Test - Divinity: Original Sin 2 : Viel zu gut um wahr zu sein?
- PC
Kampf der Elemente
Das Ausnutzen von Spielelementen ist ebenso in den Kämpfen fester Bestandteil. Einfache Scharmützel gibt es in Divinity: Original Sin 2 nicht, jede Schlacht erfordert eure volle Aufmerksamkeit. Darum solltet ihr nach jedem Kampf speichern, denn ihr könnt niemals sicher sein, auch den nächsten zu überleben. Das System mit den Elementen wurde im Vergleich zum Vorgänger noch weiter ausgebaut und ist unumgänglicher Bestandteil um Kämpfe zu euren Gunsten zu entscheiden. Öl kann entflammt werden, Blut unter Strom gesetzt, und so weiter.
Die Kämpfe sind rundenbasierend und funktionieren mittels Aktionspunkten. Unterschiedliche Bewegungsweiten und Fertigkeiten benötigen unterschiedlich viele Punkte. Je mehr Fähigkeiten ihr im Laufe des Spiels lernt, desto mehr erschließt sich die taktische Tiefe des Systems. Obwohl wir sehr viel Spaß damit haben, ist das Kampfsystem aber beinahe das einzige, an dem wir ein wenig Kritik üben müssen. Die gegnerische KI nutzt die Elemente zwar schlau aus, agiert aber nach den immer selben Mustern. Diese werden durch eine unfaire Startpositionierung begünstigt.
Während wir oftmals keine andere Wahl haben, als in Form eines geballten Haufens (Formationen funktionieren nur bedingt) in einen Hinterhalt zu laufen, sind unsere Gegner schön auf erhöhten Positionen um uns verteilt und können uns erstmal mit elementaren Flächenattacken eindecken. Wir verbringen die erste Hälfte des Kampfes damit, uns ebenso sinnvoll zu positionieren und dabei nicht zu sterben, bis wir schließlich selbst die Gegner unter Druck setzen können.
Ein weiteres Designproblem ist die Aufteilung auf magische und physische Rüstungen. Die meisten Charaktere haben beides, je nach Klasse aber in unterschiedlicher Menge. Erst wenn beispielsweise die magische Rüstung auf null reduziert ist, zieht weiterer Schaden Lebenspunkte ab und magische Effekte wie Einfrieren funktionieren zuverlässig. Es ist daher ineffizient, denselben Gegner sowohl physisch als auf magisch anzugreifen, was in weiterer Überlegung bedeutet, dass es eigentlich am besten wäre, die gesamte Gruppe auf eine der beiden Schadensarten zu spezialisieren. Logischerweise würde das aber dem Spielspaß und der Abwechslung ordentlich schaden.
Nicht perfekt
Der Unbarmherzigkeit des Schwierigkeitsgrades ist es auch zuzuschreiben, dass die vermeintliche Bewegungsfreiheit nicht immer so groß ist, wie es auf den ersten Blick aussieht. Kämpfe gegen Feinde höherer Stufe sind unverhältnismäßig schwerer und oft nur mit Glück oder besonders geschicktem Vorgehen zu meistern. Wenn ihr euch Frust und vielfaches Laden ersparen wollt, erkundet ihr vorerst andere Gegenden und kehrt einfach später zurück. Das Spiel hindert euch aber eben nicht per se, euer Glück zu versuchen. Diese indirekten Levelhürden zwingen euch jedoch, euch den Nebennmissionen zu widmen, um an die nötigen Erfahrungspunkte zu gelangen.
Kleinere Abstriche müsst ihr zudem beim Komfort machen. Die isometrische Kamera lässt sich zwar insgesamt ganz gut bedienen, ist aber gerade bei Passagen mit unterschiedlichen Höhenebenen nicht immer euer Freund. Das Inventar verliert ebenso schnell an Übersichtlichkeit, da es regelrecht zugemüllt wird, sofern ihr auch nur einen leicht ausgeprägten Sammeltrieb habt. Das Craftingsystem ist wahnsinnig umfangreich, verleitet euch jedoch dazu, jeden noch so nutzlos erscheinenden Krempel aufzuheben, da er ja doch noch für ein Rezept benötigt werden könnte.
Koop und Spielleitermodus
All dies sind kleine Macken, die dem Gesamterlebnis keinen Abbruch tun. Sie existieren jedoch und bei all dem Hype, den Divinity: Original Sin 2 durchaus zu Recht gerade erfährt, gibt es immer noch Verbesserungspotenzial. Solltet ihr diesen Brocken von einem Spiel irgendwann einmal tatsächlich durchgespielt haben, bietet sich eigentlich aufgrund der Freiheit, Entscheidungsmöglichkeiten und der persönlichen Quests der Charaktere genügend Wiederspielwert für einen weiteren Durchlauf, beispielsweise gemeinsam mit Freunden. Das Spielerlebnis im Koop-Modus ist aufgrund der möglichen gruppeninternen Uneinigkeiten ein ganz anderes.
Selbst darüber hinaus bieten sich noch weitere Beschäftigungen. Im Arena-Modus könnt ihr mit bis zu vier Teams (von Mitspielern oder dem Computer gesteuert) mit jeweils bis zu vier Kämpfern antreten und so euren PvP-Hunger stillen. Der Spielleitermodus liefert euch einen mächtigen Editor, ihr könnt damit aber nicht komplette selbstlaufende Solo-Kampagnen erstellen. Stattdessen baut ihr das Grundgerüst für eure Kampagne, in der dann ein Spielleiter die Gruppe begleitet und spontan auf die Aktionen der Spieler reagieren kann – eben ganz entsprechend einer klassischen Pen-and-Paper-Runde. Mit einem geübten Spielleiter ist damit sicherlich für stundenlangen Spaß gesorgt, der Modus spricht aber wohl nicht jeden an.
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