Test - Age of Empires Definitive Edition : Sensationell, altbacken, liebevoll, vermurkst
- PC
Age of Empires ist ein wichtiger Vertreter der Videospielgeschichte. Für viele ist der Titel von Ensemble Studios wegweisend im Bereich der Echtzeitstrategie. Nicht mehr ganz rechtzeitig zum 20-jährigen Jubiläum bringt Microsoft nun ein HD-Remake auf den Markt, um die Fans von damals für den bevorstehenden vierten Teil zu reaktivieren. Die Frage ist nur, ob diese Anschaffung auch eine lohnende ist.
Die Definitive Edition von Age of Empires steht aktuell im Kreuzfeuer vielerlei Kritik. Grund dafür sind Probleme in der technischen Umsetzung sowie mangelnde Verbesserungen im Gameplay. Und vor allem die Frage, warum sich der geneigte Spieler nicht einfach das bereits existierende Age of Empires II HD kaufen soll, wo der Nachfolger doch ohnehin dem ersten Teil stets eine Nasenlänge voraus war.
Die Antwort auf diese Frage fällt ganz einfach aus: Age of Empires Definitive Edition ist ein Spiel für Liebhaber. Für all jene, die dem Titel seit 1997 nie abgeschworen haben. Solche, die noch immer Runde um Runde ihr Volk zur Hochkultur entwickeln wollen, den Titel aber schon lange nicht mehr zum Laufen bekommen oder schlichtweg Probleme damit haben, sich mit der antiken Grafik zufriedenzugeben.
Grafisch sensationell aufpoliert
Die komplette grafische Überarbeitung, die AoE DE erfahren hat, lässt vergleichbare Titel alt aussehen. Ganz dem originalen Stil verpflichtet, bekam der Titel von Microsoft eine Generalüberholung, die ihresgleichen sucht, das 20 Jahre alte Spiel wirklich schön und gewissenhaft umsetzt und neu zur Geltung bringt.
Das beginnt bei der detailverliebten Überarbeitung von Einheiten und Gebäuden und endet bei neu hinzugefügten Animationen noch lange nicht. So weichen zerstörte Gebäude nicht mehr lediglich einem Schutthaufen, sondern werden langsam bröckelig und fallen dann in sich zusammen. Das mag für heutige Zeiten völlig normal klingen, ist mit Sicht auf das Original nichtsdestoweniger ein großer Schritt, der dem Strategiespiel neues Feuer verleiht.
Der Microsoft-Store-Exklusivtitel sieht dadurch um Längen besser aus als sein Vorgänger beziehungsweise Nachfolger Age of Empires II HD. Doch an anderer Stelle sieht es nicht so rosig aus, lassen doch die Möglichkeiten, das Spiel grafisch anzupassen, zu wünschen übrig. Das Fehlen einer entsprechenden Einstellungsmöglichkeit im Optionsmenü führt dazu, dass die verwendete Auflösung im Spiel immer der der in Windows eingestellten Desktop-Auflösung entspricht. Habt ihr also hochauflösende Monitore in Kombination mit einer schwachen GPU, bleibt euch leider nichts anderes übrig, als die Auflösung des gesamten Systems in den Windows-Systemeinstellungen anzupassen, um die Bildrate zu erhöhen.
Diese fällt selbst bei leistungsstarker Hardware immer wieder unter 30 fps, in gewissen, spielentscheidenden Momenten sogar auf unter 10 Bilder pro Sekunde. Wer zusätzlich starken Gebrauch von der neu eingeführten (und äußerst nützlichen) Zoomfunktion macht, darf sich zu allem Überfluss über kräftige Ruckler ärgern, die einen immer wieder aus dem Spielfluss reißen.
Technisch altbacken
Der größte Kritikpunkt an dieser Neuauflage betrifft das Spiel selbst. Am Spielablauf wurde nämlich nicht viel geändert - eigentlich gar nichts. Funktionen, die für heutige Vertreter dieses Genres etablierter Standard sind, fehlen komplett. Ih müsst euer Volk zum Sieg führen, als wäre es 1997.
So vermisste ich beim Testen viele Features, die ich als Liebhaber der HD-Version der Fortsetzung für absolut selbstverständlich halte. In Militäreinrichtungen kann lediglich ein Einheitentyp am Stück gebaut werden. Dadurch benötigt ihr bereits früh im Spiel mehrere Ausführungen einer Produktionsstätte, um eine taktisch ausgewogene Armee aus dem Boden zu stampfen.
Diese wird sich dann jedoch nicht in perfekter Formation zum Zielort begeben, vielmehr wuseln die Kameraden wild durcheinander. Die Folge ist ziemliches Chaos in den Schlachten und eine Menge Mikromanagement zwischen den Gefechten. Jeder Befehl, jede Entscheidung muss durch immenses Babysitting in die Tat umgesetzt werden. Damals eine akzeptable Voraussetzung, heute nur noch von nostalgischem Wert.
Und doch: Das ist neu!
Dass die Definitive Edition abseits der neuen Minimap und der grafischen Politur nichts zu bieten habe, wie mancherorts behauptet, ist jedoch falsch. Wenigstens in Sachen Kampagne wurde auf das eine oder andere Detail geachtet. Nicht nur stehen neue Missionen zur Verfügung, sondern es wurden auch vielerlei kleine wie größere Anpassung in deren Abläufen vorgenommen. Die Handlung wird zwar äußerst bieder, geradezu zweckmäßig präsentiert, ihre Kampagnen wurden jedoch von wahren Kennern im Kern verbessert. Warum das originale Intro und alle Videosequenzen gestrichen werden mussten, ist mir jedoch ein Rätsel.
Bugs im Gebüsch
So sehr ich diese Version von Age of Empires auch mögen möchte, so schwer fällt mir dies angesichts zahlreicher Fehler und KI-Aussetzer. Vor allem die Wegfindungsprobleme von Soldaten und Bauern sind enorm. Immer wieder stehen sich die Einheiten gegenseitig im Weg, müssen einzeln wieder auseinandergebracht und mit neuen Zielen versorgt werden. Von Zeit zu Zeit bleiben meine Dorfbewohner mitten bei der Arbeit stehen. Hinzu kommt, dass die feindliche KI auch gerne mal in mein Lager spaziert und dort Beeren sammelt, auf die Jagd geht oder sich ein Haus neben meinem Dorfplatz baut. Dabei verliert sie natürlich einen Großteil ihrer Bauern, die Infrastruktur liegt schon bald brach und selbst herausfordernde Missionen werden zur Fingerübung.
Am schlimmsten wirkt in diesem Zusammenhang, dass sich die gegnerische KI nicht mehr von einer solchen Fehlentscheidung erholt. Habt ihr den Feind einmal übers Knie gelegt, erwartet nicht, dass er alles dafür tut, noch einmal auf die Beine zu kommen. Stattdessen unterwirft er sich seinem Schicksal und wartet brav auf seine endgültige Vernichtung. Die einzige Möglichkeit, dem vorzubeugen, ist das Erhöhen des Schwierigkeitsgrades. Das führt jedoch lediglich dazu, dass der Gegner schneller und gezielter produziert und euch entsprechend früher angreift. Schlauer agiert der Feind nach wie vor nicht.
Kommentarezum Artikel