Test - Armored Core VI: Fires of Rubicon : Test: Und ihr dachtet, Dark Souls sei hart
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Hierzulande fristet die Armored-Core-Reihe von From Software ein Dasein im Schatten der großen Soulsborne-Titel des Studios. Die Mech-Action fiel für den westlichen Geschmack bisher zu spröde, zu sperrig und zu kleinteilig aus. Mit Fires of Rubicon schickt sich das Kult-Studio an, diesen Umstand zu ändern. Dank der Erfahrungen bei der Entwicklung von Dark Souls, Bloodborne und vor allem Elden Ring zielt man darauf ab, die im letzten Jahrzehnt gewonnenen Fans in den Kampfanzug zu holen. Die sollten sich aber gut überlegen, ob sie dem Marschbefehl folgen.
Im Kern legt Armored Core VI: Fires of Rubicon die alten Bleche natürlich nicht ab. Eine Open World sucht ihr vergebens, stattdessen brecht ihr in einzelne und in sich geschlossene Missionen auf. Unabdingbar für euer Überleben fällt dabei die Anpassung eures Mechs aus. Nur wer richtig vorbereitet loszieht, hat überhaupt eine Chance, gegen die feindlichen Truppen zu bestehen. Denn in den meisten Fällen steht ihr als einzelner Blechkamerad Dutzenden von Feinden gegenüber.
Kämpfe: schnell, explosiv und doch taktisch
Grob gesagt stützt sich Armored Core VI (wie auch die Vorgänger) auf zwei Grundpfeiler. Zum einen seien da die Kämpfe genannt, die erfreulich flott und dynamisch ausfallen. Wer aufgrund der tonnenschweren Mechs mit behäbigem Tempo und viel Zeit zum Überdenken der Taktik rechnet, der zerschellt rascher in seine Einzelteile als die ersten SpaceX-Raketen. Nach einem mehrere Minuten andauernden Gefecht saß ich gerne mal schweißgebadet vor dem Bildschirm, was nur bedingt an den 30 Grad Außentemperatur lag. Es geht vertikal zur Sache, im Sekundentakt weicht ihr Raketen und anderen Projektilen aus, immer die Boost-Anzeige im Blick, um nicht im falschen Moment abzustürzen.
So entstehen allerdings auch schnell Situationen, die überfordern. Normale Gegner ballert ihr in der Regel mit maximal zwei Treffern vom Bildschirm. Größere Blechdosen setzen aber ein gewisses Studium der Angriffsmuster und Waffensysteme voraus. Da reicht es nicht, blind aus beiden Schulter- und Handwaffen zu feuern. In all dem Chaos von Armored Core VI verbirgt sich dennoch eine gewisse taktische Finesse, die aber erst gefunden werden will. Bis ihr die Systematik eines größeren Feindes durchblickt habt, sterbt ihr vermutlich den einen oder anderen Tod.
Gegnern mit Schilden rückt ihr am besten mit Artillerieraketen auf die Panzerplatten. Das Haltungskontrollsystem hingegen verträgt Nahkampftreffer mit Energieklingen nur bedingt. Letztlich funktioniert diese Mechanik wie die sogenannte Haltung in Sekiro: Shadows Die Twice. Ist die entsprechende Leiste bei euch oder eurem Gegner gefüllt, stellt sich eine kurzzeitige Lähmung ein und der kassierte Schaden erhöht sich empfindlich.
In den meisten Fällen präsentieren sich die Kämpfe in Armored Core VI: Fires of Rubicon intensiv, mit haufenweise Explosionen und extrem spaßig. Allerdings leistet sich From Software beim Balancing immer wieder grobe Schnitzer, die meine Motivation regelmäßig torpedierten. Besonders schmerzlich bemerkte ich das in den bombastischen Bosskämpfen. Schon der erste Obermotz sorgte für große Probleme. Selbst, als ich die Taktik durchblickte, fiel der Kampf noch übermäßig schwer aus.
Am Ende von Kapitel 2 stellte sich mir ein Spinnen-Bot in den Weg, der mich fast zum Ragequit bewegte. Mehrere Stunden und Umbauten nach meinem ersten Versuch legte ich ihn schließlich, mit einem Minimum an Leben übrig. Eigentlich hätten sich danach Glückshormone breit machen sollen, doch ich blieb etwas frustriert zurück. Denn vielen seiner Attacken kann man schlicht nicht ausweichen, und letztlich musste ich mir eingestehen, dass vor allem eine gehörige Portion Glück zu meinem Sieg beigetragen hatte. Nicht gerade befriedigend. Dabei fallen die Bosse an sich oftmals beeindruckend aus und füllen gerne mal den ganzen Bildschirm.
Zu allem Verdruss treten solche extremen Schwierigkeitsspitzen auch in regulären Missionen immer wieder auf. Massiv zu diesem Umstand trägt der Faktor bei, dass ihr stets nur drei Reparatursets, quasi die „Heiltränke“ von Armored Core, mitführt. Im Gegensatz etwa zu den Souls-Spielen ist es nicht möglich, ihre Wirkung oder Anzahl im Spielverlauf zu verbessern. Genau das hätte viele Situationen aber erträglicher gestaltet. Immerhin stehen sie nach eurem Ableben wieder vollständig zur Verfügung und ihr dürft dann sogar die Ausrüstung eures Mechs ändern, um eine andere Vorgehensweise auszuprobieren, die womöglich auf das akute Problem besser zugeschnitten ist. Wollt ihr aber neue Teile kaufen, müsst ihr die Mission beenden und nach der Shopping-Tour entsprechend von vorne starten.
Die Kontrollpunkte verteilen die Entwickler innerhalb der Missionen meistens fair. Im Gegensatz zu den Souls-Spielen müsst ihr also nicht vom Leuchtfeuer aus den kompletten Abschnitt erneut zurücklegen. Zudem füllen sinnvoll platzierte Nachschubkisten vor kniffligen Momenten eure Munition und Leben auf. Trotz alledem und auch auf die Gefahr hin, dass ich jetzt die Büchse der Pandora öffne: Ein niedrigerer Schwierigkeitsgrad wäre definitiv eine gute Idee gewesen.
Oftmals sorgte nämlich nicht meine Unfähigkeit für den Tod. Bei Dark Souls kann ich stets nachvollziehen, warum ich den Löffel abgebe. Armored Core VI hingegen haut mir stellenweise so viele Projektile um die Ohren, dass Ausweichen unmöglich wird. Dadurch gestalten sich Bosse und auch normale Kämpfe unnötig frustrierend. Wenn ich gut spiele, will ich auch keinen Schaden kassieren und deshalb unnötig Heiltränke verbrauchen. Ein geringerer Schwierigkeitsgrad mit weniger Schaden an meinem Mech würde dieses Ärgernis zumindest etwas reduzieren.
Mech-Anpassung: Möglichkeiten über Möglichkeiten
Vielfältige Optionen zur Anpassung eures Kampfanzugs gehören unbedingt zu Armored Core. In satten elf Kategorien wählt ihr Bauteile für euren Mech aus. Die richtige Kombination aus Armwaffen, Schulterwaffen, Kopf, Kern, Armen, Beinen, Booster, Zielsystem und Generator erweist sich oftmals als essenziell für Erfolg oder Niederlage bei einer Mission. Ihr solltet insbesondere darauf achten, welche Waffen ihr an den beiden Armen und Schultern montiert. Zudem gilt es, die Maximallast und den Energiebedarf eurer Blechbüchse im Blick zu behalten, sonst hebt sie gar nicht erst zum nächsten Einsatz ab.
Ohne Moos ist selbst auf Rubicon 3 nichts los, weswegen ihr um ein prall gefülltes COAM-Konto nicht herumkommt. Die heiß begehrte Währung verdient ihr durch absolvierte Missionen. Oftmals gibt es dort auch Zusatzziele: Beispielsweise bringt jeder eliminierte Gegner einen kleinen Bonus mit sich. Herrscht Ebbe auf dem Sparbuch, doch ihr benötigt unbedingt ein neues Teil aus dem Laden, dann dürft ihr Einsätze auch erneut angehen. Gänzlich kostenfrei fallen hingegen optische Anpassungen mit diversen Lackierungen und Materialien aus, dank derer ihr euren Gegnern durch das bloße Erscheinungsbild das Fürchten lehrt.
Alternativ erlangt ihr durch Siege in der Arena ein paar zusätzliche Moneten. Hier tretet ihr in einem Ranglisten-System gegen andere Armored Cores an. Keine Reparatursets, keine Ablenkungen, nur Duelle. Nach einer Minute finden die Gefechte in der Regel ihr Ende – ideal zum Warmspielen also. Dazu erhaltet ihr OST-Chips als Belohnung, die ihr beim OS-Tuning ausgebt. Beispielsweise bereichern Kern-Erweiterungen euren Mech um Skills wie einen Kurzzeit-Schild. Passive Upgrades hingegen erhöhen euren Schaden oder eure Verteidigung.
Missionen: erstaunlich abwechslungsreich
Wie eingangs erwähnt bietet Armored Core VI: Fires of Rubicon keine Open World. Stattdessen schickt euch das Spiel auf abgeschlossene Missionen, die in ihrer Länge variieren. Mal seid ihr nach zehn Minuten fertig. Längere Aufträge hingegen beschäftigen euch gerne mal eine halbe Stunde oder länger. Wer jetzt befürchtet, die Aufgabenstellungen beschränken sich darauf, möglichst viele Gegner zu Altmetall zu verarbeiten, der irrt gewaltig.
Natürlich setzt euch das Spiel solche simplen Ballereinsätze auch immer wieder vor. Dafür gilt es an anderer Stelle, eine Untergrundbasis nach unten zu schweben, um schlussendlich einen feindlichen Armored Core zu eliminieren. Eine andere Mission fordert, dass ihr eine Stadt durchquert. Der Clou dabei: Ihr dürft euch nicht von den Patrouillen erwischen lassen. Unsichtbare Gegner in einer anderen Quest müsst ihr erst via Scanner aufspüren.
Enttäuscht wurde ich hingegen von den angepriesenen Entscheidungen bei den Missionen. Entgegen meiner Erwartung beeinflussen sie nämlich nicht den Verlauf der Geschichte. Vielmehr setzt euch das Spiel zwei Pfade in Form von Einsätzen vor: Tretet ihr den einen an, verschwindet der andere für den aktuellen Durchlauf.
Story und Technik: zweckmäßig und nett
Wenn ihr From-Software-Fans kennt (und selber keine seid), dann habt ihr sicherlich schon mal ihren Schwärmereien über die grandiosen und indirekt erzählten Geschichten gelauscht. Armored Core VI geht einen etwas direkteren Weg bei der Vermittlung seiner Story, dennoch erfahrt ihr manches Detail nur aus Beschreibungen von Mechs oder anderweitigen geheimen Infohappen.
Letztlich dreht sich alles um den Planeten Rubicon 3 und die heiß begehrte Ressource und Energiequelle Coral. Eigentlich dachte man, nach den verheerenden Feuern von Ibis seien alle Reserven verloren gegangen. Kein Wunder, schließlich verbrannte mal eben die gesamte Oberfläche des Himmelskörpers. Als sich jedoch herausstellt, dass noch immer Coral existiert, bricht ein regelrechter Goldrausch aus. Als Armored-Core-Pilot 621 wollt ihr selbstverständlich ein Stück vom Kuchen abhaben.
Auch wenn From Software sich erkennbar bemüht hat, die Geschichte mit vielen Facetten auszuschmücken, vermochte sie mich dennoch nicht recht zu packen. Im Verlauf der Kampagne kommen immer mehr Details zum eigenen Charakter ans Tageslicht, warum er stumpf die Befehle seines Auftragsgebers Walter befolgt und wie die Superkonzerne eigentlich ins Gesamtbild passen. Letztlich erzählt sie mir aber zu viele Platitüden ohne überraschende Momente oder einen gelungenen Spannungsbogen.
Auf technischer Seite zeigt sich Armored Core VI sicherlich nicht als Überflieger – dafür fallen die Umgebungstexturen zu flach und die Gebiete zu ähnlich aus. Hier liegt mal Schnee, da seid ihr in einer Fabrikhalle unterwegs. Letztlich erwarten euch zu großen Teilen aber leergefegte Landschaften und seelenlose Städte. Das passt natürlich zum Setting, nach der vierten sterilen Geheimbasis hat man sich dann aber doch sattgesehen.
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Im Gegensatz dazu fallen die Mechs und Gegner richtig schick und detailliert aus. Jede noch so kleine Animation wirkt durchdacht, selbst winzige Schubdüsen nimmt man wahr, wenn man genau hinsieht. Eine besondere Augenweide stellen die Bosse dar, auf die ich gar nicht zu sehr eingehen will. Wenn ihr euch selbst nach Rubicon wagt, dann solltet ihr sie selbst erleben.
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