Preview - Code Vein : Dark Souls mit Vampiren
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Eine der ersten Informationen, die über Code Vein bekannt wurde, war die, dass die Collectors Edition den Beinamen „Prepare to Dine“ tragen würde, in Anlehnung an die Prepare-to-Die-Kampagne von Dark Souls. Spätestens damit war klar: Die Entwickler machen von Anfang an gar keinen Hehl daraus, welches Spiel sie sich für ihr Werk zum Vorbild auserkoren haben. Wer schon offenherzig zugibt, dass er abschreibt, hat entweder jegliche Scham verloren oder ist mit stolzgeschwellter Brust der Überzeugung, dass seine Reverenz dem Original zur Ehre gereicht. Wir durften uns davon mit den ersten zwei Stunden des Spiels und einem Highlevel-Gebiet selbst ein Bild machen.
Ein Virus hat die gesamte Erdbevölkerung in Vampire verwandelt. Doch sind die Blutsauger nicht von der Sorte, wie man sie aus Dracula (oder Twilight?) kennt, also nichts mit Pflock durchs Herz und Scheu vor Tageslicht und Knoblauch, dennoch sind sie mit einem unstillbaren Durst nach Blut ausgestattet, der ihnen übermenschliche Kräfte verleiht. An diesem Kampf um die letzten Blutstropfen ging die Welt zugrunde. Im ersten Moment mit Code Vein wähnt man sich daher verdutzt in einem Darksiders-Spiel.
Vampir-Apokalypse
Apokalyptische Gebäuderuinen, verrostete Autowracks und von Erdbeben geborstener Asphalt: die Szenerie ist auf den ersten Blick vom ersten Darksiders-Teil auf PS3 und Xbox 360 kaum zu unterscheiden. Leider auch grafisch, denn daran sollte man seine Erwartungen von Anfang an kalibrieren: Code Vein ist, wie damals schon Dark Souls, ein Spiel, bei dem es vorrangig auf die inneren Werte ankommt. Optisch macht es den Eindruck, als hätte es locker auch noch auf der vorherigen Konsolengeneration erscheinen können. Ähnlich wie es bei vielen Spielen aus Japan der Fall ist, Persona 5 etwa, bei dem ja auch nicht der visuelle Bombast im Vordergrund stand, sondern der unvergleichlich lässige Anime-Stil, der nun auch mit Code Vein ins Genre der Hardcore-Action-Rollenspiele Einzug hält.
Das sollte man freilich mögen. Dark-Souls-Fans, die glänzende Ritterrüstungen, majestätische Drachen und bizarr-bestialische Kreaturen gewohnt sind, werden sich an Kulleraugen, bunte Frisuren, große Brüste und pralle Ärsche erst gewöhnen müssen. Jedoch bietet das Spiel einen umfangreichen Editor an, mit dem jeder das Aussehen seines Charakters ganz nach eigenem Wunsch zusammenstellen kann.
Von Dark Souls lernen, heißt siegen lernen
Spielerisch hingegen sind die Einflüsse von Dark Souls vom ersten Augenblick an offenkundig: Leuchtfeuer heißen nicht Leuchtfeuer, sondern Misteln, besitzen aber die gleiche Funktion, Gegner erwachen bei jedem Rasten aufs Neue, verlorene Erfahrungspunkte können am Ort des Ablebens wiedererlangt werden, und auch der Aufbau der Level zitiert das brillante Souls-Design mit seinen verschachtelten Abkürzungen und verästelten Wegen, in deren Sackgassen der besonders wertvolle Loot versteckt ist. Nur die Tastenbelegung ist eine geringfügig andere, aber auch die kennen beflissene Genre-Fans schon von Nioh, demjenigen Titel, der sich bis jetzt am erfolgreichsten Dark Souls zum Vorbild nahm.
Das Grundgerüst ist daher schon mal nicht verkehrt. Souls-like geht schließlich immer – selbst in Form von zweitklassigen Nachahmern, wie an Beispielen von Lords of the Fallen bis Immortal Unchained zu sehen ist. Doch Code Vein wird nun ein Jahr später erscheinen als ursprünglich geplant. 2018 hätte es gegen Ashen und Sinner: Sacrifice for Redemption noch leichtes Spiel im Genre der schweren Spiele gehabt. Doch in einem Jahr, in dem Sekiro: Shadows Die Twice die Souls-Formel gerade erst genialisch gegen den Strich gebürstet hat, das vielversprechende The Surge 2 als direkter Konkurrent etwa zeitgleich erscheinen wird und sich Nioh 2 ebenfalls bereits am Horizont abzeichnet, hat es Code Vein im Genrebild gesprochen mit sehr starken Bossgegnern zu tun, an denen es sich die Zähne ausbeißen könnte.
Fokus auf Story
Anders gesagt: Code Vein muss liefern. Am besten ein Gesamtpaket, das nicht wirkt wie eine Retoure aus der From-Software-Zentrale. Als erstes Aushängeschild nennen die Entwickler daher ihre Geschichte. Wem Dark Souls zu verschwurbelt und wenig konkret war, den dürfte freuen, dass Code Vein deutlich direkter zur Sache kommt, seine Welt aber dennoch mit einem Dark-Souls-ähnlichen Mysterium durchdringt, als sei sie mit der uns eigenen Logik nicht zur Gänze greifbar.
Jeder der zahlreichen Nebencharaktere verfügt über seine eigene Hintergrundgeschichte, mit der die Entwickler ihnen Tiefe zu verleihen gedenken und die wir wie in einem Bioware-Spiel nach und nach in den Gesprächen mit ihnen aufdröseln, teilweise sogar, indem wir in Erinnerungen eintauchen, um die Vergangenheit wie ein Puzzle allmählich zusammensetzen. Denn durch die Infektion mit dem Vampirvirus verlor jeder Mensch sein Gedächtnis. Wer waren wir vor der Apokalypse? Und wer entscheiden wir uns danach zu sein? Code Vein breitet seine philosophischen Fragen mit der für japanische Erzählungen typischen Eigenart zwischen überschäumendem Pathos und zarter Zurückhaltung aus.
Was Code Vein von Dark Souls unterscheidet
Apropos Nebenfiguren: Die NPC-Mitstreiter fungieren in Code Vein nicht wie in Dark Souls als optionaler Rettungsanker, wenn gar kein anderes Mittel mehr gegen den Boss helfen will. Stattdessen sind sie ständige Begleiter, die automatisch in Kämpfe ein- und angreifen und den eigenen Charakter heilen und sogar wiederbeleben können, wenn man das Zeitliche segnet. Wer mag, darf sich zudem noch einen menschlichen Spieler per Onlineverbindung an die Seite rufen und so den Gefahren im Dreierteam trotzen.
Es scheint, als werde Code Vein mit seinem Koop-Fokus ein Stückchen einfacher als Dark Souls und dessen Gefolgschaft ausfallen und dadurch womöglich gerade für solche Spieler interessant, denen die From-Software-Spiele immer einen Tick zu widerspenstig waren. Denn mit einem oder zwei weiteren Recken an der Seite, fällt es viel einfacher, sich mal eben aus dem Kampf zurückzuziehen, um sich zu heilen, und wie schon in den Teilen der Souls-Serie ist die Gegner-KI leicht zu überlisten, wenn sie gerade den einen Spieler angreift, während der andere ihr nahezu mühelos in den Rücken fallen kann. Ob Code Vein dadurch auch langfristig einfacher als Souls & Co. wird, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht endgültig einschätzen. In dem Highlevel-Gebiet, das wir zum Abschluss unserer Anspielsitzung noch ausprobieren durften und das für Charaktere etwa der Stufe 40 gedacht ist, hatten wir es meistens mit mehreren Gegnern gleichzeitig zu tun, wodurch sich der anfängliche Vorteil durchs Koopspielen wieder aushebelt.
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