Test - SOMA : BioShocks Big Daddy
- PC
Die Spieleschmiede Frictional Games hat sich Zeit gelassen: Seit ihrem letzten Hit Amnesia: The Dark Descent sind fünf Jahre vergangen, während das zwischenzeitlich erschienene Amnesia: A Machine for Pigs außer Haus entstand. Mit SOMA kehren die Schweden zurück ins Horrorgenre und schaffen dank eines komplett neuen Szenarios etwas Einzigartiges.
Die Indianer glaubten, beim Fotografieren ihre Seele zu verlieren. Diese Weisheit wird zum Leitspruch für Simon Jarrett, der gerade in einem kleinen, unscheinbaren Labor sein Gehirn einscannen ließ und einen Augenblick später in einer verlassenen Unterwasserstation wieder zu sich kommt. Wie er dort hingekommen ist, erfahrt ihr erst spät in dem circa zehn Stunden langen Horror-Adventure, das sich SOMA nennt.
Wir raten tunlichst, euch von weiteren Spoilern fernzuhalten. Die Geschichte lebt massiv vom Reiz des Unbekannten und dem Herausfinden der wahren Hintergründe der düsteren Unterwasserwelt, die ihr zwangsläufig erforschen müsst. Dabei seid ihr zwar nicht allein, doch statt anderer Menschen begegnet ihr Robotern.
Wer sind wir, wo kommen wir her und wo gehen wir hin?
So viel sei verraten: SOMA wirft im Spielverlauf viele Fragen über das Leben und die Existenz der menschlichen Seele auf. Die Antworten dazu sind vielschichtig, höchst interessant und letztlich beängstigend. Denn der technische Fortschritt birgt einige ethisch höchst fragwürdige Risiken. Frictional Games deckt dabei verschiedene Sichtweisen ab und liefert ein denkwürdiges Finale, das kaum besser machbar ist.
Das Einzige, was wir an der Story bemängeln möchten: Gerade am Anfang begegnet ihr einigen Nebencharakteren, denen ihr bewusst Schaden zufügen müsst, um weiterzukommen. In Anbetracht der Tatsache, dass es keinen anderen Ausweg gibt, wirkt diese Form der Moralkeule erzwungen.
Angst vor der Zukunft
Vom Aufbau her erinnert das Szenario an eine dreckige Version von BioShock. Statt prunkvoller Bauten und unzähliger Neonschilder dominieren zweckmäßig eingerichtete Labors und verwahrloste Hallen. Zudem wuchert überall schwarzes, ominöses Zeug, das einige der ehemaligen Bewohner zu monströsen Mutanten entstellt hat. Ähnlich wie in Amnesia stapfen sie langsam mit grotesken Lauten durch die Gegend und beeinträchtigen mit bizarren Störeffekten euer Sichtfeld, je näher sie euch sind. Das ist zwar optisch weniger Angst einflößend, doch dafür deckt der Sound die komplette Bandbreite von richtig ekelhaft bis absolut furchterregend ab.
Egal ob ihr ein gewaltiges Schleusentor öffnet, einsam durch schwach beleuchtete Gänge spaziert oder von plötzlichen Knallgeräuschen aufgeschreckt werdet: Die Atmosphäre von SOMA ist gigantisch. Das Szenario wirkt beklemmend glaubwürdig und dank geschickt gezeichneter Texturen sowie brillanter Lichteffekte hochmodern. Einzig die Monster hinterlassen aufgrund ihres übertrieben entstellten Aussehens einen befremdlichen Eindruck. Zudem könnte die Geschichte streng genommen auch ohne sie funktionieren, weshalb sie wie ein Mittel zum Zweck wirken, um dem Spieler eine weitere Gefahrenquelle aufzuzwingen.
Überhaupt ist der Horror in SOMA ein anderer als in Amnesia. Hier geht es weniger um Schockmomente oder Angst erzeugende Kreaturen: Ihr sollt euch vor der Welt an sich und der darin beschriebenen Zukunft fürchten. Erneut hängt dies mit der hervorragend geschriebenen Story zusammen, die euch eine Dystopie vorführt, die ihr eurem schlimmsten Feind nicht wünscht.
Grübeln in der Not
Die Rätsel sind abwechslungsreich und durchdacht, wobei der Schwierigkeitsgrad gegenüber Amnesia etwas nach unten korrigiert wurde. Oft müsst ihr alte Computer-Systeme in Gang setzen, Fehlfunktionen reparieren oder gezielt Türen entriegeln. Manchmal reicht ein einfacher Knopfdruck, manchmal müssen karg dokumentierte Systeme korrekt bedient werden.
Das Rätsel-Design ist in zweierlei Hinsicht gelungen: Zum einen ist den Entwicklern eine prima Balance zwischen “nicht zu leicht“ und “nicht zu unübersichtlich“ geglückt. Zwar werden Adventure-Profis wie bei so vielen modernen Genrevertretern über mangelnden Anspruch motzen, doch dafür haben auch Einsteiger eine Chance, ohne fremde Lösung voranzukommen und ohne gleich zu sehr an die Hand genommen zu werden. Zum anderen ist die Einbettung der Rätsel in die Geschichte und die Spielwelt nahezu perfekt. In diesem Punkt hat Frictional Games im Vergleich zu seinen vorhergehenden Werken deutlich dazugelernt.
Die Steuerung wurde im Kern von Amnesia übernommen und verlangt mehr als stupides laufen, springen oder Knöpfchendrücken. Steht ihr beispielsweise vor einer Schiebetür, dann müsst ihr eine Taste zum Greifen gedrückt halten und wahlweise die Maus oder den rechten Analog-Stick eures Controllers seitwärts bewegen. Damals wie heute ist die Technik gelungen. Sie sorgt dank ihrer konsequenten Umsetzung für eine noch bessere Immersion.
Neu ist hingegen die ausgefeilte Sprachausgabe: Wo euer Alter Ego in Amnesia die ganze Zeit über stumm blieb, da ist Simon Jarrett bedeutend kommunikativer. Zum Glück wurde sowohl sein Synchronsprecher als auch der für alle anderen Charaktere vortrefflich gewählt. Einziger Haken: Wer der englischen Sprache nicht mächtig ist, der muss mit deutschen Untertiteln vorliebnehmen.
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