Test - Titan Souls : Souls meets Colossus
- PC
Ein namenloser Held zieht aus, um die Titanen das Fürchten zu lehren: Vor zwei Jahren erschien ein Freeware-Spiel namens Titan Souls, das aufgrund seiner geistigen Verwandtschaft zu Shadow of the Colossus und Dark Souls schnell für Furore sorgte. Was damals als Prototyp gedacht war, steht heute als vollwertiges Spiel zum digitalen Verkauf bereit.
Es sieht alles zunächst so herrlich harmlos aus: Ihr steuert ein kleines, pixeliges Männchen durch eine liebevoll gezeichnete Retrolandschaft, deren kühle Atmosphäre sofort an die weiten, leeren Gebiete aus Shadow of the Colossus erinnert. Nur wenige Meter später betretet ihr eine Arena, in deren Mitte ein erstarrter Block liegt. Sobald ihr ihn mit eurem Bogen beschießt, erwacht das Ungetüm und beginnt sich zu wehren. Gut fünf Sekunden später, wenn euer Held zermalmt am Boden liegt, stellt sich die Gewissheit ein, dass dies hier kein Zuckerschlecken wird.
Bereits eure Ausrüstung mutet äußerst minimalistisch an: Ihr besitzt neben eurem Bogen gerade mal einen einzigen Pfeil. Zwar ist es ein magischer Pfeil, der per Knopfdruck wie von Geisterhand zu euch zurückschnellt. Jedoch braucht es dafür einen ruhigen Moment, von denen euch in einem Kampf gegen einen Titanen nur verdammt wenige gegönnt werden.
Die meisten Titanen sind große Steinfiguren, die ungewöhnlich schnell agieren und euch kaum Luft zum Atmen lassen. Ihr könnt praktisch all ihren Angriffen per Seitwärtsrolle ausweichen, was euch jedoch so gut wie jedes Mal perfektes Timing abverlangt. Zudem ist bereits ein Treffer tödlich, weshalb ihr viele Tode erleiden und zunächst über das unbarmherzige Trial-&-Error-Design fluchen werdet. Zum Glück hält sich der Weg vom Checkpoint zurück zum Titanen in Grenzen, was den Frust auf ein gesundes Maß reduziert.
Ein Schuss genügt
Die gute Nachricht: Habt ihr einmal die Schwachstelle eines Titanen entdeckt, dann benötigt ihr nur einen gut gezielten Treffer. Während dieses Sterben bei nur einem Treffer fair erscheint, da es sowohl den Spieler als auch die Gegner betrifft, birgt es einen entscheidenden Nachteil gegenüber anderen bewusst schwer gestalteten Spielen wie Dark Souls oder Gods Will Be Watching: Das Gefühl der Befriedigung, einen Titanen nach unzähligen Versuchen besiegt zu haben, schwindet immens, wenn euch einfach nur ein glücklicher Zufallstreffer gelungen ist.
Trotzdem fühlen sich die Kämpfe packender und herausfordernder an als bei den meisten anderen Spielen. Obwohl man im Sekundentakt ins Gras beißt, probiert man es immer und immer wieder. Darüber hinaus hilft es enorm, dass euch nach den ersten vier Titanen, die noch relativ einfach zu knacken sind, eine stattliche Spielwelt zur Verfügung steht, in der ihr die meisten im Spiel enthaltenen Gegner in beliebiger Reihenfolge herausfordern dürft. Solltet ihr also von einem Titanen die Schnauze voll haben, dann könnt ihr euch einfach mit einem anderen Burschen beschäftigen. Überdies müsst ihr zum Erreichen des allerletzten Endgegners nicht zwingend alle Titanen besiegen, sondern streng genommen “nur“ zwölf von knapp zwanzig.
Kompakte und vielschichtige Spielwelt
Die Welt wirkt aufgrund der unterschiedlichen Eis-, Wald- und Lava-Abschnitte viel größer, als sie eigentlich ist. So mancher wird sicherlich monieren, dass es abseits der Titanen keine “normalen“ Gegner gibt. Aber vermutlich hätten diese langfristig nur gestört und die Idee eines Shadow of the Colossus in 2-D nur verwässert. Insgesamt fordern euch die Titanen je nach eurem Können drei bis fünf Stunden, bis ihr den “normalen“ Schwierigkeitsgrad absolviert habt. Damit ist Titan Souls zwar kein riesiges Spiel, aber ausreichend umfangreich für die 15 Euro, die es kostet.
Nur in einem Punkt möchten euch die Entwickler abseits der Kämpfe fordern: Ein paar Gebiete könnt ihr erst erreichen, wenn ihr diverse Details eurer Umgebung entdeckt und begreift. So ist es kein reines Gimmick, dass ihr mit eurem Pfeil durch eine brennende Fackel hindurchschießen und somit eine weitere anzünden könnt. Einziges Manko: Diese Kleinigkeiten gefallen so sehr, dass man sich insgeheim mehr solcher Geheimnisse wünscht.
Zu guter Letzt müssen wir die Präsentation loben: Die Grafik nutzt den pixeligen Retrostil sehr gut aus, während die Titanen aufgrund ihrer wenigen, aber dafür vortrefflich gezeichneten Animationen mehr als lebendig wirken. Der Soundtrack ist im Gegensatz dazu moderner und hört sich trotz Synthesizer-Herkunft stellenweise erstaunlich orchestral an. Es könnten zwar ein paar Ohrwurmmelodien mehr dabei sein, aber der eine oder andere Kampf wird euch sicherlich auch aufgrund der tollen Musik im Gedächtnis bleiben (Stichwort: Pflanze!).
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