Test - Shadowrun Returns : Retrozukunft
- PC
Die Handlung passt in ihrer Gesamtheit prima ins Shadowrun-Universum und wird zusätzlich gestützt durch einige sehr interessante Charaktere, die ihr im Verlauf des Spiels trefft. Mit ihnen unterhaltet ihr euch in Form von rein textbasierten Multiple-Choice-Dialogen, deren Optionen nicht selten sogar Auswirkungen haben – zwar nicht auf die ganze Handlung, aber auf die jeweilige Situation. Mitunter werden Gesprächsoptionen auch erst durch bestimmte Fähigkeiten und Attribute ermöglicht. Abgesehen von der nicht vorhandenen Sprachausgabe und der noch fehlenden deutschen Übersetzung haben die Entwickler hier alles richtig gemacht. Die gesamte Handlung mit ihrem ganzen Drumherum ist spannend und macht es leicht, dem Spielverlauf bis zum Ende nachzugehen.
Minuspunkt: fast alles andere
Leider trifft das nicht unbedingt auf die Spielmechanik zu. Shadowrun Returns gibt sich ganz traditionell als isometrisches Rollenspiel mit einem rundenbasierten Kampfsystem. Wandert ihr normalerweise per Echtzeit durch die Umgebungen, wechselt das Spiel in den Rundenmodus, sobald Gegner in der Nähe sind. Dann verfügt ihr und eure bis zu drei Begleiter über jeweils zwei (später drei) Aktionspunkte, die bestimmen, wie oft ihr euch bewegt, interagiert oder attackiert. Pro Runde und Spielfigur sind also zwei bis drei Aktionen möglich. Ab und zu seid ihr nicht im Verbund in der normalen Welt unterwegs, sondern schlüpft als Decker (oder mit einem Decker) in die Matrix, wo ihr euch mit feindlichen Programmen und Abwehrmaßnahmen anlegt. Das kennen wir auch aus früheren Shadowrun-Titeln.
Die Spielmechanik hat im Gegensatz zur Handlung aber so ihre Macken. Das beginnt bei dem etwas unbedarft wirkenden, sehr linearen Level-Design. Deckung sollte eigentlich eine wichtige Rolle spielen, ähnlich wie bei XCOM zeigen euch kleine Schildsymbole, wie gut eure Spielfigur geschützt ist. Und auch die Sichtlinie spielt mit hinein. Allerdings wirken beide Aspekte zuweilen unausgereift und nicht unbedingt voll funktionsfähig. Schlimmer ist, dass das ganze Brimborium eigentlich gar nicht notwendig ist. Zwar gibt es eine ganze Menge an Optionen für die Kämpfe, von Buffs bis hin zu Spezialattacken. Allerdings benötigt man das alles so gut wie nie, da die Gegner sich ausgesprochen dämlich verhalten, kaum mal Deckung nutzen und allgemein keine große Herausforderung sind. Hinzu kommt, dass die Fertigkeiten der einzelnen Klassen und Begleiter unausgewogen wirken. Während Waffen spürbar bevorzugt werden, sind Magieklassen im Grunde fast ein Witz.
Das ist sehr schade, denn damit werden die Kämpfe eher zum notwendigen Übel als zum belebenden taktischen Element. Aber es geht noch weiter. Die Handlung ist linear, Nebenaufgaben gibt es kaum und auch die recht kleinen Level bieten kaum Gelegenheit zur Erkundung oder zur Interaktion. Hier und da ist mal ein Objekt versteckt, insgesamt ist das jedoch ein bisschen zu wenig. Ein weiteres Problem ist, dass man sich schnell mal in eine Sackgasse manövrieren kann. Eigenes Speichern ist nicht möglich, das Spiel speichert selbstständig, wenn ihr ein neues Level betretet. Falls ihr da wirklich etwas vergeigt oder einem der (glücklicherweise wenigen) vorhandenen Bugs zum Opfer fallt, müsst ihr mitunter komplette Level erneut spielen oder langatmige und zuweilen nervtötende Kämpfe wiederholen.
Zukunftsperspektive: der Editor
Wäre da nicht die unterhaltsame Handlung, die einen für rund 19 Euro über einen ordentlichen Zeitraum unterhält, würde man Shadowrun Returns wohl recht schnell zu den Akten legen. Die Geschichte reißt aber glücklicherweise einiges heraus - und es gibt noch einen Bonus, der für die Zukunft eine Menge Potenzial anbietet. Denn das Spiel kommt mit einem komplexen, aber umfangreichen Editor, sodass im Steam-Workshop recht schnell mit Nachschub von der Community zu rechnen ist. Das ist in der Tat ein dicker Pluspunkt, denn wir sind sicher, dass die Shadowrun-Fans interessante Projekte auf die Beine stellen werden, darunter wohl auch Remakes der beiden ersten Titel.
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