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Test - Ancestors Legacy : D-Day in Valhalla

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Destructive Creations genießt in der Spielebranche bislang einen zweifelhaften Ruf, zeichnen die Polen doch für das höchst kontroverse Hatred verantwortlich. Aufgrund seiner geschmacklosen Gewaltinszenierung sahen wir bei Gameswelt seinerzeit von einem Test ab. Im Strategiegeheimtipp Ancestors Legacy gibt es zwar auch blutig auf die Zwölf, das passt aber in den historischen Rahmen und entsprechend ins Spielgeschehen.

Grimmig blicken die Männer unter ihren Helmen hervor, während sich ihr Landungsboot durch die tosende Brandung in Richtung Strand vorkämpft. Das benachbarte Boot zerbirst mit einem Donnerschlag. Doch da knirscht schon der Kiel auf dem Sand. Brüllend und fluchend setzen sich die Männer in Bewegung, packen ihre Waffen und prallen auf die gegnerischen Verteidigungslinien. Der Beschuss ist heftig, die Feinde setzen alles daran, eure Truppen schon am Strand zu stoppen …

Company of Heroes im Mittelalter

So, jetzt heben bitte alle die Hand, die glaubten, hier ginge es um die Landung der Alliierten in der Normandie, in typischer Soldat-James-Ryan-Manier. Nein, knapp daneben. Anstatt in Higgins-Booten mit der charakteristischen Bugrampe kauern eure Recken auf den hölzernen Ruderbänken nordischer Drachenboote. Kein MG-42 schnarrt von den Klippen herab, sondern Salven von Pfeilen regnen auf euch nieder. Die Kameraden in den anderen Booten sind dem Sturm zum Opfer gefallen, nicht deutschen Granaten. Statt am Strand der Normandie landet ihr an den Klippen vor dem reichen Kloster Lindisfarne in Northumbria.

Das erste Kapitel der Kampagne von Ancestors: Legacy ist ein unübersehbarer Wink mit dem angespitzten Palisadenpfahl in Richtung Spielberg. Über sein ästhetisches Vorbild müssen wir an dieser Stelle nicht mehr sprechen, auch nicht über den eindringlichen Omaha-Beach-Level aus dem Shooter Medal of Honor, aber über Company of Heroes, das Referenzspiel in Sachen Weltkriegs-Echtzeitstrategie. Das enthielt nämlich genau so einen Kampagnenauftakt mit versprengten Truppen am Omaha Beach. Die Ähnlichkeit zwischen den beiden Spielen ist jedenfalls verblüffend: Ancestors: Legacy ist Company of Heroes im Mittelalter.

Mit voller Wucht voraus

Genau wie in Company of Heroes kommandiert ihr mehrere Trupps von rund einem Dutzend Kämpen mit Speeren und Schild, mit Bogen und Axt, zu Gruppen sortiert. Auf dem Schlachtfeld gelten die altehrwürdigen Regeln der heiligen Dreifaltigkeit aus Schere, Stein und Papier: Schwert- und Axtkämpfer hauen sich durch speertragende Widersacher und Fernkämpfer wie durch Butter, sind aber gegen Reiter schlecht gewappnet. So weit, so altbekannt.

Wo es in Company of Heroes darauf ankam, Truppen in Deckung zu positionieren, gibt es in Ancestors: Legacy verschiedene Formationen. Speerkämpfer etwa igeln sich kreisförmig ein und bilden damit ein unüberwindliches Hindernis für Kavallerie. Damit sind sie allerdings unbeweglich und laufen Gefahr, aus der Distanz mit Pfeilen gespickt zu werden. Einen Schildwall frontal anzugehen, ist auch für den dickschädeligsten Wikinger ein Himmelfahrtskommando, Flankenmanöver und clevere Positionierung sind entscheidend. Einzelne Trupps bringt ihr per Klick oder Tastaturkürzel in die richtige Formation. Um mehrere Trupps auf einmal in sinnvoller Schlachtordnung anzuordnen, ist das Terrain aber allzu oft im Weg und die Maussteuerung zu eingeschränkt.

Wirklich sehenswert ist in aber die Wucht, mit der es im Handgemenge zur Sache geht. Anstatt sich nur ein bisschen zu schubsen, ihre Schwertschwinganimationen auszuführen und sich ansonsten gegenseitig den Trefferpunktebalken herunterzusäbeln, interagieren die Soldaten glaubhaft miteinander. Oft wählte ich in den Kämpfen sogar die gerade aktive Truppe ab, damit ich ohne störende Selektionsmarker das Geschehen bewundern konnte.

Dieses Schlachtmiteinander macht Ancestors: Legacy zu einem ausgesprochen sehenswerten Spiel, gerade wenn durch das häufig eingesetzte Brandschatzen ein Gebäude in Flammen steht und die Szenerie dramatisch beleuchtet. Ähnlich dynamische Handgemenge auf dieser taktischen Ebene gab es zuvor eigentlich nur bei Der Herr der Ringe: Die Schlacht um Mittelerde zu sehen, wenn Saurons Schergen beim Aufprall mit den Reitern von Rohan wie Bowling-Pins zu Boden gingen.

Öfter mal Fersengeld geben – nichts wie weg!

Gerade bei zentralen Spielelementen borgt Ancestors: Legacy ungeniert von Company of Heroes, besonders bei der Rückzugsmechanik. Ist eine Truppe arg mitgenommen, blast ihr besser zum Rückzug. Dann lassen eure Kämpfer alles stehen und liegen, lösen sich – soweit sie können – aus dem Getümmel und hechten zurück zur nächsten Basis. Dort könnt ihr sie wieder aufpäppeln und auf Sollstärke bringen. Das ist besonders wichtig, da sich maximal zehn Gruppen befehligen lassen. Erfahrenen Truppen wachsen einem mit der Zeit ans Herz, weshalb man ganz besonders auf sie Acht gibt.

Bei Rangaufstiegen habt ihr die Wahl zwischen Verteidigungs- und Angriffsspezialisierungen, die je nach Truppentyp unterschiedlich ausfallen. Was dem Spiel auf jeden Fall gutgetan hätte – gerade bei Wiederspielwert und Variation –, wären die hochspezialisierten Kommandeure aus Company of Heroes, die mit ihren Spezialeinheiten und Sonderfähigkeiten viele unterschiedliche Spielstile zulassen, aber für die Entwickler auch entsprechend schwierig auszubalancieren gewesen wären, um im Multiplayer-Modus Gerechtigkeit walten zu lassen. So hat Ancestors: Legacy eben doch nicht ganz den gleichen Tiefgang wie das große Vorbild von Relic.

Hier steht mein Zelt: rudimentärer Basisbau

Zeltlager dienen weitgehend nur als Rekrutierungspunkte für neue Trupps und lassen sich mit Gebäuden an vorgefertigten Positionen aufrüsten. Einen richtigen Basenbau für Freunde des Verbarrikadierens gibt es also nicht. Ihr müsst euch um offensive Operationen bemühen, um eure Kriegsmaschinerie am Laufen zu halten. Anstatt der in Company of Heroes so wertvollen Ressource Treibstoff (wichtig für Panzerfahrzeuge) geht es in Ancestors entsprechend zeitgerecht zu: Um dick gepanzerte Elitekrieger um euch zu scharen, müsst ihr neben Holz und Nahrung auch Eisen anhäufen. Das tut ihr, indem ihr die auf der Karte verstreuten Dörfchen plündert, erobert und haltet – auch dieses Element stammt direkt aus Company of Heroes.

Ihr dürft in der vierteiligen Kampagne aber nicht nur mit den Nordmännern im Schildwall euren Mann stehen, sondern auch für die Angelsachsen fechten und später auf dem Kontinent mit dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gegen und schließlich auch für die slawischen Herrscher zu Felde ziehen. Klar, die Entwickler kommen aus Polen und möchten die Geschichte ihrer eigenen Vorfahren inszenieren, nicht nur die durch Serien wie Vikings beinahe zur Popkultur aufgestiegenen Rangeleien um Britannien.

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