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Special - Kolumne: Nicht mal einen Cent am Tag : Special

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"Im Gegensatz zu reinen Online-Spielemagazinen (die ihre „redaktionelle Unabhängigkeit“ fast ausschließlich mit Werbegeldern finanzieren) sind Abos und Verkäufe eine unverzichtbare Basis einer hochauflagigen Fachzeitschrift wie PC Games." Das lassen wir so mal nicht im Raume stehen ...

Montagmorgen, die Sonne scheint, die Wiesn ist in vollem Gange. Genau die richtige Zeit, um mal einen Blick über den Tellerrand zu werfen und in den heimischen Print-Magazinen zu blättern. Man will ja auf dem Laufenden bleiben, was bei den „Kollegen“ so los ist. Wir schlagen die aktuelle Ausgabe der PC Games auf. Nach einer sechsseitigen Werbekampagne kommt das Editorial. Von der Chef-Redakteurin, Petra Fröhlich. Die heißt nicht nur so, sie sieht auf dem Foto auch so aus. „Ein Cent pro Tag“ heißt das Ganze und beginnt – typisch – mit einem Häufchen Selbstbeweihräucherung in Sachen GC und leitet zur Ankündigung der Preiserhöhung des Magazins ein. Kommt vor, denken wir uns, nichts wird billiger und in Anbetracht stark sinkender Auflagen muss schließlich auch die PC Games sehen, dass die Kasse am Monatsende noch stimmt. Doch neben den 31 Cent mehr, die Spieler pro Ausgabe ohne zusätzliche Mehrleistung zahlen müssen, springt uns noch etwas anderes ins Auge. Ich zitiere wörtlich inklusive der Angabe von Satz- und sonstigen Zeichen, die durchaus einer Beachtung wert sind:

"Im Gegensatz zu reinen Online-Spielemagazinen (die ihre „redaktionelle Unabhängigkeit“ fast ausschließlich mit Werbegeldern finanzieren) sind Abos und Verkäufe eine unverzichtbare Basis einer hochauflagigen Fachzeitschrift wie PC Games."

Prinzipiell ja eine durchaus richtige Aussage. Wäre da nicht dieser kleine, in Klammern gesetzte und mit Anführungszeichen verzierte Einwurf, den ich zur Sicherheit mal Fett markiert habe. Man will den Kollegen ja nichts unterstellen, aber könnte es vielleicht sein, dass Frau Fröhlich damit andeuten möchte, dass wir Online-Magazine aufgrund der Werbeeinnahmen „erpressbar“ sind, nicht objektiv arbeiten und uns dem Willen der Publisher beugen? Und das nach dem „kritischen Herbst“ der Kollegen von 4players und der unlängst vollzogenen Gründung des VdOSM – einem Verband deutschsprachiger Online-Spielemagazine, die sich genau gegen solche Praktiken stellen? Es klingt schon irgendwie ironisch, gerade wenn man bedenkt, dass die besagte Ausgabe der PC Games immerhin zu einem Drittel aus Werbung besteht, darunter über 50 ganzseitige Anzeigen (von 178 Seiten Magazin, Eigenwerbung nicht mitgerechnet) – wenn auch, zugegeben, nicht ausschließlich Spielewerbung, sondern auch Hardware und einige branchenfremde Produkte wie zum Beispiel die "interessanten" Porno-Handybilder von Jamba & Co., damit sich auch die Jüngsten unter den Spielefans ihr Handy hübsch verzieren können.

Liegt es vielleicht an der Unkenntnis darüber, wie die großen Online-Magazine heute betrieben werden? Immerhin sitzen die Redakteure von Magazinen wie Gameswelt, Krawall, Gamona oder 4players schon lange nicht mehr zu Hause im Kinderzimmer. Online-Magazine sind wirtschaftlich arbeitende Unternehmen mit eigenen Büros, fest Angestellten und allem, was dazugehört. Natürlich kommt ein nicht unwesentlicher Anteil der Einnahmen dieser Unternehmen aus der Werbung, die sich aber ebenso wie bei der PC Games alles andere als ausschließlich im Gaming-Bereich bewegt. Darüber hinaus gibt es auch noch so etwas wie den Verkauf von Inhalten, der in den vergangenen Jahren an Wichtigkeit gewonnen hat und heute einen entscheidenden Anteil am Umsatz eines Online-Spielemagazins ausmacht. Auch Gameswelt ist dabei: Schon seit Monaten liefern wir Artikel an die Portale TV-Spielfilm, Tomorrow und T-Online – andere Online-Kollegen stehen uns da in nichts nach, die zudem noch an der Vermietung von Gameservern oder mit dem Betrieb von Browserspielen verdienen.

Von einer Beeinträchtigung durch Werbe-Anbieter kann in Anbetracht der Tatsachen also wohl kaum eine Rede sein. Mittlerweile verfügen zumindest die großen Onliner über genügend Einnahmen, um sich gegen jedweden Versuch einer Wertungsbeeinflussung durch gebuchte Werbekampagnen wehren zu können. Außerdem müssen wir uns nicht mit der Feilscherei um (bezahlte?) Magazin-Cover beschäftigen – das spart Kosten und Nerven.

Oder ist es vielleicht die Frustration darüber, dass die Auflagenzahlen der Print-Magazine immer weiter fallen, während es sich im Online-Bereich genau umgekehrt verhält? Weiß sich die fröhliche Chefredakteurin nicht mehr anders zu helfen, als mit kleinen Seitenhieben an der Glaubwürdigkeit der Online-Redaktionen zu rütteln? Gerade in dem Zusammenhang müsste man ja ganz frevelhaft die Frage stellen, wie weit es bei den Print-Redaktionen mit der Unabhängigkeit her ist. Eine doppelseitige Anzeige bringt immerhin einen fünfstelligen Betrag und bei 30 Mitarbeitern, steigenden Kosten und sinkenden Heftverkäufen zählt auch dort jeder müde Euro. Die Glaubwürdigkeit anderer sollte man zudem lieber nicht infrage stellen, wenn man selbst gezwungen ist, frühe Beta-Versionen zu Reviews heranzuziehen, nur um schneller zu sein als die Konkurrenz, und den Artikel noch rechtzeitig zum Redaktionsschluss, aber am besten sechs Wochen vor Release im Heft zu haben – so geschehen im Falle von 'Legend: Hand of God', das wir ganz sicher nicht in einer unausgegorenen Vorab-Version testen werden.

Liebe Frau Fröhlich, nur ein kleiner Hinweis am Rande: Im Grunde machen wir Onliner nichts anderes als ihr Printler, nur mit dem kleinen Unterschied, dass ihr jeden Monat einige Tonnen Papier unters Volk bringt und wir etliche Gigabyte an umweltfreundlichen Daten. Daher: Wer im Glashaus sitzt, sollte lieber fröhlich gucken.

Ach übrigens: Bei uns zu lesen, kostet weniger als einen Cent pro Tag.

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