Test - Bloodborne : Miyazakis Meisterstück
- PS4
"Bloodborne? Ist das nicht diese Kopie von Dark Souls?" Überraschend oft las man in den vergangenen Monaten solche oder ähnliche Sätze. Vielleicht war es nur die Enttäuschung darüber, dass aus "Project Beast" nicht Demon's Souls 2 wurde. Die Anzeichen standen schließlich gut. From Software und Sony kooperierten für einen exklusiven PS4-Titel. Doch nun ist Bloodborne erhältlich und man kann ruhigen Gewissens festhalten: Hidetaka Miyazaki hat sein Meisterstück abgeliefert.
Der Puls hämmert, die Hände zittern. Blutphiolen befinden sich nicht mehr im Inventar. Die letzte wurde gerade aufgebraucht, nachdem ein Bewohner Yharnams heimtückisch aus einer dunklen Gasse mit seiner Mistgabel angriff. Doch der Marktplatz, auf dem gerade eine riesige aufgespießte Bestie von gigantischen Flammen verschlungen wird, ist voll von diesen aggressiven Zeitgenossen. Bis zur nächsten rettenden Laterne ist es noch ein weiter Weg. Die Nacht der Jagd ist angebrochen. Und das ist gerade erst der Anfang. Klingt ausweglos? Ist es auch. Bloodborne erfordert von Anfang an eure volle Konzentration
In den ersten Stunden mag man das Schild vermissen. Seit jeher der vielleicht treuste Begleiter vieler Souls-Spieler, fehlt es in Bloodborne fast vollständig. Vorbei sind die Zeiten, in denen ihr euch hinter zentimeterdickem Holz oder Stahl verstecken konntet, wenn vor euch ein Ungetüm seine Wut auslebte und am Schild zu knabbern hatte. Ihr seid schutzlos. Ein unangenehmes Gefühl, denn der Tod lauert auch in From Softwares neustem Werk an jeder Ecke. Und selbst wenn erfahrene Souls-Anhänger nun etwas desinteressiert mit den Schultern zucken: Auch ihr werdet scheitern.
Angriff ist die beste Verteidigung
Zwar haben Menschen, die in ihrem Leben schon mal Zeit mit Demon's Souls, Dark Souls oder Dark Souls II verbrachten, einen Vorteil, ganz einfach aus dem Grund, weil sie mit der grundsätzlichen Mechanik der physischen Auseinandersetzungen vertraut sind, aber auch sie werden sich an das höhere Tempo gewöhnen müssen. Und an die etwas anderen Ausweichmanöver. Und an die veränderte Steuerung. Denn mit dem Knopf, wo ihr einst eure Waffen mit beiden Händen gepackt habt, heilt ihr euch nun. Es ist so, als ob die Entwickler euch sogar bei der Bedienung ärgern wollen.
Das grobe Fundament jedoch entspricht seinen Vorgängern im Geiste. In den Nuancen stecken die kleinen neuen Feinheiten, die Bloodborne wieder zu einem aufregenden Erlebnis machen. Der wohl gravierendste Eingriff in die Keilerei, wenn man mal die Tatsache der Schildabstinenz verdaut und akzeptiert hat, ist wohl die Möglichkeit, nach eingesteckten Treffern die verlorene Energie in großen Teilen zurückzubekommen. Nicht mit den Blutphiolen in eurem Inventar, sondern mit euren eigenen Angriffen. Landet ihr während des kleinen offenen Zeitfensters Hiebe beim Gegner, stellt ihr Gesundheitspunkte in eurer Lebensenergieleiste wieder her. Damit drängt euch From Software charmant in die Offensive. So gewinnen die Kämpfe aber auch an Brisanz.
Da, wo einst das Schild war, befindet sich nun eine Schusswaffe. Bloodborne verkommt aber nicht zu einem Third-Person-Shooter. Vielmehr dient das Kriegswerkzeug in der linken Hand als Zusatz in eurem Angriffsrepertoire. Passt ihr das Abfeuern der Quecksilbermunition mit der Attacke eines Monsters ab, bringt ihr es zum Taumeln. Nutzt diesen Moment unbedingt aus, um einen mächtigen Eingeweideangriff einzuleiten. Auch so eignen sich die Pistolen und Gewehre ideal dazu, um Monster in Schach zu halten.
Apropos Monster: Zwar sind sie erneut keine Intelligenzbestien, verhalten sich aber deutlich gerissener. Sie warten nicht mehr an ihren festen Punkten auf euch, sondern wandern oftmals im Gebiet umher. Außerdem verhalten sie sich unterschiedlich. Mal stoßt ihr auf überaus aggressive Monster, die ohne Rücksicht auf Verluste nach eurem Leben trachten, andere verhalten sich passiver und lauern auf eure Fehler.
Weniger ist mehr
Es gibt weniger Zauber in Bloodborne und auch die Anzahl der Waffen wurde im Vergleich zu Dark Souls reduziert. Ihr werdet merken, dass getötete Gegner keine abgebrochenen Kurzschwerter oder ähnliches fallen lassen werden. Im ersten Moment ist das vielleicht für den ein oder anderen enttäuschend. Vielfalt ist ja schließlich gerade in Rollenspielen ein gern gesehener Gast. Die gibt es auf dem zweiten Blick aber auch in From Softwares neustem Werk. Die im Spiel verfügbaren Trickwaffen haben nämlich zwei unterschiedliche Formen, die ihr jederzeit aktivieren dürft.
Auch hier fühlt ihr die Auswirkungen im Kampf. Verschiedene Angriffe und die Möglichkeit, mitten in einer Combo die Einhandaxt in ein zwei Meter großes Monstrum von einer Hacke zu verwandeln, um der in Mitleidenschaft gezogenen Bestie endgültig den Rest zu geben, erweitern die Spielmechanik ungemein. Und es fühlt sich unfassbar gut an. Persönlichkeit sowie Einzigartigkeit erhalten eure Werkzeuge dadurch, dass ihr sie mit Blutedelsteinen ausstattet.
Was darf es sein?
Im Laufe eures Yharnam-Aufenhalts werdet ihr viele Edelsteine finden. Sie besitzen alle ihre ganz eigenen Attribute, die zum Tragen kommen, wenn ihr sie mit einer Waffe verbindet. Drei Sockel hat jede Waffe, doch müsst ihr sie vorher ganz traditionell aufwerten, ehe ihr Zugriff auf das komplette Potenzial habt. Hier könnt ihr euch nach Lust und Laune austoben und eurem Kriegswerkzeug genau den Schliff verpassen, der eurem Spielstil entgegenkommt. So lassen sich eure Waffen zum Beispiel mit Elementarschaden veredeln.
All das passiert im "Traum des Jägers", dem Äquivalent zum Limbo aus Demon's Souls. Es ist ein Ort der Ruhe. Sozusagen die Ruhe vor dem Sturm. Hier sammelt ihr euch, ruht euch aus, füllt euer Inventar auf, kauft neue Ausrüstung, verbessert eure Trickwaffen und wertet eure Attribute mit gewonnenem Blutecho auf. Übrigens gibt es keine Ringe mehr, die ihr tragen könnt, um bestimmte Boni oder Verbesserungen zu erhalten. Stattdessen findet ihr überall Runen, die beispielsweise dafür sorgen, dass Gegner mehr Blutecho spendieren oder ihr mehr Blutphiolen tragen könnt.
Der Traum des Jägers ist der zentrale Punkt. Von hier aus geht es zurück in das unbarmherzige Yharnam, eine am Chaos zerbrochene Stadt, die mit einer mysteriösen Krankheit zu kämpfen hat. Im Traum des Jägers gibt es aber auch die Eingänge zu den Chalice Dungeons. Doch dazu später mehr.
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