viele Tätigkeiten ihr vollziehen könnt, beziehungsweise wie weit eure Soldaten vorrücken dürfen. Je weiter sie in einer Runde laufen, desto weniger Zeit bleibt für das strategische Verschanzen nach einer Aktion.

Angriffe und Spezialfertigkeiten unterliegen gewissen Bedingungen, die vom Schlachtverlauf abhängig sind, dürfen aber immer nur ein Mal pro Runde eingesetzt werden, was euch zum Abwägen zwingt. Welche Einheiten rückt ihr zuerst vor? Wie weit darf sich der schwächliche Bogenschütze ins Feld wagen? Wann sollte ein schwerer Soldat vor ihm stehen, dessen Schild die meisten Distanzschüsse abwehrt?

Strategische Herausforderungen, die man immer wieder aufs Neue abwägen sollte, denn mit dem fortlaufenden Spiel wachsen die Anforderungen. Manche Gegner bewegen sich blitzschnell über das Schlachtfeld oder verstecken sich so geschickt, dass ihr sie nicht entdeckt, bevor sie direkt vor euren Soldaten stehen. Was tun, wenn der Gegner Verstärkung ruft oder euch per Hinterhalt in den Rücken fällt? Nicht selten müsst ihr eure Pläne mitten im Kampfgeschehen über den Haufen werfen und umgestalten. Das sorgt in regelmäßigen Abständen für frischen Wind, gerade wenn optionale Ziele einen vermeintlich geradlinigen Schlachtverlauf prophezeien. Etwa das Einnehmen eines wichtigen Orts, das Abfackeln von gegnerischen Schiffen oder das Sichern von Ressourcen.

Einige der Kampfregeln und Sonderfertigkeiten, die komplett ohne Fantasykomponente daherkommen (also ohne Magie und sonstige Superkräfte), sind ungemein komplex und noch dazu derart klassenspezifisch, dass eure komplette Strategie über den Jordan geht, wenn einer eurer Soldaten abnippelt. Wobei euch das Spiel sogar erlaubt, die Zügel noch härter zu spannen. Etwa durch eine Permadeath-Option für gefallene Mitstreiter oder einen Verzicht auf die Speicherfunktion.

Mit solchen Taktikscharmützeln entscheidet ihr wichtige Schlachten, von denen einige optional sind, die meisten aber die Handlung voranbringen. Sie gehen beinahe nahtlos in ein größeres Geflecht aus privaten Reisen und Kriegsplänen über, die ihr auf übersichtlichen Landkarten dirigiert. Jede Bewegung auf der Karte verschlingt Zeit und kostet Rationen, was sich wiederum auf die Stärke eures Trupps auswirken kann. Sinnloses Herumtrödeln ist somit nicht empfehlenswert. Aber auch keineswegs immer möglich, denn ihr macht ja keinen Urlaub in fernen Ländern. Es herrscht Krieg.

Symbole herumschubsen

Spätestens, wenn ihr mit einer unerfahrenen Legion gegen König Mithridate und seine Truppen kämpft, wird es ernst. Dann sollt ihr nämlich eine Legion über die Landkarte schubsen und so geschickt postieren, dass sie dem feindlichen Heer die Leviten liest. Unterwegs nehmt ihr Minen ein oder erobert Forts, die als Stützpunkte für kommende Schlachten dienen. Die eigentlichen Schlachten, die auf einer speziellen Übersichtskarte dargestellt werden, verlaufen allerdings automatisch. Ihr beobachtet lediglich, wie sich eure Truppen, die nur als Symbole sichtbar sind, aufeinander zubewegen. Kleine strategische Anpassungen, welche die Truppenmoral stärken oder deren Aufstellungsverhältnisse beeinflussen, dürft ihr vornehmen, direkt in den Schlachtverlauf eingreifen hingegen nicht.

Angesichts der Symbolschubserei auf der Landkarte verläuft das um einiges trockener und grober. Abhängig vom Schwierigkeitsgrad bringt das euren Schädelkohl trotzdem gehörig auf Touren, denn die Verflechtung aus strategischen Heerverlagerungen im groben Maßstab und kleineren Schlachten im Stil typischer Taktik-RPGs basiert auf so vielen Variablen, dass in einigen Momenten selbst geringfügig erscheinende Fehlentscheidungen krasse Konsequenzen zufolge haben.

Nun gut, das strategische Armeen-Geschiebe auf der großen Landkarte kommt keineswegs so komplex daher wie die Taktikscharmützel, aber beide Komponenten beeinflussen einander. An besonders kniffligen Punkten der Handlung müsst ihr beispielsweise euren kleinen Heldentrupp vorausschicken, damit er eurem Heer in einem Scharmützel den Weg ebnet. Zum Beispiel für das Ausschalten von Katapulten, die euren Armeen bei einem unvorbereiteten Angriff den Allerwertesten aufreißen würden. Wobei trotzdem nicht jeder Plan aufgeht.

Als Trostpflaster bei einem schiefgegangenen Manöver bleibt euch die Möglichkeit, eine verlorene Schlacht auszusitzen, beziehungsweise durch anrückende Verstärkung ein weiteres Mal anzugehen. Eroberungsversuche stoßen derweil hin und wieder auf Gegenwehr oder verlangen eine Umstrukturierung eures Plans. Ihr seht: ein Ereignis beeinflusst das nächste. Im Großen und Ganzen gehört der gröbere Schlachtenmodus mit den Armeen aber eher zur Rahmengestaltung des Spiels, die den Taktikscharmützeln ein wenig Abwechslung unterjubeln soll.

Romani Ite domum

Das klingt nach verdammt viel Strategiespiel. Aber wo steckt der RPG-Anteil? Nun, den findet ihr einerseits in den Storyanteilen samt den erwähnten Multiple-Choice-Gesprächen, als auch in der Progression bei der Weiterentwicklung eures Spezialtrupps, mit dem ihr die Scharmützel bestreitet. Drei Hauptstränge bestimmen, welche Spezialfertigkeiten ein Soldat meistert. So lernen schwere Soldaten ihren Schild nicht nur als Deckung, sondern auch als passive Waffe einzusetzen, während ihr Bogenschützen zu Meistern des groben Angriffs ausbildet, die eine größere Anzahl an Gegnern auf Distanz halten kann, oder eben zu besonders feinfühligen Scharfschützen, die einzelne Widersacher verlangsamen, beziehungsweise direkt abmurksen.

Expeditions: Rome - Gameplay-Trailer

Der neue Trailer zu Expeditions: Rome vom Showcase von THQ Nordic soll euch näher erläutern, worum es in dem Spiel eigentlich geht und wie es sich spielt.

Ohne passende Ausrüstung ist das natürlich nur halb so viel Wert, daher lohnt sich auch ein Besuch in der Schmiede, in der man aus den in Schlachten gewonnenen Ressourcen Waffen, Schilde und Panzerungen fertigt. Schade nur, dass man dafür immer wie ein Dienstbote durch das eigene Lager watscheln muss, um das passende Zelt zu erreichen. Zumal man dafür noch Komponenten benötigt, die in anderen Zelten erworben werden müssen. Dieser etwas unbeholfene Management-Teil streckt die Spielzeit unnötig.

>> Ihr habt gewählt: Eure Spiele des Jahres 2021 <<

Sei’s drum. Entwickler Logic Artists gelingt der Drahtseilakt, sämtliche Fertigkeiten und Rüstungsgegenstände gleichermaßen nützlich zu gestalten, sodass ihr sie in allen denkbaren Szenarien einsetzen könnt, ja sogar müsst. Die abwechslungsreiche Schlachtgestaltung mit diversen Nebenaufgaben zwingt euch richtiggehend zum Herauskristallisieren einer eindeutigen Taktik. Wischiwaschi-Pläne und halbherzige Anläufe misslingen in der Regel. Trotzdem bleibt der Schwierigkeitsgrad in den unteren beiden Leveln angemessen.

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Expeditions: Rome
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