Test - Victor Vran : Auf Diablos Spuren

Obwohl die Diablo-Serie weder etwas von ihrer Dominanz noch ihrer Faszination verloren hat, will Haemimont Games in genau diesem Genre punkten. Zu diesem Zweck schickt das Team den Monsterjäger Victor Vran ins Gefecht. Ein hoffnungsloses Unterfangen, das bereits im Vorfeld zum Scheitern verurteilt ist? Keinesfalls!

Gestatten? Vran. Victor Vran. Seines Zeichens Monsterjäger und gleichzeitig aktueller Herausforderer auf den Thron der Action-Rollenspiele. Für viele scheint dies eine blöde Idee zu sein, denn immerhin sitzt dort mit der Diablo-Serie ein scheinbar unbezwingbarer Regent. Doch ohne allzu viel vorwegzunehmen: Victor Vran macht seine Sache ziemlich gut – und einiges sogar erfreulich anders.

Wieselflinker Monsterjäger

Wer bei Victor Vran nur einen flüchtigen Blick auf den Monitor wirft, könnte das Geschehen im ersten Moment mit Diablo 3 verwechseln. Einige der Schauplätze, Animationen und Art-Designs erinnern tatsächlich frappierend an den jüngsten Action-RPG-Spross aus dem Hause Blizzard Entertainment. Das wollen wir aber keinesfalls als Vorwurf verstanden wissen, denn lieber ist etwas gut geklaut als schlecht selbst gemacht. Zudem gibt es optisch dann noch genügend Unterschiede: Den Feinschliff und hohen Grad der Detailverliebtheit eines Diablo 3 erreicht Victor Vran dann doch nicht. Nett anzusehen ist es aber allemal.

Doch wenden wir uns jetzt mal von der reinen Optik ab und dem Gameplay zu. Auch das erinnert in den ersten Sekunden an die Diablo-Episoden – doch wirklich nur für kurze Zeit. Denn schon nach wenigen Augenblick wird klar: Victor Vran ist etwas anders. Das fängt bereits bei der Steuerung an. Alternativ zur gewohnten Klickorgie mit der Maus könnt ihr den Protagonisten auch per WASD-Tastatursteuerung durch die Levels schleusen. Dann fühlt sich das Geschehen fast schon wie ein klassisches Third-Person-Actionspiel an. Zwar ist diese Art der Kontrolle für ein Hack & Slay zunächst etwas ungewohnt – vor allem die Positionierung des Helden -, doch das geht schnell in Fleisch und Blut über.

Zudem passt es hervorragend zum allgemein deutlich dynamischeren Spielstil von Victor Vran. Der Held ist ständig in Bewegung, kann Angriffen mit eleganten Flugrollen ausweichen und über kleinere Hindernisse springen. Stellt euch den Dämonenjäger aus Diablo 3 vor – nur noch etwas agiler und schneller. Trotz dieser Geschwindigkeit und den teilweise bildschirmfüllenden Effekten leidet darunter erfreulicherweise nicht die Übersicht. Bis auf wenige Ausnahmen wisst ihr zu jeder Zeit, wo sich eure Spielfigur befindet, an welcher Stelle die Gegner lauern und welche Fertigkeit gerade ausgeführt wurde.

Keine Talente und trotzdem variabel

Apropos Fertigkeiten: Verschiedene Klassen gibt es in Victor Vran ebenso wenig wie Talentbäume. Euch steht lediglich der namensgebende Held zur Auswahl. Das bedeutet jedoch nicht, dass es kein Entwicklungssystem gibt und alles schnell eintönig wird. Im Gegenteil: Abhängig davon, welche Waffe ihr dem Protagonisten in die Hand drückt, hat er Zugriff auf spezielle Attacken. Mit dem Hammer entfesselt ihr beispielsweise einen mächtigen Erschütterungsangriff, während der Mörser für Flächenschaden aus der Distanz sorgt.

Hinzu kommen die sogenannten Schicksalskarten, die euch verschiedene Boni wie eine größere Chance auf kritische Treffer oder zusätzliche Lebenspunkte spendieren. Da ihr mehrere dieser Karten gleichzeitig ausrüsten könnt, gibt es also genügend Möglichkeiten, euren Charakter zu modifizieren. Das gilt übrigens auch für das Spiel an sich: Mithilfe von Flüchen könnt ihr unter anderem die Widerstandsfähigkeit oder Angriffskraft der Monster beeinflussen und euch somit quasi den Grad der Herausforderung maßschneidern.

Auch abgesehen davon hat Victor Vran genug zu bieten. Zwar ist die Story rund um die von Dämonen heimgesuchte Stadt Zagoravia weder einfallsreich noch toll inszeniert. Doch jede Region bietet mehrere Herausforderungen, die euch immer wieder motivieren. Mal müsst ihr eine bestimmte Kreatur töten oder eine gewisse Anzahl an Monstern innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne beseitigen. Wer nur ungern alleine loszieht, darf mit bis zu drei Freunden kooperativ gegen die Dämonenhorde in den Kampf ziehen – nur ist diese dann deutlich stärker. Es gibt sogar PvP-Kämpfe, die jedoch ohne Wertung ausgetragen werden.

Allerdings haben wir auch Grund zum Meckern. Die Auswahl an Monstern könnte vielfältiger sein und das Loot-System hat derzeit einige Macken. Nicht selten erhalten wir sogar von Bossgegnern nur miese Ausrüstung – das frustriert. Das Crafting-System ist zudem sehr oberflächlich. Hervorheben wollen wir abschließend noch die tolle Sprachausgabe mit der deutschen Stimme von Nicolas Cage (Martin Keßler).

Fazit

von André Linken

Diablo auf Speed

Ich war sehr angetan von der Tatsache, dass sich Victor Vran nicht nur einfach als ein weiterer Diablo-Klon herausgestellt hat. Die Kampfdynamik, das leicht unterschiedliche Charaktersystem sowie die WASD-Steuerung sorgen für ein erfrischend anderes Spielgefühl. Klar, im Kern ist Victor Vran nur ein weiteres Hack & Slay – jedoch mit einer eigenen Note. Schade, dass einige Punkte nicht so gelungen sind und den positiven Eindruck etwas nach unten ziehen. Mehr Feinschliff beim Loot-System, etwas mehr Langzeitmotivation, ein tiefgreifenderes Crafting; all das hätte Victor Vran in höhere Wertungsregionen katapultiert – möglicherweise sogar bis zu einem Award. So bleibt letztendlich „nur“ ein gutes Action-Rollenspiel zu einem fairen Preis. Schaut es euch mal an!

Überblick

Pro

• sehr dynamisches Spielgeschehen
• alternative Steuerung (WASD)
• motivierende Herausforderungen
• zahlreiche Waffen und andere Items
• anpassbarer Schwierigkeitsgrad
• effektvoll inszenierte Kämpfe

Contra

• öde Story(-präsentation)
• unausgereiftes Loot-System
• geringe Monstervielfalt
• oberflächliches Crafting